Über die Chancen von Friedrichstadt beim Wettbewerb „Zukunftsstadt“

Wieviel Zukunft bringt uns 2018?

Bürgermeister Eggert Vogt freut sich in seinem Ausblick auf das Jahr 2018 (Siehe Interview in den Husumer Nachrichten vom 26.12.17) auf die Möglichkeiten, welche die Qualifikation für die nächste Runde des Wettbewerbs „Zukunftsstadt“ bietet. Wie realistisch sind die Chancen von Friedrichstadt, als „Zukunftsstadt“ ausgewählt zu werden? Natürlich können wir nicht in die Köpfe der Juroren sehen. Aber wir können vergleichen, mit dem was die Wettbewerber bieten. Ein kurzer Check ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder konkrete Aussage. Einfach nur der Versuch, ein Gefühl für die Chancen zu entwickeln.

Was macht der Wettbewerb?

Wir klicken erst einmal auf die Seite des Wettbewerbs. Gleich zu Beginn finden wir jene 23 Städte, Gemeinden und Landkreise aufgelistet, welche sich noch im Wettbewerb „Zukunftsstadt“ befinden. Schon der erste Blick zeigt, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Es macht natürlich wenig, bis keinen Sinn die Möglichkeiten von Berlin, Freiburg oder Dresden mit jenen eines kleinen Städtchens in Nordfriesland zu vergleichen. Andere Liga.

Wir beschränken uns also auf Teilnehmer mit ähnlichen Voraussetzungen. Wobei es bei einem solchen Wettbewerb weniger um die Ressourcen geht, sondern um die große Idee. Und um die Art und Weise, wie diese Idee verkauft wird. Deshalb müssen wir uns folgende Fragen stellen:

  • Versteht man sofort um was es geht?
  • Ist das Thema relevant?
  • Gelingt es die Idee überzeugend zu verkaufen?
  • Kopfgeburt oder Volksbewegung? Wird die Idee von der Bevölkerung getragen?

Wie immer bei Wettbewerben geht es nicht darum, ob man den Sieg verdient hätte, sondern ob man ihn tatsächlich einfährt. Um Chancen zu haben, reicht es darum nicht, inhaltlich gute Arbeit abzuliefern. Entscheidend ist, bei den entscheidenden Kriterien obenauf zu schwimmen. Wer von einem solchen Wettbewerb profitieren will, muss sich bewusst sein, dass es in erster Linie darum geht zu gewinnen. Und das klappt nur, wenn man eine gute Idee auch gut verkauft.

Am Ende zählt nur der Sieg

Das beginnt schon bei der Verpackung. Diese sorgt für eine positive Grundstimmung, welche bei der Beurteilung weicher Kriterien „hilfreich“ ist.

Stellen Sie sich den Wettbewerb „Zukunftsstadt“ als eine große Regalreihe im Supermarkt vor. In diesem Regal werden 23 Sorten Toastbrot („White“) verkauft. Die Auswahl ist riesig. Das Angebot kaum objektiv zu prüfen. Deshalb orientieren Sie sich an jenen Eigenschaften, welche herausragen:

  • Der Preis
  • Die knackigste Verpackung
  • Den bekanntesten Namen

Beim Wettbewerb „Zukunftsstadt“ stehen 23 Teilnehmer für maximal 8 Plätze zur Verfügung. Schafft es Friedrichstadt aus der Masse herauszuragen?  Kann das Projekt diesen emotionalen Grundvorteil nutzen?

Wem der Startvorteil nutzt

Um zu verdeutlichen, wie ein solcher Grundvorteil wirkt, hier ein konkretes Beispiel: Die Stadt Freiburg hat sich seit Jahrzehnten einen positiven Namen gemacht. Die Stadt ist durch und durch modern, ökologisch, nachhaltig und zukunftsorientiert. Jeder der Juroren weiß das, noch bevor er oder sie das Dossier auch nur in die Hände bekommen hat. Es würde extrem wundern, wenn dieser Startvorteil keine entscheidende Bedeutung hätte. Oder anders ausgedrückt: Eigentlich geht es wohl nur noch um 7 Plätze.

Wie groß die Chancen von Friedrichstadt sind?  Bilden Sie sich ein eigenes Urteil. Wir stellen hier zwei Wettbewerber gegenüber, welche ähnliche Grundvoraussetzungen haben. Beurteilen Sie, welche von beiden mehr überzeugt, glaubwürdiger auftritt und sich besser verkauft.

Die Botschaft

Claims aus Zukunftsstadt

zwei Ausschnitte aus https://www.wettbewerb-zukunftsstadt.de

Ohne Sie allzu sehr beeinflussen zu wollen: Eine Botschaft wirkt dann am besten, wenn man sie innerhalb eines Augenblickes erfasst und verstanden hat.

Relevanz / Mehrwert

Ist das Projekt überhaupt relevant? Ist das Projekt geeignet, der Bevölkerung einen echten Mehrwert zu liefern? Haben die Maßnahmen eine Chance, sich in der Praxis durchzusetzen? Vergleichen Sie hierzu den Kurzbeschrieb. Welches Projekt spricht Sie ganz spontan mehr an? Wo haben Sie eher das Gefühl, Sie wüssten was das Ziel ist und wohin die Reise geht? Wer bietet dazu überzeugende Lösungsstrategien an?

Friedrichstadt (Auszug)

Ein dynamisches Netzwerk schaffen

Das zentrale Projektziel für Friedrichstadt lautet: durch Partizipation und Kommunikation ein offenes Miteinander im Ort und über die Ortsgrenzen hinaus zu schaffen. Dabei sieht die Stadt ihre geringe Größe nicht als Manko, sondern als Chance. Denn in kleineren Orten ist Bürgerbeteiligung oft leichter umzusetzen als in Großstädten. Durch den innovativen Prozess, den Friedrichstadt im Wettbewerb anstößt, soll die Kommune befähigt werden, sich selbst weiterzuentwickeln. Dafür gilt es, kreative Akteure ausfindig zu machen und mit bestehenden Initiativen zusammenzubringen. Auf diese Weise entsteht ein dynamisches Netzwerk, das sich in verschiedenen Arbeitsfeldern den Themen widmet, die den Menschen unter den Nägeln brennen – etwa die Weiterentwicklung der Innenstadt, des Einzelhandels oder des kulturellen Angebots. Begleitet wird der Prozess durch ein Kuratorium aus engagierten Akteuren, das den Informationsaustausch sicherstellt, Befragungen durchführt, Workshops organisiert und vieles mehr. 

Die ganze „Vision“ finden Sie hier.

Wattenmeer – Achter (Auszug)

Tourismus: Fluch und Segen

Der Tourismus ist mit rund zwei Milliarden Euro pro Jahr wichtigster Wirtschaftsfaktor und größter Arbeitgeber der Region. Gleichzeitig wirkt er sich aber auch auf das alltägliche Leben der Einheimischen aus: Mit dem intensiven Tourismus geht ein Mangel an attraktivem und bezahlbarem Wohnraum einher – sowohl für die Bevölkerung, als auch für – saisonale – Fachkräfte. Konsequenz dieser Entwicklung: Einheimische, ältere Bewohnerinnen und Bewohner genauso wie junge Familien ziehen aufs Festland. Die aktuell 41.714 Einwohnerinnen und Einwohner der Region sind somit vom demographischen Wandel in ganz besonderer Weise betroffen. Mit der Zunahme von Zweitwohnsitzen ziehen ältere, wohlhabende Personen in die Region, während junge Fachkräfte die Region verlassen. Durch unregelmäßig bewohnte Feriendomizile kommt es so einerseits zu Daseinsvorsorge- und Funktionsverlusten in den Orten. Andererseits steht der Abnahme von Fachkräften, durch zuziehende ältere Bewohnerinnen und Bewohner, eine wachsende Nachfrage im Gesundheitswesen und für soziale Dienste gegenüber.

Jugend von heute – Stadtgestalter von morgen

Im Wettbewerb „Zukunftsstadt“ will der Wattenmeer-Achter Lösungen für diese Entwicklungen erarbeiten. Ziel ist eine gemeinsame Vision für das Leben in der Region: Neben Funktionsträgern in Verbänden, Institutionen und Unternehmen ist dabei die aktive Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger und vor allem der Schulen gefragt: Die Jugendlichen von heute sind die Stadtgestalter von morgen – vorausgesetzt, sie bleiben in der Region. 

Die ganze „Vision“ finden Sie hier.

Lesen Sie sich diese beiden Beiträge ruhig in Ruhe durch. Wissen Sie danach, um was es geht? Haben Sie verstanden, was das Ziel ist und wie es erreicht werden soll? Denken Sie, dass es tatsächlich die Lebenswirklichkeit der beiden Teilnehmer berührt und adäquate Antworten bietet?

 

Gelebt oder verordnet?

Besteht die Chance, dass dieses Projekt tatsächlich Spuren hinterlässt oder ist es einfach nur ein Reisbrett-Konzept aus dem Elfenbeinturm einer Hochschule?

Aktivitäten Zukunftsstadt

Bildschirmfotos von https://www.wettbewerb-zukunftsstadt.de

Gelebte Vision, getragen von der Bevölkerung? Natürlich geben die Aktivitäten der Projektteams nur einen oberflächlichen Eindruck über die Verankerung in der Bevölkerung. Aber ein kleiner Hinweis über die vorhandene Begeisterung zeigt es vielleicht doch…

 

Wie glaubwürdig wird dieses Projekt vorangetrieben?

Auf den ersten Blick sehen Sie hier vielleicht keinen großen Unterschied. Mit einem Klick auf das Bild werden Sie aber auf die Projektseite weitergeleitet. Welcher dieser Links gibt Ihnen das Gefühl, der Wettbewerbsteilnehmer würde sich zu hundert Prozent mit der Idee identifizieren? Und bei welcher Seite haben Sie eher das Gefühl, dass man von Seiten der Projektleitung eher noch zuwarte. Denn bevor Geld fließt, lohnt es sich ja doch nicht in die eigene Zukunft zu investieren…

Friedrichstadt

Beitragsseite Zukunftsstadt Friedrichstadt

Wattenmeer – Achter

Beitragsseite Zukunftsstadt Wattenmeer - Achtern

 

Fazit:

Wie haben Sie sich entschieden? Bei welchem Projekt haben Sie das Gefühl, es würde besser verkauft? Welchem Teil messen Sie mehr Chancen bei?

Ich persönlich habe eine ganz klare Meinung. Ohne mich hier und jetzt auf inhaltliche Dinge festlegen zu wollen. Man kann kaum davon sprechen, dass sich Friedrichstadt beim Wettbewerb „Zukunftsstadt“ einen Startvorteil erarbeitet hätte. Dafür fehlt jede Leidenschaft. Jeder Anflug von Kampfbereitschaft. Eben das, was den Unterschied ausmacht, zwischen einfach nur mitmachen und gewinnen wollen.

Insofern gratuliere ich Bürgermeister Eggert Vogt zu seiner Zuversicht und wünsche ihm viel Glück. Er wird es brauchen.

Daniel S. Batt
Redakteur