Kommunalwahl 2023 (Teil I)
Alles eine Frage von Stil?
Am 14. Mai 2023 finden in Schleswig-Holstein Kommunalwahlen statt. Wie bereits angekündigt, werden wir auf 1621.sh die Wahl begleiten und Ihnen dazu Analysen und Kommentare liefern. Beginnen wollen wir mit einer Stilkritik, welche uns erst einmal zweitausend Jahre zurückführt, um dort viel über den aktuellen Zustand der Lokalpolitik in Friedrichstadt zu erfahren.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters
Man sagt, dass Schönheit im Auge des Betrachters liege. Für Stil gilt vermutlich dasselbe. Einer der ersten, bzw. einer der bekanntesten Menschen, welcher sich zu gesellschaftlichen Stilfragen geäußert hat, war der Römer Decimus Iunius Iuvenalis. Der Mann wurde vermutlich um 60 n. Chr. geboren und betätigte sich sowohl als Rhetoriklehrer, als auch als Satiriker.
Juvenals Werke umfassen 16 Satiren, die in der Zeit zwischen 100 und 127 n. Chr. geschrieben wurden. Seine Satiren behandeln eine Vielzahl von Themen, darunter Korruption, Missbrauch von Macht, Armut und soziale Ungleichheit. Seine Werke zeichnen sich durch eine scharfe Ironie und einen sarkastischen Ton aus und sind bekannt für ihre pointierten Aussagen und Sprichwörter.
Der Schlüsselsatz von Satire X
Bekannt geworden ist er durch den Satz „nihil est odiosius, cum solo dicat“ (Nichts ist abscheulicher, als wenn man es nur von sich selbst sagt). Er schrieb diese Worte in seiner Satire „Satire X“, die sich mit dem Thema der menschlichen Schwächen und der Macht von Reichtum und Einfluss befasst.
Der Ausdruck bezieht sich darauf, dass es als unangemessen angesehen wird, wenn man sich selbst lobt oder sich für seine eigenen Leistungen rühmt. Es wird als Zeichen von Arroganz und Selbstüberschätzung angesehen, und das Lob wird als weniger glaubwürdig angesehen, wenn es aus dem Mund der Person selbst kommt, anstatt von anderen.
Juvenals Einfluss auf die europäische Literatur und das Denken ist immens. Seine Werke wurden von vielen späteren Schriftstellern und Gelehrten studiert und bewundert. Beim Volksmund ist aber in erster Linie oben genannter Satz hängengeblieben, welcher in leicht abgewandelter Form bis heute gerne zitiert wird.
Auf Deutsch übersetzt lautet er: Eigenlob stinkt.
Jubelschrift in eigener Sache
Womit wir wieder bei der Gegenwart angekommen wären: Wenn sich Lokalpolitikerinnen und Politiker zum Abschluss ihrer politischen Karriere noch einmal mit einer Festschrift selbst feiern, sagt das viel über die handelnden Personen aus. So auch im Falle der glorreichen Vier (Country-Club-Fraktion) der aktuellen Friedrichstädter Stadtverordnetenversammlung.
Wir haben nach Erscheinen darauf verzichtet, auf diese Publikation einzugehen und werden es auch hier nicht tun. Uns reicht der Verweis auf Decimus Iunius Iuvenalis.
Nicht alles, was offiziell aussieht, ist offiziell
Immerhin wurde in diesem Fall wohl nicht das Geld der Stadt ausgegeben. Ein gewisses Gschmäggle (wie die Schwaben sagen würden) hat die Sache allerdings trotzdem. Denn die selbstverlegte Jubelschrift kommt nicht nur ganz bewusst in einem zum Verwechseln ähnlichen Layout wie die Festschrift zum 400jährigen Jubiläum der Stadt daher. Es verwendet auch ein offizielles Logo.
Das Ganze erinnert deshalb an jene offiziell wirkenden Rechnungen für Registereinträge, welche den Firmen jeweils nach einem Eintrag oder einer Eintragsänderung in verlässlicher Regelmäßigkeit ins Haus flattern und vor denen das Handelsregisteramt nicht ohne Grund warnt…
Andererseits ist es vielleicht auch einfach nur eine Botschaft. Nämlich, dass das neue, völlig sinnfrei eingeführte Logo der Stadt als gemeinfrei zu betrachten ist, für dessen Verwendung weder eine Bewilligung nötig ist noch eine Lizenzgebühr fällig wird.
Sorry Frank!
In unserem eigenen Rückblick werden wir folgende Themen genauer beleuchten:
- Wirtschaft
- Tourismus
- Verkehr
- Soziales
- Finanzen
- Politische Verantwortung
Entsprechend wird sich der nächste Beitrag mit der Frage beschäftigen, was die Stadt in Bezug auf den Wirtschaftsstandort geleistet hat. In diesem Zusammenhang möchten wir uns bereits heute in aller Form bei Frank Nehlsen entschuldigen und ihm versichern, dass wir ihn weder persönlich angreifen noch sonst wie schlecht machen wollen. Im Gegenteil. (Achtung: Cliffhanger!)
Kommentar
Im hohen Norden zählen Bescheidenheit und Zurückhaltung eigentlich zu den gesellschaftlichen Tugenden. Überbordendes Eigenlob passt da nicht ins Bild.
Entsprechend erstaunlich ist es deshalb, wenn sich die Bürgermeisterin und ihre Gefolgschaft mit „2018-2023 fünf Jahre Kommunalpolitik in Friedrichstadt“ öffentlich abfeiert.
Einfacher und ortsüblicher wäre gewesen, sich am 14. Mai 2023 vom Volk die hervorragenden Leistungen attestieren zu lassen. Aber für die Bestätigung an der Urne hat offensichtlich die Kraft nicht mehr gereicht.
Quellenhinweis: Für die Beschreibung der Herkunft des Sprichwortes „Eigenlob stinkt“ hat der Autor auf die unendliche Weisheit von ChatGTP zurückgegriffen. 😉
Das Titelbild ist übrigens auch eine KI Schöpfung und zwar von Midjourney.
Kommunalwahl 2023

Schließt den Laden von Fleischer Nehlsen!
2018-2023: Fünf Jahre Kommunalpolitik in Friedrichstadt: Welche Ziele hat die aktuelle Führungsmannschaft im Friedrichstädter Rathaus in Bezug auf die Standortentwicklung verfolgt? Etwa Arbeitsplätze schaffen? Und wenn ja, für wen? Im ersten Teil des Beitrags zum Thema Wirtschaft widmen wir uns exakt dieser Frage.
Moin Sidney, ich muss Dich leider an einer Stelle korrigieren. Das sogenannte „Stadtlogo“ ist nicht einmal ein Stadtlogo – es ist maximal ein „Aktionslogo“, das fälschlicher- und unwissentlicherweise als „Stadt-Logo“ eigesetzt wird. Es ist in seiner Rückwärtsgewandheit leider nicht im mindesten Ansatz zukunftsweisend, und schon gar nicht geeignet, die vielfältigen kulturellen und gesellschaftlichen Facetten der Stadt visuell zu repräsentieren, geschweige denn einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Damit meine ich nicht die gestalterische Arbeit, sondern die Inhalte, die transportiert werden. Ich hatte damals mit einer Mail direkt an die Bürgermeisterin darauf hingewiesen, dass eine Logo-Entwicklung/Findung ein umfangreicher Prozess ist, der nach allen Regeln der Kunst nicht das Ergebnis einer „einsamen Eintscheidung“ sein darf. Vielmehr müssen alle gesellschaftlichen Strömungen im Ort in das Briefing für eine solche Entwicklung einbezogen sein, damit ein Ergebnis am Ende steht, das von einer breiten Mehrheit identitätsstiftend getragen werden kann. Mit einem guten Briefing kann man einen Wettbewerb initiieren, der die Chance auf viele visuelle Perspektiven bietet. Diese Chance wurde vertan, weil man, wie so oft, die falschen Fragen gestellt hat, und mit den unzureichenden Antworten nun weiterleben muss, sofern man nichts ändert. Aber die zukunftigen „Rathaus-WG-BewerberInnen“ stehen ja schon in den Startlöchern, motiviert bis in die Haarspitzen, wie zu lesen ist. Vielleicht wird ja nach dem 14. 5. 2023 alles ganz anders und viel, viel besser…
Tja, das ist so eine Sache mit dem Radschlagen beim Pfau.. je weiter er seine Federn vom Körper abspreizt, desto mehr nackte Haut kann darunter zum Vorschein kommen.
Und wenn der Vogel erst baden geht (s. Beitragsbild) – ich meine, ein Pfau kann gar nicht schwimmen, Schwimmhäute besitzt er jedenfalls nicht – sieht er auch nicht so richtig präsentabel aus, so halb unter Wasser, oder?
Egal. Das Sprichwort tut kund: „Der Weise sagt niemals, was er tut – aber er tut niemals, was er nicht sagen könnte.“
Prof. Google behauptet, das hätte Jean-Paul Sartre verzapft. Dieser Spielverderber, solche Weisheit zu leben macht doch überhaupt keinen Spaß!
Wahrscheinlich irrt aber Google, genauso wie die KI. Der zitierte Satiriker wird mit nämlich mit einem ganz anderen Ausdruck in Verbindung gebracht. Mit „panem et circenses“ (= „Brot und Spiele“).
Wohlan denn, lasset die (Wahlkampf-)Spiele beginnen – man gönnt sich ja sonst nichts.