Kleine Anfrage von Andreas Grzybowski:

Ausamtung von Friedrichstadt geplant?

Mit einer kleinen Anfrage an die Stadtverordneten und die Fraktionen im Friedrichstädter Rathaus, reagiert Andreas Grzybowski auf einen Artikel in der SHZ vom 5.12.2017 („ die Stadt wird Investitionsfreudiger“). In diesem Beitrag wird erwähnt, dass die Stadtverordneten mit dem Gedanken spielen, Friedrichstadt könne sich aus Kostengründen dem Amt Mildstedt anschließen, auch wenn es damit ein weiteres Stück an Selbstbestimmung aufgibt. Wir drucken nachfolgend das Schreiben von Andreas Grzybowski an die Stadtverordneten unverändert und in voller Länge ab.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der SH-Zeitung habe ich gelesen, dass Sie, die gewählten VertreterInnen unserer kleinen Stadt, sich mit der Frage der Ausamtung beschäftigen und diesen Schritt in Erwägung ziehen.

Dies beunruhigt mich sehr. Denn ein solcher Schritt scheint mir so sehr gegen die Interessen und gegen die Zukunft unseres Gemeinwesens gerichtet zu sein. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie diesen Schritt ernsthaft freiwillig gehen würden oder gar selber vorantreiben. Ich befürchte, dass damit eine Entwicklung einen unwürdigen Schlusspunkt finden würde, die Friedrichstadt Stück um Stück ohnmächtiger gemacht und um immer mehr Handlungsspielräume gebracht hat, die es aber benötigt, um sein Schicksal selber in die Hand zu nehmen und für seine BürgerInnen eine gute Zukunft aktiv gestalten zu können.

Der erste große Fehler war, dass Anfang der 1970`er Jahre die Kreisgrenzen – und dies ohne die BürgerInnen zu befragen – so gezogen wurden, dass Friedrichstadt sich an der obersten Grenze des Kreises wiederfand und nicht – wie es sinnvoll gewesen wäre – als Zentrum eines Kreises, der alle Stapelholmer Gemeinden zusammenfasst. Dies hatte später dann auch zur Folge, dass das Innenministerium unter Ralf Stegner dem Wunsch sehr vieler BürgerInnen Stapelhoms widersprach, Friedrichstadt zu ihrem Verwaltungssitz zu machen, das schon immer ihr natürliches Zentrum war (räumlich und funktional).

Auch die Entscheidung zur Abschaffung der Hauptamtlichkeit des Friedrichstädter Bürgermeisters und die Entscheidung, Mildstedt zur Hauptgemeinde zu machen und Teile der Verwaltung dort zu konzentrieren, muss jetzt, da die Frage einer Neuordnung der Gemeinden wieder einmal auf dem Tisch liegt, noch einmal in Frage gestellt werden. Nun soll ein weiteres Mosaiksteinchen in Richtung Bedeutungs- und Machtlosigkeit der Stadt gesetzt werden: Die Ausamtung.

Erinnern wir uns: Ausschlaggebend damals und im Zentrum der Diskussion heute, steht einzig und allein das „Effizienzargument“. Und das Effizienzargument wird einzig und allein unter dem Gesichtspunkt „Kosteneinsparung“ betrachtet. Deshalb ist es zunächst einmal wichtig festzustellen, ob dieses Argument überhaupt stichhaltig ist.

Als die Stadt noch durch das Amt Friedrichstadt verwaltet wurde, betrug die Amtsumlage EURO 430.000. Heute liegt die Amtsumlage allerdings – trotz der Zusammenlegung – deutlich höher, als damals. Dass die Erwartungen, auf diese Weise Geld einsparen zu können, nicht nur im Fall Friedichstadt enttäuscht wurde, sondern in ganz Schleswig-Holstein, dafür spricht die Feststellung des Landesrechnungshofs, der nach einer Untersuchung dieser Frage zu dem Ergebnis kommt, dass die Kreisreform zu keinen Einsparungen geführt hat.

Bevor also jetzt möglicherweise schon wieder die VertreterInnen der Stadt die Handlungsspielräume der Stadt weiter einschränken, muss eine Bilanz gezogen werden und eine ehrliche Antwort auf die Frage gegeben werden, ob die letzte Verwaltungsreform tatsächlich die Kosten gesenkt hat. Und es muss faktenbasiert dargelegt werden, warum dies der Fall sein soll, wenn Friedrichstadt die ihm noch verbliebenen Verwaltungsaufgaben ausgerechnet an Mildstedt abgibt und welche Alternativen es dazu gibt.

Neben dem Effizienz- bzw. Kosteneffekt stehen Fragen zur Aufgabenwahrnehmung der beauftragten Amtsverwaltung zur Diskussion. Die von der Stadtvertretung beschlossene Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung im Bauhof ist bis heute nicht umgesetzt. Sitzungsniederschriften, Satzungen und dergleichen finden sich heute nur rudimentär im Internet. Die Haushaltssatzungen als öffentlich zugängliches Dokument ist über all` die Jahre online nicht zu finden. Es drängt sich zudem der Eindruck auf, dass die Stadt durch das Amt Mildstedt eher „reagierend verwaltet“ wird – aber keine agierende Entwicklung durch Unterstützung der MitarbeiterInnen betrieben wird. Die Ausübung der kommunalen Selbstverwaltung wird dadurch Stück für Stück konterkariert. Durch dieses Gedankengut haben wir in den letzten Jahren große Teile der Verwaltung aus unserem Rathaus in Friedrichstadt am Markt verabschieden dürfen, das jetzt – dem vermeidlichen Kostenfaktor Tribut zollend – fast leer steht. Und der Teufelskreis auf der Treppe nach unten geht weiter. Noch weniger Kompetenzen, noch weniger Dienstleistungen, noch weniger Gründe nach Friedichstadt zu kommen. Noch weniger Möglichkeiten selber das eigene Geschick der Stadt in die Hand zu nehmen und zu gestalten.

Jetzt geht es insbesondere auch darum, einen solchen Schritt nicht schon wieder ohne eine Beteiligung der BürgerInnen in Friedrichstadt und in den Stapelholmer Gemeinden zu machen. Denn es gibt viele gute Gründe, den Status Quo zu erhalten und Funktionen der Selbstverwaltung nach Friedrichstadt zurückzuholen. Diese sind:

  1. Friedrichstadt war und ist der Ort, der räumlich in vielen Hinsichten das natürlich Zentrum Stapelholms war und ist.
  1. Es ist sehr viel einfacher, von Friedrichstadt aus einen wirklich bürgernahen Service für alle Bewohner Stapelholms zu organisieren.
  1. Bürgernähe und das Recht auf Selbstverwaltung hat für die Verfassung Schleswig-Holsteins einen sehr hohen Wert. Beides wird durch eine weitere Entmachtung der Stadt Friedrichstadt verhindert. Die Stadt nimmt sich ohne Not alle Möglichkeiten, Einfluss darauf zu nehmen, ob, wann und wie die eigenen Beschlüsse in Verwaltungshandeln umgesetzt werden.
  1. Das große Engagement der BürgerInnen hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass erste konkrete Zukunftsbilder entstehen und sich immer mehr BürgerInnen für die Entwicklung der Stadt und für die Entwicklung Stapelholms mitverantwortlich fühlen. In der jetzigen Situation wäre eine Ausamtung ein großer Rückschlag und eine Entmutigung.

Ich bitte daher unsere gewählten Stadtverordneten im Friedrichstädter Magistrat möglichst umgehen und öffentlich Stellung zu beziehen zu folgenden Fragen:

  • Bestehen diese Pläne?
  • Und warum?
  • Was genau bringt es der Stadt Friedrichstadt und seine BürgerInnen?
  • Was bedeutet es für ganz Stapelholm?
  • Was wollen die Bewohner Stapelholms?
  • Welche Möglichkeiten gibt es uns alle – die BürgerInnen in unserer Region in – diese Entscheidung mit einzubeziehen?

Wir halten eine Informationsveranstaltung für wünschenswert und ggf. auch eine Bürgerbefragung.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Grzybowski