Wie man in der Schweiz mit dem Covid-19-Kredit die Wirtschaft am Laufen hält
Weniger als 10 Tage, nachdem ich die deutsche Staatsbürgerschaft übernommen habe, erlebte ich ein Gefühl, welches mich nicht sehr oft erfasste: Stolz. Ich kein Nationalist. Natürlich bin ich geprägt von meinen Wurzeln – wer ist das nicht – aber ich bin nicht stolz darauf Schweizer zu sein. Aber ich bin glücklich darüber. Glücklich, weil ein unsagbarer Zufall dafür gesorgt hat, in einem der reichsten, freisten und demokratischsten Ländern der Welt geboren zu sein.
Im Kopf Europäer, auf dem Papier Deutscher und Schweizer, erfasste mich am 26. ein unfassbares Gefühl von Stolz auf die gute alte Eidgenossenschaft. Es war der Tag, an welchem man in der Schweiz die Soforthilfe des Bundes abrufen konnte. 38 Milliarden EUR stellt die Schweiz den Firmen als Sofortkredit zur Verfügung, um die Liquidität der Betriebe zu sichern. Das ist als an sich zwar ein riesiger Betrag, aber auch nicht so groß, dass sich die Deutschen dahinter verstecken müssten.
Der erstaunliche Covid-19-Kredit der Schweiz
Der Clou an der ganzen Geschichte, sind die Rahmenbedingungen:
- Bis 500.000, – gibt es von der Hausbank einen durch den Bund zu 100% verbürgten Kredit
- Die Höhe ist abhängig vom Umsatz von 2019. Es gibt davon max. 10%
- Laufzeit: 5-7 Jahre
- Zinssatz: 0%
- Gebühren: 0%
Der eigentliche Clou der Sache liegt allerdings im Ablauf. Man füllt einen einseitigen Antrag aus, welcher eigentlich nicht mehr beinhaltet als die administrativen Daten (Name, Adresse, Kontakt, Identifikationsnummer), den Namen der Hausbank, Angaben zum letztbekannten Umsatz und den gewünschten Kredit (begrenzt auf die besagten 10% des Umsatzes). Unterschreiben fertig. Jetzt den Convid-19-Kredit Antrag noch per Mail an die Hausbank.
Ein Aufwand von maximal 5 Minuten.
Ich habe in der Schweiz für 4 Firmen, bei drei unterschiedlichen Banken diese Anträge eingereicht. Um 11:00 abgesendet, um 18:00 das Geld auf dem Konto. Unglaublich.
Für größere Firmen gibt es übrigens ein ähnliches Programm, welches jedoch auch nicht bedeutend mehr Aufwand für Antrag und Prüfung fordert.
Vertrauen schenken – Vertrauen gewinnen
Der Schweizer Regierung ist bewusst, dass diese Art der Antragsprüfung für sie ein gewisses Risiko beinhaltet. Die Banken werden Covid-19-Kredite abschreiben müssen und der Bund muss dann einspringen. Aber die wirtschaftlichen Folgen der Corona Krise wird so oder so Kosten verursachen. Auch bei einer intensiveren Prüfung wird es faule Kredite geben. Die Zeit, welche durch die Prüfung verloren geht, wird jedoch ebenfalls dazu führen, dass Firmen in die Insolvenz fallen, UnternehmerInnen das Vertrauen verlieren und aufgeben, Arbeitsplätze verloren gehen.
Indem die Schweizer Regierung ihren Bürgern Vertrauen entgegenbringt, schafft sie selbst Vertrauen. Vertrauen in die Regierung. Und die Unternehmen müssen sich in schwierigen Zeiten nicht mit wirklich dem unproduktiven Spießrutenlaufen zwischen Behörden, Förderbanken, Hausbanken, Steuerberater und föderalen Strukturen auseinandersetzen. Diese Zeit und Energie können sinnvoller eingesetzt werden. Mit dem Covid-19-Kredit hat man in meiner alten Heimat gezeigt, wie es geht. Ich wäre begeistert, würde meine neue Heimat diesen Weg ebenfalls beschreiten. Hoffnungen hege ich diesbezüglich allerdings keine.