
Deutscher Buchhandlungspreis 2022 für Jan Stümpel
Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter
Im Jahr 1839 erschien das Prosastück »Florentinische Nächte« von Heinrich Heine (1797–1856). Das Besondere an diesem Werk ist, dass es bereits im Vorwort einen Satz gibt, welcher es zu einer bekannten Redewendung geschafft hat: »›Der Hund bellt, die Karawane marschiert‹, sagt der Beduine.« Auch bekannt in einer Form, welche Altkanzler Helmut Kohl immer wieder gerne verwendet hat: »Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter…«
Das Buch ist bis heute noch lesenswert. Die Novelle „Florentinische Nächte“ ist nämlich eine große Allegorie auf das Leben, welches Heinrich Heine selbst in Paris erlebt, erfahren, geführt hat. Ein wildes Potpourri an Szenen, deren Protagonisten auch bei Federico Fellini ihren Platz gefunden hätten: das fahrende Volk des Varietés, Tänzerinnen mit einem Doppelleben aus verruchter Vergangenheit und bürgerlicher Gegenwart, erotische Frauenbilder aus Marmor, Paganini, ein Bauchredner und ein Zwerg namens Türlütü.
Deutscher Buchhandlungspreis 2022 für Jan Stümpel
Bücher wie »Florentinische Nächte« kann man in Friedrichstadt kaufen, weil wir mit Jan Stümpel einen wunderbaren Buchhändler in unserer kleinen Stadt haben. Und zwar einer von der Sorte, welcher nichts unversucht lässt, die vorhandenen Bedürfnisse seiner Kunden zu befriedigen oder noch nicht vorhandene durch leidenschaftliche Präsentationen zu wecken.
Wer ihn kennt und sich schon einmal von ihm hat beraten lassen dürfen, wird nicht weiter erstaunt darüber sein, dass er für sein Wirken jüngst mit dem Deutschen Buchhandlungspreis 2022 gewürdigt wurde. Eine Ehrung, welche er am 30. Oktober im Goldenen Saal des Rathauses von Augsburg in Form einer Urkunde in Empfang nehmen durfte. Überreicht wurde diese von niemand anderem als Kulturstaatsministerin Claudia Roth.

Heine, Heinrich
Florentinische Nächte
Kartoniert, LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag (2020)
Preis:
Was will uns diese Redensart sagen und woher stammt sie eigentlich?
Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter
Es ist naheliegend, den Ursprung der Redewendung im alten Orient zu suchen. Hier zogen Händler und Transportunternehmer mit ihren erhabenen »Wüstenschiffen« in Karawanen durchs Land. Die Kamele spielten eine entscheidende Rolle beim Transport von Gütern und Waren.
Kein Wunder also, dass Kamele bei den Menschen hoch angesehen waren. Sie gelten als würdig und weise. Ganz im Gegensatz zu Hunden, welche einen schlechten Ruf haben und als unrein gelten.
Während also die Karawane erhaben durch Land und Wüste zieht, kläffen und bellen die Hunde im Straßenstaub und keinen interessiert es.
Danke Jan!
Dank Jan Stümpel und seiner wunderbaren Buchhandlung im Fünf-Giebel-Haus, bleibt uns in Friedrichstadt die Erfahrung erspart, dass sich das Angebot an Literatur auf die Ramschkiste des Supermarktes beschränkt. Bei uns finden wir auch wunderbare Werke aus dem 19. Jahrhundert. Und wenn sie gerade nicht vorrätig sein sollten, wird er sie uns in der Regel innerhalb eines Tages beschaffen.
Eigentlich müssten wir uns also bei Jan Stümpel bedanken. Stattdessen bedankt er sich bei uns, seinen Kundinnen und Kunden, welche er am 12. November 2022 von 10 bis 13 Uhr dazu einlädt, mit ihm anzustoßen und zu feiern.
Nichtsdestotrotz wollen wir Jan Stümpel für den Erhalt des Deutschen Buchhandlungspreis 2022 ganz herzlich danken!
„Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter…“ Moin Sidney, jetzt weiß ich auch endlich, wo sich der Textautor eines berühmten und im Kölner Karneval oft gesungenen Liedes vermutlich hat inspirieren lassen… Der Rheinländer hat dieses Zitat wir folgt selbsterklärend modifiziert. Da heißt es im Refrain: „Die Karawane zieht weiter, dä Sultan hätt Doorsch (Durst)!“ (Wenn man das den nicht Rheinländern doch erklären muss – hier handelt es sich mutmaßlich um eine „Karawane“ verkleideter Karnevalsjecken, bei denen der Sultan offensichtlich der Wortführer ist, und es immer dann in die nächste Kneipe geht, wenn der Sultan nicht rechtzeitig sein Kölsch nachgeliefert kriegt…)
Die Buchhandlung in meinem kleinen (viel größer als Friedrichstadt!) Heimatort, war aktuell kurz davor, geschlossen zu werden. In letzter Minute hat sich auch dort eine engagierte Nachfolgerin gefunden, die das Wagnis, anologen Lesestoff in einer Zeit zunehmender Durchdigitalisierung, sowie von Amazon und Co. weiter anzubieten. Nur so mal ein kleiner Hinweis: Ob Ihr ein Buch bei z.b. Amazon, Thalio o.ä. oder doch beim Buchladen Eures Vertrauens bestellt – der Preis bleibt gleich. Im Buchladen bekommt Ihr allerdings noch eine Beratung, ein nettes Gespräch, ein freundliches Lächeln dazu. Und wenn das Buch ein Geschenk ist, kriegt Ihr es meistens auch noch nett verpackt. Und Ihr unterstützt eine Kulturstätte des lokalen Handels!