1621 Vermögensfragen

Die Immobilienpreise und die tiefen Zinsen

Auch in Friedrichstadt scheinen die Immobilienpreise nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Naturgemäß stoßen sich Hausbesitzer nicht an dieser Tatsache und jene, welche erst im Begriff sind ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, hält das nicht von ihren Plänen ab. Entweder, weil sie befürchten, dass ihre Geldspeicher angesichts fehlender Anlagealternativen überzulaufen drohen. Oder sie finanzieren ihre Liegenschaft mit geliehenem Geld, was wegen den tiefen Zinsen praktisch zum Nulltarif zu haben ist. Zumindest auf den ersten Blick. Was geschieht eigentlich, wenn die tiefen Zinsen Vergangenheit sind? Wenn neue Hypotheken zu deutlich schlechteren Konditionen abgeschlossen werden?

Der eine oder die andere wird sich jetzt vielleicht sagen, dass dies für sie nahezu ohne Belang sei, da sie ihre Hypothek in weiser Voraussicht auf sehr lange Zeit abgeschlossen haben. Wirklich? Nach der Lektüre dieses Textes werden Sie darüber vermutlich anders darüber denken.

Die Ursachen der tiefen Zinsen

1621 Vermögensfragen FinanzratgeberBevor wir uns mit der Frage beschäftigen, was die Folgen steigender Zinsen sind, müssen wir uns mit den Ursachen beschäftigen. Den Ursachen hoher Immobilienpreise und den Gründen für die tiefen Zinsen. Und der Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass diese Zinsen wieder auf altes Niveau steigen werden.

Schuld an den tiefen Zinsen ist die EZB. Ganz klar. Das stimmt zum Teil, aber eben nicht aus den Gründen, welche von den Dumpfbacken der äusseren Rechten behauptet wird. Sicher ist, dass die EZB mit Ihrer Tiefzinspolitik dafür gesorgt hat, dass die Zinsen rasch und andauern tief liegen. Das ist im Rahmen der Euro Rettungsaktion vor bald 10 Jahren geschehen. Ohne diesen Eingriff währen einige der Euro-Staaten wirtschaftlich implodiert. Wäre dies geschehen, dann wären die Bundesbürger nicht enteignet worden, sondern hätten große Teile ihres Geldes einfach verloren. Ihren Arbeitsplatz unter Umständen auch. Ihre private Altersversorgung ganz sicher.

Die Rolle der EZB

Die EZB ist also nicht die eigentliche Täterin, sondern die Retterin des Systems. Allerdings sorgt sie dafür, dass die Zinsen nicht wieder ansteigen. Was wiederum daran liegt, dass die Politik ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat und die strukturellen Schuldenprobleme nicht einmal im Ansatz angepackt hat. Auch Deutschland nicht. Warum nicht? Werfen Sie einmal einen Blick nach Frankreich, dann bekommen Sie einen Vorgeschmack darauf, was geschieht, wenn die notwendigen Reformen in Angriff genommen werden…

Kein Zweifel, die EZB spielt beim Absenken der Zinssätze eine wichtige Rolle. Ohne die fundamentalen Voraussetzungen wäre dies aber nicht möglich gewesen. Die Wahrheit ist: Die Zinsen wären so oder so gesunken. Vielleicht nicht ganz so tief, aber trotzdem markant. Der Grund dafür ist, dass wir schlicht und ergreifend ein Überangebot an Geld haben. Denn auch hier greift die demografische Entwicklung: Der Anteil der Sparer wächst, während die Zahl der Investoren stetig sinkt. Wo aber keine Investitionen getätigt werden, braucht es auch keine Kredite. Wo keine Kredite nachgefragt werden, gibt es mit dem Geldverleih auch nichts zu verdienen. Sprich, es wird kein Zins verdient, den man an die Sparer weiterreichen könnte. Das alte Spiel von Angebot und Nachfrage.

Aus Mangel an Alternativen: der Boom der Sachwerte

Weil man mit konservativen Geldanlagen kein Geld verdienen kann, strömen immer mehr Mittel in Aktien und Immobilien. Deshalb kennen diese Märkte seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Im Bereich der Immobilien haben wir das Problem, dass das Angebot sehr begrenzt ist. Deshalb prügeln sich die Anleger um die wenigen vorhandenen Objekte. Die Immobilienbesitzer stellen auf variable Preisschilder um. Die unterlegenen Bieter weichen in die Provinz – zum Beispiel Friedrichstadt – um.

Bei Aktien sind Menschen mit Barvermögen normalerweise unter sich (wenn man von den Spekulanten einmal absieht). Bei Immobilien gesellen sich zu den Vermögenden auch jene, welche durch das Aufnehmen von Krediten ebenfalls zahlungskräftig sind. Kostet ja nichts, so ein Kredit. Diese Menschen verschulden sich für den Kauf eines Hauses, wohl in der Hoffnung, dass die Preise immer so hoch bleiben werden.

Das wird aber mit Garantie nicht so bleiben

Was passiert aber, wenn dieser Nachfrageschub durch steigende Zinsen unterbrochen wird? Es gibt für die Folgen einer solchen Entwicklung einen Fachbegriff: Blutbad. Na, vielleicht ist es nicht ein klassischer Fachbegriff, aber er wird von Fachleuten verwendet, um zu zeigen, was uns droht. Ein Blutbad unter jenen, welche zu spät oder unter falschen Voraussetzungen investiert haben.

Was wenn die Zinsen steigen?

Wenn die Zinsen steigen, sinkt die Nachfrage nach Immobilien schlagartig. Einerseits, weil es sich viele dann doch nicht mehr leisten können, einen Kredit zu finanzieren. Andererseits, weil Anleger erkennen, dass es ein Fehler ist, einen zu hohen Anteil des Vermögens in Betongold zu investieren, das nur eine bescheidene Rendite bringt, aber u.U. mit viel Ärger verbunden ist. Diese Anleger steigen dann wieder auf Zinswerte um. Diese sind zwar auch in Zukunft nicht mehr so rentabel wie zuvor, aber zumindest leicht zu verwalten und rasch zu verflüssigen.

Eine sinkende Nachfrage führt zu sinkenden Preisen. Je nachdem, wie tief diese Preise fallen – 20 bis 30% sind mit Sicherheit nicht die untere Marke – hat dies auch Folgen für die Besitzer langlaufender Festzinshypotheken. Denn die Banken können zwar Geld aus den Nichts schöpfen, müssen dafür aber garantieren, dass die Kredite, welche sie damit finanzieren, durch passende Sicherheiten abgedeckt sind. Bei starken Marktkorrekturen werden die finanzierten Objekte deshalb neu bewertet. Das wiederum wird jene hart treffen, welche dank billigem Geld hart an der Schmerzgrenze finanziert haben.

Marging Call

Von diesen Darlehensnehmern wird die Bank verlangen, dass sie zur Sicherstellung ihrer Schulden, neue Sicherheiten bringt. Diese Nachschusspflicht (Marging Call) dürfte so manche Häuslebesitzer an die Grenzen und darüber hinaus führen.

Beispiel: Es wurde ein Haus zum Preis von 500,000 EUR gekauft. Eigenkapital 100,000 EUR. Fremdfinanzierungsgrad 80%.

Nach der Korrektur am Immobilienmarkt ist das Haus nur noch 400,000 EUR wert. Das Eigenkapital ist weg. Der Fremdfinanzierungsgrad liegt jetzt bei 100%. Die Bank muss (!!) nun verlangen, dass der Darlehensnehmer 80,000 EUR Sicherheiten bringt.

Die tiefen Zinsen haben eine dunkle Schattenseite

Wer seinen Finanzplan auf Kante genäht hat, dem dürfte es schwer fallen diesen Marging Call zu leisten. Mit Glück bleibt es bei der Notwendigkeit, das Haus mit Verlust zu verkaufen. Mit Pech führt der Stress zu Problemen im familiären Umfeld… Auf jeden Fall wird das Angebot verfügbarer Immobilien steigen, was wiederum die Preise drückt. Die nächste Runde der Neubewertungen beginnt. Je höher die Übertreibung im Vorfeld war, desto länger und härter wird der Selbstreinigungsprozess der Märkte sein.

Vielleicht fällt der bösen EZB ja etwas ein, um den Kollaps zu stoppen. Darauf wetten würde ich aber nicht. Denn zum einen hat dieses ihr Pulver schon weitgehend verschossen, weshalb ihre aktuellen Maßnahmen immer weniger Wirkung zeigen. Zum andern gehört es zum Prinzip der Geldschöpfung, dass das sogenannte Fiat Money mit Sicherheit unterlegt sein muss, um das Vertrauen in das Geldsystem zu wahren. Ein Verlust dieses Vertrauens würde zum Zusammenbruch des Systems führen.

Was will ich Ihnen damit sagen?

Die tiefen Zinsen sind verführerisch, aber kein Grund ohne Sinn und Verstand in Immobilien zu investieren. Angesicht der Preisentwicklung bei Immobilien ist der Kauf einer Immobilie aktuell eine Wette. Sie sollten dieses Spiel nur riskieren, wenn Sie über das notwendige Kleingeld verfügen, zur Not die Hälfte des Kaufpreises bar auf den Tisch zu legen. Und das nicht nur zum Zeitpunkt des Kaufes, sondern während der gesamten Laufzeit!

Hohe Immobilienpreise gefährden Ihre Altersvorsorge

Nebst den Risiken am Immobilienmarkt spricht noch ein weiterer Faktor gegen den Kauf einer überteuerten Liegenschaft: Ihre Altersvorsorge.

Nicht erst seit dem Zinstief liegt der Hauptteil der Belastung einer Immobilie nicht im Zins, sondern im Abtrag der Schulden. Wenn Sie zu viel für Ihr Haus bezahlt haben, ist dieses Geld für Ihre Altersvorsorge verloren. Dann haben Sie im Alter im günstigsten Fall zwar eine Immobilie, können diese aber kaum halten, weil ihnen das Geld für den Unterhalt fehlt. Sie können sich auch sonst nichts leisten, weil große Teile ihrer Rente für Steuern und Krankenversicherung draufgehen.

Tipp

Ein Eigenheim ist ein guter Bestandteil der Altersvorsorge. Aber nur wenn er nicht mehr als 30-40% Ihres Vermögens ausmacht! Dabei ist bei der Berechnung ein allfälliger Rentenanspruch zu kapitalisieren (Faustregel: Dividieren Sie Ihren jährlichen Rentenanspruch durch 5%).

Sie sollten also beim Kauf eines Eigenheimes etwas weiterdenken. Nur darauf achten, ob Sie sich die monatliche Rate leisten können, greift deutlich zu kurz. Diese Dinge ändern sich (Gehaltsänderung, Arbeitslosigkeit, Scheidung, etc.), das verlorene Geld aber bleibt verloren. Ein fettes Haus tröstet im Alter nicht darüber hinweg, dass sie später selbst bei Aldi auf den Preis achten müssen.

 

 

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