Die Woche vom 28. August
Neuerdings entwickelt sich „die Woche“ zu einem richtigen Revolverblatt. Natürlich nicht mit Sex and Crime, aber mit jeder Menge spannender, empörender und trauriger Geschichten. So viel Unterhaltung wie in dieser Woche war selten. Grund genug, sich auf „1621“ mit den wesentlichen Inhalten zu beschäftigen.
Der WFF unter Druck
Wenn ein Verein wie der WFF, welcher sich in erster Linie durch Weihnachts- und Osteraktionen, gesellige Weinrunden und dem öffentlichen Boulespielen einen Namen gemacht hat, öffentlich erklären muss, dass er keine politische Tätigkeiten ausübt, keine politischen Empfehlungen macht und auch nicht vorhat, daran irgendetwas zu ändern, dann schrillen bei den neutralen Beobachtern – zu welchen wir in dieser Beziehung mit Sicherheit gehören – alle Alarmglocken. Was ist vorgefallen? Für was rechtfertigt sich der Vorstand (aber eigentlich auch nicht)?
Fragen über Fragen. Meine Empfehlung: Cool bleiben, ein Bier oder ein Glas Wein trinken und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. So schlimm kann es nicht sein, wenn es außer dem Vorstand niemand bemerkt hat.
Vandalen wohin man sieht
Traurig die Leserbriefe. Sei es, weil die Bahn und die Stadt das Problem mit den Vandalen am Bahnhof nicht in den Griff bekommt oder weil die Stadt im Bereich des Badestrands selbst als Vandale auftritt. Man darf gespannt sein, ob dieser hanebüchene Unsinn noch gestoppt, bzw. in sinnvolle Bahnen gelenkt werden kann. Tipp: Folge dem Geld!
Mein Lieblingsbericht betrifft allerdings einen ganz anderen Bereich.
Gartenflohmarkt & Keramiktage
Der Tourismusverein Friedrichstadt hat sich wieder einmal selbst übertroffen. Da baut er – mit kräftiger Unterstützung von Tonalto und Markus Jung – einen wertigen Keramikmarkt auf. Für jene Leser, welche sich darunter nichts vorstellen können, sei es kurz erklärt: Wertig bedeutet, dass man ein Umfeld schafft, welches den Ausstellern (Keramikwerkstätten) erlaubt Geld zu verdienen.
Es handelt sich dabei um ein sehr delikates Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Das Angebot muss stimmen, damit die Nachfrage (in Form von zahlungskräftigen Kunden) kommt. Allerdings ist die Auswahl an Märkten groß, weshalb sich gute Keramikwerkstätten auf jene Märkte konzentrieren, wo diese Kundschaft schon vorhanden sind. Sie sehen: Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Nun hat Tonalto dank ihren exzellenten Beziehungen dafür gesorgt, dass zahlreiche Kollegen und Kolleginnen nach Friedrichstadt gekommen sind. Unter anderem deshalb, weil sie darauf vertrauen durften, dass Tonalto und Markus Jung dafür sorgen würden, dass ein ideales Umfeld geschaffen wird.
Der Tourismusverein hat seine eigenen Pläne…
Da haben die lieben Keramiker aber nicht mit dem hiesigen Tourismusverein gerechnet. Denn dieser führt bekanntlich ein Eigenleben und arbeitet nicht zwingend deckungsgleich mit den Interessen seiner Mitglieder und zahlenden Nichtmitglieder ist.
Auf jeden Fall fand der Tourismusverein, es sei eine wunderbare Idee, die Keramiktage um einen Gartenflohmarkt zu ergänzen. Weil er dabei von „Gartenflohmarkt & Keramiktage“ spricht, zeigt er auch gleich allen, wo in seinen Augen die Prioritäten liegen. Nämlich bei der Reststoffverwertung.
Zurück auf Start
Damit katapultiert der Tourismusverein die Keramiktage ohne Not in die dritte Liga. Denn kein Qualitätskeramiker / keine Qualitätskeramikerin möchte im Zusammenhang mit einem Flohmarkt genannt werden. Aus dem gleichen Grund stellen gute Werkstätten ihre Ware auch nicht auf einem Baumarkt, in einer Bahnhofsunterführung oder auf einem Kunsthandwerkermarkt aus.
Nun ist es nicht so, dass die Besucher von Gartenflohmärkten schlechte Menschen wären. Aber es sind eben nicht jene Kunden, welche wertvolle Keramik kaufen. Das schließt sich quasi per Definition aus, denn auf Flohmärkten wird gehandelt. Auf Keramikmärkten ist das aber eher nicht so gerne gesehen…
Kurz: Die zwei Kundengruppen passen nicht zusammen und sie dürfen davon ausgehen, dass es nicht die Flohmarktliebhaber sind, welche solchen Veranstaltungen fernbleiben. Damit ginge der Stadt aber genau jene Klientel verloren, welches man (also die ganze Stadt) doch eigentlich bräuchte.
Was also hat den Tourismusverein geritten, als er diesen Gartenflohmarkt ins Programm nahm? Wir können nur vermuten, dass es etwas mit dem WFF zu tun hat. Also nicht personell (obwohl die Vereinsvorsitzende auch im WFF sehr aktiv ist. Wobei die ja überall aktiv ist), sondern inhaltlich: Spaß haben, fröhlich sein, feiern. Beim Feiern kommen einem die besten Ideen. Ich bin zwar noch nüchtern, hätte aber trotzdem noch zwei Vorschläge, wie man den Keramikmarkt, bzw. den Herbstzauber aufwerten könnte: Mit einem Flohzirkus und einer Tauschbörse für Überraschungseier. Damit könnten wir uns auch endlich den österreichischen Markt erschließen, denn dort sollen diese Teile schwer angesagt sein.
P.S.
Wenn Sie sich wundern, weshalb wir hier ein falsches Veranstaltungsplakat als Titelbild verwenden, waren Sie zumindest aufmerksam. Das Bild steht symbolisch dafür, dass wir in Friedrichstadt beginnen sollten, den Pfad der Willkürlichkeit zu verlassen. Es ist Zeit sich für Qualität und Einzigartigkeit zu entscheiden. Dann wäre die Stadt nicht mehr eine billige Kopie von Amsterdam oder dem Gut Bissenbrook, sondern einfach nur Friedrichstadt. Die Perle zwischen Eider und Treene.
Vielleicht muss man aber jetzt auch mal die Kirche im Dorf (nichts anderes ist Friedrichstadt) lassen. „Die Woche“ ist nun mal, ob es einem gefällt oder nicht, das Kommunikationsmedium schlechthin für die Friedrichstädter. Die Überschriften der Artikel werden gerne von der Woche-Redaktion selbst gemacht, das habe ich auch schon leidvoll erfahren müssen.
Ich stimme Dir in vielen Deiner Ansichten zu, Sidney. Nur zum Herbstzauber mit Keramikmarkt möchte ich eine Anmerkung machen. Wer sich einer gut funktionierenden und hervorragend besuchten, seit vielen Jahren bestehenden Veranstaltung (Herbstzauber) mit einer Parallelveranstaltung (Keramikmarkt) anschließt, um auf alle Fälle Publikum zu haben und einen Flop diesmal unbedingt ausschließen möchte, sollte sich hinterher nicht beschweren, wenn es einen Gartenflohmarkt im Rahmen des Herbstzaubers gibt.
Ich finde, das passt sehr gut zum Herbst und ist ein schönes Angebot für die Friedrichstädter. Das Keramik-Publikum wird deshalb nicht ausbleiben, da das Interessenfeld vollkommen anders ist und gegen die Eitelkeiten der Aussteller ist sowieso kein Kraut gewachsen. Vielleicht hätte der Keramikmarkt doch einen eigenen Termin verdient.
Die Diskussion ist eröffnet… Ich selber schalte mich vielleicht später noch einmal ein, aber eigentlich bin ich hier nicht der Angesprochene.
Noch eines wegen der Kirche: Da hast Du leider Recht. Habe ich nicht berücksichtigt. Gefällt mir aber trotzdem, weil es polemischer klingt und man das Problem besser auf den Punkt bekommt. Aber richtig fair ist es genau genommen nicht.
Moin Sabine,
ich danke Dir für Deinen Beitag, der mir zeigt, dass Du die Veranstaltung noch nicht so richtig begriffen hast. Ich vermute auch, dass du Dir nicht einmal die Mühe gemacht hast, mit so richtig offenen Augen über die KERAMIK-TAGE 2018 zu gehen. Der Herbstzauber ist erst einigermaßen erfolgreich, seit er auf dem Markt stattfindet und mit Trachten und Tanz eine deutliche Aufwertung und ein Profil erfahren hat.Vorher war es ein langweiliges Dahindümpeln mit mäßigen Besucherzahlen – zufällige Mischung aus Bauernmarkt, Waffelbude, Bratwurst und bisschen Kunsthandwerk… – ohne Gesicht.
Wie Dir ja bestens bekannt ist, sind wir seit 5 Jahren im Ort und mittendrin und wir kriegen das mit. Der Gedanke, den Grünen Markt für einen Keramikmarkt zu nutzen, entstand im Gespräch mit dem Tourismusverein, der die Chancen und Möglichkeiten sofort erkannt und zugestimmt hat. Ich sage Dir ganz ehrlich, wir hatten eine Riesenangst, dass das floppt, waren uns aber einig, auf hohe Qualität zu setzen, die man auch erst wirklich verstanden hat, als die Keramikerkolleg*innen aufgebaut hatten. Alle 20 aus dem letzten Jahr, sind gekommen, weil sie Maria kannten, und nicht weil Friedrichstadt so schön ist. Fast alle kommen in diesem Jahr wieder und fahren zum Teil über 600 KM – und das machen sie, weil es sich gelohnt hat – und es kommen diesmal 32, also 12 neue. Für 2020 haben wir Anfragen bis weit über 40 Kolleg*innen insgesamt. Auch die Kollegen im Ort haben wir 2018 eingeladen – und sie haben sofort schwerstbedenkentragend abgewunken.
Der Tourismusverein sprach vor September 2018 von 5000 potentiellen Besuchern. Die würden für einen Keramikmarkt dieser Größe nicht ausreichen. Wir brauchen mindestens 10.000 – 15.000, damit entsprechende Umsätze bei allen Ausstellern zu Stande kommen. Jetzt brauchst Du nur noch zu rechnen. Und Du kannst damit rechnen, dass es in diesem Jahr nicht nur zeitweilig keine Parkplätze mehr im Außenbereich geben wird. Zusätzliche Parkflächen sind schon ausgewiesen. „Trachten und Ton“ profitieren bestens voneinander, weil die Kombination einmalig ist – und da sind wir richtig froh. Und ganz nebenbei noch eine Rechenaufgabe: 32 Keramiker spülen pro Stand à 3m 100 – 110 EURO in die Kasse des Tourismusvereins und manche haben mehr als 3 m gebucht. Die Organisation machen wir übrigens ehrenamtlich. Die einzige Vergütung ist unser kostenloser Standplatz. Das ist Teil der Kooperation mit der TI und der Dank dafür, dass alle organisatorischen Parameter bereits gegeben sind.
Ich habe im Übrigen prinzipiell nichts gegen einen Flohmarkt im Rahmen des Herbstzaubers, nur die Planung für den Herbstzauber läuft seit Ende letzten Jahres, und jetzt zaubert irgendjemand ein Kaninchen aus dem Hut, das hinten keine Beine hat, und versucht den Eindruck zu erwecken, Teil des Gesamtplanes zu sein. Das hätte man langfristig anders integrieren können. Das nervt und ist in höchstem Maße unprofessionell – und auch ein Stück weit gefährlich, da es eine Beliebigkeitskomponente hat, die kaum an Langweiligkeit zu überbieten ist.
Ich könnte ja auch sagen, ein spontaner Gartenflohmarkt passt bestens zur Kulturnacht, weil man da ja sowieso in viele Häuser reinkommt. Und Flohmarkt ist auch Kulturgut. Das würdest Du ganz bestimmt nicht gut finden. Lass uns dieser schönen Idee doch einen eigenen passenden Veranstaltungsplatz geben. Dann werden wir sehen, ob es funktioniert, auch ohne trittbrettfahren, was der Gartenflohmarkt, so wie er jetzt angedacht ist, definitiv tut. (Da warten noch Aufgaben!)
Es wird den Umsätzen der Keramiker keinen Abbruch tun, aber dem Image der Veranstaltung schaden, wenn man es wie in der Woche bewirbt; denn Beliebigkeit hatten wir doch wohl genug bisher…
Und noch ein Wort zur Woche: Wenn man deutlich sagt, was man will, dann machen die das auch so… Ich habe da keine Probleme. Ich hoffe, ich konnte Dir einen detailreichen kleinen Einblick in die Fakten verschaffen. Da Du ja mal geäußert hast, dass Friedrichstadt mit drei Keramikern ja schon eine Töpferstadt sei, müsstest Du doch eigentlich als erste froh sein, wenn der Ort das mit einem erfolgreichen Keramikmarkt über die Jahre auch wird und damit eine Brücke in die Zukunft baut.
Wunderbar, die Diskussion verläuft in etwa so wie ich das erwartet habe. Da prallen zwei Welten aufeinander und das Erstaunliche daran ist: Beide haben Recht. Irgendwie.
Das Problem ist einfach, dass wir von zwei unterschiedlichen Dingen sprechen. Während Sabine Bolland den Herbstzauber tendenziell als lokale Angelegenheit für die Bevölkerung betrachtet, denkt Markus Jung in professionellen Dimensionen.
Faszinierend.
Aber genau genommen, Sabine, sind Deine Einwürfe zwar richtig und man könnte die Dinge so organisieren. Wenn man es denn wollte. Aber es gibt einen wesentlichen Faktor, den Du dabei übersiehst: Der Herbstzauber wird vom Tourismusverein organisiert.
Der Herbstzauber ist eine kommerzielle Veranstaltung
Leider liegt mir keine aktuelle Satzung vor und der Verein präsentiert sich im Netz auch sonst miserabel. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass es seine Aufgabe ist, die eigene Bevölkerung zu belustigen. Denn die originäre Aufgabe von Tourismusvereinen ist in der Regel, den lokalen Tourismus zu fördern. Also Gäste anzuwerben und für möglichst viel Umsatz zu sorgen. Ohne diese Zielsetzung macht ein Tourismusverein, welcher sich unter anderem aus einer Art Steuer finanziert, keinen Sinn.
Daraus schließe ich, dass der Herbstzauber eine professionelle Veranstaltung ist, welche möglichst viele Gäste (und wenn der Verein wirtschaftlich denken würde) und ein möglichst zahlungskräftiges Publikum anziehen sollte.
Tut er aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und genau diese kann der Tourismusverein nicht selbst anbieten, sondern greift dazu auf die Hilfe von Tonalto / Markus Jung zurück. Das ist legitim und nutzt am Ende beiden.
Der Tourismusverein ist beziehungsunfähig
Innerhalb einer solchen Partnerschaft kann es aber nicht sein, dass die eine Seite ohne Rücksprache mit der anderen kurzfristig die Spielregeln so ändert. Und das im Spielfeld des Andern!
Und jetzt bin ich wieder bei Dir: Unter den gegebenen Umständen würde ich mir überlegen, die Keramiktage auf ein anderes Datum und ggf. an einen anderen Ort zu verlegen. Allerdings braucht so etwas eine Vorlaufzeit von mehr als einem Jahr und würde dazu führen, dass die unzweifelhaft vorhandenen Synergien mit dem Herbstzauber und dem Tourismusverein verloren gingen.
Eigentlich müsste der Tourismusverein auch so denken, wenn er bei klarem Verstand irgendeinen Plan verfolgen würde. Tut er aber nicht, weshalb er es immer wieder schafft, seine natürlichen Partner zu vergraulen.
Moin Sidney,
es gibt leider noch einen Aspekt, der nicht vergessen werden darf. Egal ob auf dem „Steinernen Markt“ oder auf dem „Grünen Markt“ – dort bauen Menschen Ihre Stände oder Verkaufswagen mit Waren und Produkten auf, weil Sie davon leben und Handel und Handwerk professionell betreiben. Gartenflohmarkt ist, wie im Artikel beschrieben, Speicher und Garage ausmisten und Kram für kleines Geld verhökern – das aber nicht als Lebensnotwendigkeit, sondern ohne Not just for fun… Und sowas braucht eigene Veranstaltungsplätze, einen Bauernmarkt, ein Stadtfest, Hafentage, einen Vrijmarkt zum holländischen Königsgeburtstag, Volksfeste oder einen Bürgerflohmarkt in der ganzen Stadt, dann ist es vollkommen okay.
In der aktuell angedachten Kobination ist das gruselig und in höchstem Maße kontraproduktiv für ein Markt- oder Veranstaltungsimage, das mal eine Markke werden soll…
Wir haben von vielen Geschäftsleuten 2018 ein Lob für das Engagement bekommen, da sich auch im Städtchen der Besucherstrom wohl zahlend bemerkbar gemacht hat. Schnäppchenjäger werden hingegen kaum Geld für Essen, Trinken oder hochwertige Produkte im Ort lassen…
Moin Sidney,
verlegen ist überhaupt keine Option, denn hier sind die organisatorischen Abläufe aller ausstellenden Keramiker entscheidend, die bereits zum Ende des Jahres meist die komplette Marktplanung für das kommende Jahr fertig haben. Jeder hat über die Saison eine Menge Märkte.
September ist gerade die Zeit, wo die meisten Kollegen langsam in die Nebensaison gehen und das entsprechende Zeitfenster frei haben. Später im Jahr ist Harakiri, Du weisst doch wie das Wetter hier ist. Also insgesamt eine eher nicht tragende Idee, weder für die KERAMIK-TAGE noch für die Stadt – da gibt es leidvolle Erfahrungswerte in der Keramikerwelt.
Andere kleine lokale Events, die hier bei schlechtem Wetter ausfallen, oder die man auch kurzerhand in die Bar des Aquariums umleiten kann u.ä. sind für´s Verlegen besser geeignet…