Umweltschutz & Imagebildung

Standortvorteil Dörpsmobil

Wussten Sie schon, dass sich die Welt nicht um das Corona-Virus dreht? Tatsächlich gibt es noch andere Themen, welche es eigentlich verdient hätten, dass man ihnen die Aufmerksamkeit schenkt. Zum Beispiel die sogenannte Klimakatastrophe. Das „sogenannt“ habe ich bewusst gewählt, weil diese ja bekanntlich erst bewiesen ist, wenn sie da ist. Also dann, wenn jährlich mehr alte und herzschwache Menschen am Hitzetod sterben, wie heuer am Covid-19 Virus. Und das dürfte vermutlich gar nicht mehr so lange dauern. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, möchte ich Ihnen eine Idee vorstellen, welche weder neu noch von mir ist: das Dörpsmobil.

Andere haben bereit Erfahrungen mit dem Dörpsmobil

Wir haben auf 1621.sh schon einmal von Karen Hansen aus Horstedt berichtet, welche bewiesen hat, dass man auch als CDU Politikerin nicht zwingend in der Vergangenheit leben muss. Ihrem Einsatz (und jenem ihrer Mitstreiter/innen) war es zu verdanken, dass die kleine Gemeinde Horstedt ein Dörpsmobil eingeführt hat. Leider ist unsere Bürgermeisterin zwar irgendwo in der CDU, aber eben nicht aus Horstedt, weshalb das Dörpsmobil bisher in Friedrichstadt ein rein grünes Thema geblieben ist.

Ich möchte nachfolgend eine Ideenskizze zeichnen, wie man mit einem gut organisierten Dörpsmobil-Konzept viele Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte. Und sie werden dabei sehen, dass „grün“ nicht zwingend wirtschaftsfeindlich ist.

Wo liegt das Problem?

Das eigene Auto ist Deutschlands liebstes Kind. Es anzugreifen bedeutet einen politischen Selbstmord. Zumindest wenn man politisch im Zentrum der Gesellschaft verortet ist. Dabei ist das Auto schon lange kein reiner Segen mehr. Das liegt nicht allein an den über 3000 Unfalltoten im Jahr (Corona-sei-Dank dürfte dieser Wert in diesem Jahr deutlich tiefer liegen!). Daneben führen Lärm, Stickoxide (und andere Gase), sowie Feinstaub zu einer Vervielfachung der Opferzahl. (Lesen Sie hierzu einen Beitrag in der ZEIT: Die ungezählten Toten)

Und das sind nur die Menschen. Nicht erwähnt sind die Opfer auf der Seite der von Fauna und Flora. Es ist auch noch nicht erwähnt, welcher indirekte Schaden unsere Mobilität fordert. Die zunehmende Versiegelung der Böden. Die Belastung der Erde, welche durch die Produktion der Fahrzeuge und die Gewinnung der für den Bau und Betrieb notwendigen Rohstoffe.

Kurz: Es gäbe mehr als genug Gründe, diese große Liebe zu hinterfragen.

Dies ist kein Versuch Autofahrer zu bekehren

Aber keine Angst. Ich will sie nicht bekehren. Schließlich gehöre ich selbst ja auch zu den Großsündern und habe kein Recht, mit dem Finger auf andere Sünder zu zeigen. Es geht also in diesem Beitrag weder darum, die Mobilität per so zu verteufeln noch irgendeinen Sündenbock (SUV!) zu bezeichnen. Mit dem Dörpsmobil soll vielmehr der Schaden in Grenzen gehalten, bzw. die Situation verbessert werden. Und wenn wir schon dabei sind, uns über Mobilität Gedanken zu machen, könnten wir auch versuchen, notwendige Veränderungen so zu gestalten, dass wir uns am Ende über die Mobilität hinaus große Vorteile erarbeiten.

Was ist ein Dörpsmobil?

Bekanntlich haben Autos einen großen Nachteil: Es steht meistens still. Genau genommen sind sie während 90% der Zeit nicht in Betrieb. Jetzt könnte man argumentieren, dass es dann ja auch keinen Schaden anrichtet. Dem ist aber leider nicht so.

Ein Auto verbraucht nicht nur Ressourcen, wenn es fährt, sondern der Großteil seiner Belastung entsteht, wenn es produziert und entsorgt wird. Es ist deshalb sowohl aus ökologischer wie auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll, möglichst wenige Fahrzeuge zu produzieren und leer herumstehen zu lassen. Diesen Punkt muss man in meinen Augen nicht weiter diskutieren.

Es ist aber bis auf weiteres illusorisch zu glauben, die Bevölkerung sei bereit, sich von ihrem Auto zu trennen. Zumindest nicht vom Erstwagen. Das Dörpsmobil ist deshalb nicht als Ersatz für den Erstwagen zu sehen, sondern als eine Alternative für den Zweitwagen. Ziel ist es, möglich viele Menschen einen Anreiz zu geben, auf eben dieses Zeitfahrzeug zu verzichten.

Ein Dörpsmobil garantiert die Mobilität bei Bedarf

Damit die Bürger*innen auf dieses Komfortfahrzeug verzichten, steht ihnen bei Bedarf ein einfach zu mietendes, leicht verfügbares Dörpsmobil zur Verfügung. Das ist zwar einen Hauch aufwendiger, als in den eigenen Zweitwagen zu hüpfen. Wenn wir das Angebot richtig organisieren, wird der Verlust an Komfort, durch einen deutlichen finanziellen Vorteil ausgeglichen. Und den ökologischen Faktor gibt es dann noch kostenlos obendrauf.

Damit das funktionieren kann, bräuchte Friedrichstadt natürlich mehrere Autos, welche als Dörpsmobil bereitgestellt werden. Zum einen, weil es keine Angebotslücken (zum Beispiel bei Wartung, Pannen und sonstigen Betriebsunterbrüchen) geben darf. Zum andern müssen die Nutzer darauf vertrauen können, dass das Dörpsmobil nicht dauern besetzt ist. Denn wenn diese Lücken zu groß, bzw. die Versorgungssicherheit zu niedrig ist, werden sich die Menschen nicht darauf einlassen.

Carsharing ist in Großstädten schon fest etabliert. Aber dort sind die Voraussetzungen besser. So gibt es dort einen engmaschigen ÖV, welcher sicherstellt, dass man auch ohne eigenes Auto im näheren Umfeld von A nach B kommt. Dies ist in einer kleinen Landgemeinde nicht gegeben. Das zwingt dazu, mehr Kapazitäten bereit zu stellen.

Rechnet sich ein solcher Fuhrpark?

In Horstedt hat sich das Dörpsmobil nicht wirklich gerechnet. Dank Zuschüssen, Werbeverträgen und anderen Spenden konnte ein kostendeckender Betrieb in etwa dargestellt werden. Aber Reserven, welche für die Ersatzbeschaffung unabdingbar sind, lagen bisher nicht drin.

Das wäre auch in Friedrichstadt nicht anders. Deshalb müssen wir größer denken und weitere Vorteile aus dem Konzept ziehen („gross denken“, das passt doch zu Friedrichstadt…!).

So könnte die Stadt auf ein eigenes Fahrzeug verzichten. Sicher, die Bürgermeisterin müsste dann Abstriche beim Markenimage hinnehmen, was ihr vermutlich schwerfallen dürfte. Aber das Allgemeinwohl geht vor Angeberei.

Vor allem aber müssten wir das Dörpsmobil (besser die Dörpsmobile) dazu nutzen, dem Tourismusstandort Friedrichstadt einen Schub zu verleihen. Wer in Schleswig-Holstein Urlaub macht, ist auf eine überdurchschnittliche Mobilität angewiesen. In Spanien mag es angehen, dass man Tag für Tag vom Hotel direkt an den Strand geht. An der Nordsee dürfte das eher die Ausnahme sein. Denn weder das kalte Meer noch das unsichere Wetter laden wirklich dazu ein. Gerade Friedrichstadt profitiert davon, denn die meisten unserer Gäste sind Tagestouristen aus richtigen Ferienorten.

Friedrichstadt – das Tor zur Nordseeregion

Wenn wir dieser Tatsache Rechnung tragen würden und unser Angebot entsprechend anpassen, wäre dies eine gute Möglichkeit zur Profilierung und zur Stärkung der Anziehungskraft von Friedrichstadt für echte Feriengäste.

Eine kleine Dörpsmobil-Flotte könnte als Botschaft verwendet werden, dass Friedrichstadt ein idealer Standort für Nordfriesland ist, weil man einfach an die wichtigsten Orte gelangen kann. Entweder mit dem Zug, dem Bus oder bei Bedarf mit einem kostengünstigen, einfach zu mietenden Fahrzeug.

Wenn wir die Dörpsmobile für Touristen freigeben, können wir deren Auslastung stark verbessern, die Finanzierungsbasis verbreitern und könnten Vorreiter für einen Tourismus werden, welcher umweltfreundlicher, leiser und platzsparender wäre. Vorreiter mit einer Botschaft, welche sich ohne großen finanziellen Aufwand medienwirksam verbreiten lässt…

Welche Betriebsart darf es denn sein?

Dörpsmobil Elektromobil FriedrichstadtApropos umweltfreundlich: In der Regel sind Dörpsmobile heute elektrisch unterwegs. Persönlich sehe ich das nicht so eng. Mein persönlicher Favorit wäre ein Fahrzeug mit Wasserstoff, was in unsere Region zur Verwertung von Stromüberschüssen, eine sinnvolle Alternative wäre. Aber auch klassische Verbrennungsmotoren sind für mich kein eigentliches Tabu. Von der Ökobilanz her möglicherweise suboptimal, aber wenn es ein paar Zweitwagen ersetzt, immer noch ein klarer Fortschritt. Auf der Positivseite wäre aber ein sanfter Übergang für Gewohnheitstiere zu nennen, während auf der Negativseite der Marketingeffekt leiden würde. Aber zum Anfixen und aus Kostengründen wäre es für eine gewisse Übergangszeit sicherlich ein Thema.

Mit dem Dörpsmobil allein ist es noch nicht getan

Aber mit dem Dörpsmobil allein ist es noch nicht getan. Wir müssten – mit und jenseits des Tourismus – ein plausibles Verkehrskonzept entwickeln. Es gilt die Frage zu beantworten, wie die vielen Tagestouristen auch ohne Auto zu uns kommen können. Und da sind natürlich noch die Berufspendler, welchen wir eine intelligente Lösung anbieten sollten, damit deren Erstwagen zuhause bleiben kann.

Vielleicht müssen wir – zusammen mit der Region – den ÖPNV neu denken. Intelligente Lösungen für Carpooling anbieten oder uns als Pilotregion für autonomes Fahren aufdrängen. Auf jeden Fall müssen wir uns Gedanken darüber machen, welchen Verkehr wir in der Stadt haben wollen und welchen nicht. Denn eine glaubwürdige Vorreiterin für effiziente Verkehrsnutzung sollte sich die eigene touristisch genutzte Stadt nicht durch eine Blechlawine verschandeln lassen.

Das Thema wird uns so oder so beschäftigen

Natürlich müssen wir dieses Thema nicht sofort angehen. Wir haben noch genügend Zeit, uns um wichtigere Themen, wie das Treenebad (man denke nur an den KATASTROPHALEN Zustand der Anlagen), die Hausboote oder die Ausweitung des Hundebadestrandes zu kümmern…

Wir werden diese Konzepte in ein paar Jahren sowieso bearbeiten müssen. Denn wenn das Klima sich weiter in dem Tempo verändert, wie das laut allen Daten aktuell der Fall ist, werden wir nicht mehr darum herumkommen, uns den Tatsachen zu stellen. Nur, wenn wir es heute tun, können wir das Ganze für unsere Zwecke nutzen und den Standort attraktiver machen. Wenn alle auf der Welle schwimmen, wird man von uns keine besondere Beachtung mehr schenken.

Aber das sind wir uns ja schon seit 400 Jahren gewohnt.