[vc_row][vc_column][vc_column_text css=“.vc_custom_1571231294732{margin-bottom: 0px !important;}“]Am 22. Oktober 2019 findet in der Kultur- und Gedenkstätte ehemalige Synagoge, am Binnenhafen 17, eine Einwohnerversammlung statt. Der geplante Inhalt der Veranstaltung ist eine Information über den Baumschutz- und Pflegemaßnahmen, ein Bericht zum Masterplan Tourismus und geplante Baumaßnahmen der Stadt. Das spannende an einer Einwohnerversammlung ist aber nicht, was das Rathaus plant, sondern welche Möglichkeiten diese Veranstaltung den Bürgern bietet. Tatsächlich hat das politische Instrument der Einwohnerversammlung den Einwohnern deutlich mehr zu bieten, als die Tagesordnung es verrät. Um das zu verstehen, müssen wir uns aber kurz mit der Satzung auseinandersetzen.[/vc_column_text][vc_column_text css=“.vc_custom_1571231405203{margin-bottom: 0px !important;}“]

§8

Einwohnerversammlung

(zu beachten: § 16 b GO)

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_accordions][vc_accordion_tab title=“Einberufung“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571231868837{margin-bottom: 0px !important;}“](1) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister beruft einmal im Jahr eine Versammlung der Einwohnerinnen und Einwohner ein. Das Recht der Stadtverordnetenversammlung, die Einberufung einer Einwohnerversammlung zu verlangen, bleibt unberührt. Die Einwohnerversammlung kann auch begrenzt auf Ortsteile durchgeführt werden.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][vc_accordion_tab title=“Tagesordnung“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571231918622{margin-bottom: 0px !important;}“](2) Für die Einwohnerversammlung ist von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister eine Tagesordnung aufzustellen. Die Tagesordnung kann aus der Einwohnerversammlung ergänzt werden, wenn mindestens 5 % der anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner einverstanden sind. Zeit, Ort und Tagesordnung der Einwohnerversammlung sind öffentlich bekannt zu geben.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][vc_accordion_tab title=“Leitung“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571231979950{margin-bottom: 0px !important;}“](3) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister leitet die Einwohnerversammlung. Sie oder er kann die Redezeit bis zu 5 Minuten je Rednerin oder Redner beschränken, falls dies zur ordnungsmäßigen Durchführung der Einwohnerversammlung erforderlich ist. Sie oder er übt das Hausrecht aus.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][vc_accordion_tab title=“Anträge“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571232138720{margin-bottom: 0px !important;}“](4) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister berichtet in der Einwohnerversammlung über wichtige Angelegenheiten der Stadt und stellt diese zur Erörterung. Einwohnerinnen und Einwohnern ist hierzu auf Wunsch das Wort zu erteilen. Über Anregungen und Vorschläge aus der Einwohnerversammlung ist offen abzustimmen. Vor der Abstimmung sind die Anregungen und Vorschläge schriftlich festzulegen. Sie gelten als angenommen, wenn für sie die Stimmen von mindestens 70 % der anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner abgegeben werden. Eine Abstimmung über Anregungen und Vorschläge, die nicht Angelegenheiten der Stadt betreffen, ist nicht zulässig.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][vc_accordion_tab title=“Protokoll“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571232228653{margin-bottom: 0px !important;}“](5) Über jede Einwohnerversammlung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift muss mindestens enthalten:

  1. die Zeit und den Ort der Einwohnerversammlung,
  2. die Zahl der teilnehmenden Einwohnerinnen und Einwohner,
  3. die Angelegenheiten, die Gegenstand der Einwohnerversammlung waren,
  4. den Inhalt der Anregungen und Vorschläge, über die abgestimmt wurde

und das Ergebnis der Abstimmung.

  1. Die Niederschrift wird von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister und

der Protokollführerin oder dem Protokollführer unterzeichnet.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][vc_accordion_tab title=“Behandlung von Anträgen“][vc_column_text css=“.vc_custom_1571232362512{margin-bottom: 0px !important;}“](6) Anregungen und Vorschläge der Einwohnerversammlung, die in der Stadtverordnetenversammlung behandelt werden müssen, sollen dieser zur nächsten Sitzung zur Beratung vorgelegt werden.[/vc_column_text][/vc_accordion_tab][/vc_accordions][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text css=“.vc_custom_1571234301532{margin-bottom: 0px !important;}“]

Warum geht es eigentlich?

Bei einer Einwohnerversammlung geht es also um Information, Austausch und Mitbestimmung. Leider interpretieren die einladenden Bürgermeister, bzw. die aktuell einladende Bürgermeisterin den §8 nicht zwingend im Sinne der Einwohnerschaft:

Die Rechte

In §8 der Hauptsatzung der Stadt Friedrichstadt wird der amtierenden Bürgermeisterin eine klare Rolle zugewiesen: Organisation, Leitung, Berichterstattung, Auskunft. Weil die Tagesordnung, zumindest in der Basisversion, von der Bürgermeisterin entworfen wird, hat sie zwar die Möglichkeit eigene Akzente zu setzen. In der Veranstaltung selber hat sie aber genau genommen nur Pflichten. Im Gegensatz dazu, haben die Einwohner nur Rechte: Fragen stellen, Anträge einreichen, Entscheidungen treffen. Diese Rechte werden aber faktisch beschnitten, wenn die Tagesordnung keinen Raum mehr für die Anliegen der Einwohner lässt. Ob dies aus Angst vor der Leere geschieht oder wegen der fehlenden Bereitschaft, der Bevölkerung ein Forum der Mitsprache zu bieten, ist am Ende eine Frage des Standpunktes. So oder so führt es dazu, dass die Bürgerbeteiligung eingeschränkt wird.

Verantwortung

Die Einwohnerversammlung ist ein mächtiges Instrument der kommunalen Mitbestimmung. Die Einwohner sollten sich dessen bewusst sein und ihr Recht pflegen (durch Teilnahme), nutzen (durch aktive Eingaben) und schützen (durch Einfordern).

Tun sie aber nicht. Die jährliche Durchführung dieser Zusammenkunft ist gemäß §8 der Hauptsatzung von Friedrichstadt eine Pflicht. Dass sich die Bürgermeisterin darüber hinwegsetzt, scheint die Bürger nicht weiter gestört zu haben. Zumindest ist der Sturm der Entrüstung nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Auch die Tatsache, dass das Bürgermeisteramt die Veranstaltung mehr oder minder zur Nabelschau und Selbstdarstellung missbraucht, statt Rechenschaft abzulegen und das Gespräch zu suchen, darf man als Bürger und Bürgerin eigentlich nicht so hinnehmen (Dazu mehr in einem Folgebeitrag). Wir müssen als BürgerInnen für unsere Rechte einstehen. Wenn wir es nicht auf kommunaler Ebene tun, werden unsere demokratischen Rechte auch in anderen, vermeintlich wichtigeren Bereichen mehr und mehr eingeschränkt.

Das Potenzial

Es reicht aber nicht aus, nur darauf zu achten, dass Bürgerversammlung formell korrekt abläuft. Man muss sich auch einbringen. Und es braucht die Bereitschaft jenen, die sich einbringen, zumindest mit einer gewissen Offenheit zu begegnen. Ein Einwohnerplenum, an welchem nur abgenickt wird, was die Lokalpolitik vorträgt, braucht kein Mensch. Dafür haben wir die Stadtverordnetenversammlung. In der Einwohnerversammlung müssen vielmehr unterschiedliche Ansichten, Einsichten, Meinungen und Ideen ausgesprochen und präsentiert werden. Schließlich ist es der einzige Ort, wo dies in öffentlicher Form möglich (und theoretisch) gewünscht ist.

Basisdemokratischer Ansatz mit Sicherungsbremse

Woran man das sieht? Weil nur 5% der Anwesenden zustimmen müssen, um eine solche Diskussion zu starten. Dass dazu so wenig Stimmen notwendig sind, beweist den demokratischen Charakter der Veranstaltung. Um eigenen Anträgen eine faktische Wirkung zu verleihen (dass sie also an die Stadtverordnetenversammlung weitergeleitet werden), sind 70% der anwesenden Stimmen notwendig. Das ist viel, aber es gibt gute Gründe, weshalb dem so ist. Es schützt die Stadt vor allzu spontanen Volksentscheiden. Für diejenigen, welche einen Antrag eingeben, bedeutet dies, dass sie sich besser vorbereiten müssen und ihre Argumente wirklich gut sind. Auch das schadet der Stadt keineswegs. Im Gegenteil – man würde sich wünschen, dass diese Form der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung generell zum Standard der Lokalpolitik gehört.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]