Kommunalwahl 2023 (Teil II, Wirtschaft)
Schließt den Laden von Fleischer Nehlsen!
Man muss nicht zwingend Vegetarier oder Veganer sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass die konsequente Fortsetzung der Wirtschaftspolitik der aktuellen Stadtführung dazu führt, dass der Betrieb von Frank Nehlsen an der Prinzenstraße geschlossen werden muss. Denn das Fleischereifachgeschäft steht den übergeordneten Zielen der Stadt schlicht und ergreifend im Wege! Zumindest Teilerfolge in dieser Richtung konnten schon erzielt werden.

In diesem Beitrag geht es natürlich nicht um die Ernährungsgewohnheiten der Friedrichstädter Bevölkerung. Und auch nicht wirklich um Frank Nehlsens Fleischerei. Wir wollen uns vielmehr der Frage stellen, ob die Kommune tatsächlich Wirtschaftspolitik betreiben sollte und wenn ja, welche Ziele Sinn machen und welche nicht.
Später analysieren wir hier die Aktivitäten der aktuellen Stadtführung und deren tatsächliche Auswirkungen. Und ganz zum Schluss widmen wir uns jenen Akteuren, welche keine Politik, sondern Wirtschaft betreiben.
Basteln für Anfänger
Wer Politik betreibt, möchte in der Regel gerne gestalten. Leider verhält es sich bei der politischen Arbeit aber so wie bei der Kunst: Nur weil man malen, kneten, schweißen oder Wörter aneinanderreihen kann, ist das Ergebnis noch lange kein Kunstwerk. Entsprechend bescheiden ist die Erfolgsquote, wenn Politiker und Politikerinnen gestalterisch tätig werden.
Wenn es sich nur um ein zweifelhaftes künstlerisches Talent handeln würde, wäre ja alles nicht so schlimm. Aktive Wirtschafts- oder Standortpolitik ist jedoch meist mit beträchtlichen Investitionen verbunden. Fehler können die Allgemeinheit, also die Steuerzahler, rasch sehr teuer zu stehen kommen. Einmal ganz abgesehen von den Schäden an Umwelt und Heimat.
Deshalb ist es wichtig, dass man sich einerseits auf jene Projekte beschränkt, welche eine große Erfolgschance versprechen und sich andererseits Ziele steckt, welche im Regelfalle ausschließlich den Kernbereich des städtischen Aufgabengebietes abdecken.
Allzu viele mögliche Ziele für eine aktive Wirtschaftspolitik gibt es für eine kleine Stadt wie Friedrichstadt in diesem Zusammenhang allerdings nicht:
- Wenn es in der Stadt zu wenig Arbeit gibt und die Menschen in Lohn und Brot gebracht werden müssen.
- Das Steueraufkommen nicht ausreicht, den städtischen Haushalt zu decken und die vorhandenen Schulden abzubauen.
- Die Stadt eines natürlichen Todes stirbt, weil die Jugend abwandert und die älteren Menschen zurückbleiben.
Ziel 1: Arbeitsplätze schaffen – Nur für wen genau?
Und jetzt kommen wir zu Frank Nehlsen. Dessen Fleischerfachgeschäft an der Prinzenstraße ist der letzte der beiden verbliebenen Grundversorger in der Innenstadt. Sein Laden ist auch dann noch offen, wenn die meisten anderen Geschäfte in der Umgebung im tiefen Winterschlaf liegen.
Allerdings hat er die Öffnungszeiten im vergangenen Jahr reduzieren müssen. Nicht etwa, weil die sinkende Nachfrage dies erfordert hätte, sondern weil es ihm an Arbeitskräften mangelt.
Der Mangel an qualifizierten oder zumindest brauchbaren Arbeitskräften ist das Hauptproblem des Wirtschaftsstandorts Friedrichstadt. Nicht nur bei der Fleischerei Nehlsen, sondern generell. Wenn die Stadt mit ihren Plänen einen Ausbau des touristischen Angebotes forciert, verstärkt sie dieses Problem weiter. Oder anders ausgedrückt: Sie führt damit einen Kampf gegen das bestehende Gewerbe. So einfach ist das.
Nun könnte man anführen, dass dieses Problem durch den Zuzug von auswärtigen Arbeitskräften gelöst werden könnte. Wer so argumentiert, zeigt ein fehlendes Verständnis für die Gesamtzusammenhänge:
Nicht nur in Friedrichstadt herrscht ein Mangel an geeignetem Arbeitspersonal. Auch an deutlich attraktiveren Arbeitsorten fehlt es an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Wo genau sollen die Zuzügler wohnen?
Selbst wenn es aber gelingen würde, zusätzliches Personal zu gewinnen: Wo würden diese wohnen? Weder gibt es genügend Wohnraum, noch ist dieser bezahlbar. Und schon gar nicht auf dem Lohnlevel, den ein zweitklassiger Tourismusstandort bieten kann. Natürlich kann man seine Mitarbeiter aus Asien einfliegen lassen und in Zimmern unterbringen. Aber ist es die Aufgabe der Stadt, eine solche Entwicklung zu fördern?
Angenommen, die zusätzlichen Arbeitskräfte würden nicht hier wohnen, sondern nur hier arbeiten. Dann stellt sich die Frage, wie sie nach Friedrichstadt kommen. Mit dem ÖV? Oder doch eher mit dem Auto? Und wenn Letzteres: Wo werden diese Fahrzeuge abgestellt? (Zwischenfrage: Erkennen Sie den Zielkonflikt mit der Verkehrspolitik, welche die aktuelle Bürgermeisterin gleichzeitig betreibt?)
Frank Nehlsen muss weg!😉
Will man also den Tourismusstandort Friedrichstadt weiter ausbauen, wäre es das Beste, wenn Frank Nehlsen, einer der größten Arbeitgeber der Stadt, seinen Laden dicht machen würde. Dann stünden seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem von der Stadt präferierten Wirtschaftssektor Tourismus zur Verfügung, ohne dabei einen zusätzlichen Bedarf an Wohn- und Parkraum zu produzieren…
Diese Forderung ist natürlich Unsinn. Genau so unsinnig ist es allerdings, wenn die Politik blind dem Mantra „Tourismus ausbauen“ folgt und dabei die lokalen Bedürfnisse und Möglichkeiten einfach außer Acht lässt. Denn der Arbeitskräftemangel in Friedrichstadt kommt genau so wenig überraschend, wie der Mangel an Wohnraum. Einzig bezüglich der Entwicklung der Immobilienpreise kann man die Stadtführung etwas in Schutz nehmen, weil dieser Trend einfach wie eine außer Kontrolle geratene Lawine über das Land und die Stadt gerollt ist.
Wobei, ganz stimmt das so auch nicht, denn die Bürgermeisterin und ihr Gefolge hat nichts unternommen, um sich dieser Entwicklung entgegenzustellen. Ganz im Gegenteil. Doch dazu später mehr.
Im nächsten Teil unserer Serie bleiben wir bei der Wirtschaftspolitik und beschäftigen uns mit der Frage, ob es der Bürgermeisterin und der regierenden Mehrheit im Rathaus mit ihrer Wirtschaftspolitik eventuell darum gegangen sein könnte, das gähnende Loch in der Stadtkasse etwas zu schließen.
Kommentar
Gute Wirtschaftspolitik beschränkt sich darauf Rechtssicherheit zu schaffen, klare Rahmenbedingungen zu setzen und die notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Alles andere regeln in einer freien Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage. Eigentlich.
Leider neigen Politiker und Politikerinnen aber selbst in einer Kleinstadt wie Friedrichstadt dazu, gestaltend einzugreifen, um auf Kosten der Allgemeinheit eigene Ideen umzusetzen.
Bis zu einem gewissen Maß ist das sogar verständlich, hat die Stadt doch in Bezug auf die Wirtschaft durchaus eigene Interessen. Etwa, dass die Menschen hier Arbeit finden, die Stadt über auskömmliche Steuereinnahmen verfügt und die Bevölkerungsstruktur zukunftsfähig bleibt.
Wenn die Politik also wider besseren Wissens aktiv in den Markt eingreift, sollten die damit verbundenen Ziele aber transparent kommuniziert werden. Nur so ist gewährleistet, dass ein verlässliches Urteil darüber möglich ist, ob dieser Eingriff sein Ziel überhaupt erreichen kann, und ob der Aufwand in einem gesunden Verhältnis zum Erfolg steht.
Bei der Standortpolitik der Stadt Friedrichstadt ist dies nicht der Fall. Wenn überhaupt klare Ziele (im Sinne einer vertretbaren Standortpolitik) formuliert wurden, so kennen wir sie nicht. Sollte intern mit Arbeitsplätzen argumentiert worden sein, so wären die Eingriffe nach obiger Darstellung allerdings unnötig, wenn nicht sogar kontraproduktiv.
Das Titelbild ist eine KI Schöpfung und zwar von Midjourney.
Kommunalwahl 2023
Alles eine Frage von Stil?
Was ist davon zu halten, wenn sich die politische Führung einer Stadt mit einer selbst verfassten Jubelschrift auf sich selber verabschiedet? Nun, zumindest kann man viel daraus ablesen. Nicht aus der Broschüre an sich, sondern aus der Tatsache, dass man sich überhaupt genötigt sah, sich selbst über den grünen Klee hinaus zu loben.
Moin, moin,
Fachkräfte wird uns zunehmend auch der Ukraine-Konflikt durch Zuzug bringen. Wir bei tonalto haben seit Jahresbeginn 2023 mit Hilfe des Jobcenters Buxtehude einen Keramikerkollegen aus der Ukraine weiterqualifiziert und seit 1. April festangestellt. Wir sind froh, neben unseren beiden Auszubildenden und unserer angelernten Halbtagskraft nun endlich einen qualifizierten Gesellen bei uns zu haben, der uns mittelfristig auch produktiv kräftig unterstützen wird. Das Problem ist und bleibt derzeit immer noch der Wohnraum, den er für sich und seine Familie mit drei kleinen Kindern hier in der Region haben müsste, damit er nicht immer von Buxtehude zum Wochenende hin pendeln muss. Es gibt aktuell viele Immobilien zum Verkauf, innerorts und angrenzend, die nach der verflogenen „Immobilien-Goldgräber-Stimmung“ bleischwer und immer noch überteuert wie Bleienten an den Grachten herumschwimmen. Wenn man die vermieten würde, gäbe es Wohnraum. Das gilt ebenso für viele Ferienwohnungen, die im Winter „kalte Betten“ en masse produzieren. Ich kann allerdings auch aus eigener leidvoller Erfahrung den Standpunkt der Besitzer nachvollziehen… Es liegt nun an den neuen Menschen, die demnächst unsere Ratsvertreter sind, dieses Dilemma zu lösen, und das bei allenParteien durchgängige Versprechen, Friedrichstadt liebens-, lebenswert und attraktiv als Arbeitsplatz zu machen, praktisch umzusetzen. Dazu bedarf es aber keiner megaaufgeblähten Konzepte. Hier müssen, wie bei vielen anderen Stadtbelangen einfach nur die Hausaufgaben gemacht werden… By the way – wir suchen immer noch Wohnraum für „unsere“ ukrainische Familie. Zum Jahresende laufen auch in Buxterhude vermutlich die Vereinbarungen der Stadt mit angemietetem Wohnraum aus – und wird es ungewiss… Info gerne an uns 04881-9379093