Die Landschaft ist die Bühne. Die Zuschauer sitzen friedlich in ihren Campingsesseln oder stehen am Rande des eingegrenzten Feldes. Fahnen aus ganz Europa flattern lustig im Wind. Der Sonne hat der Spätsommer bereits seine Spitze genommen. Es ist warm und ein wenig windig. Auf den ersten Blick und auf den zweiten Blick könnten wir uns irgendwo in Cornwall befinden oder im Garten Eden. Das satte Grün, die hübschen dunkelgrünen Wälder am Horizont. Unzählige Grüntöne, wo weit das Auge blickt.
Und wir verbringen unsere Tage damit zuzusehen, wie ein Schäfer (Handler) mit Unterstützung seines Hütehundes fünf Schafe über das Feld dirigiert. Sie müssen einen Vorgeschriebenen Parcours durchlaufen und u.a. zwei weiße Tore passieren, und auf einer kreisrunden Fläche werden einmal ein Schaf und einmal zwei Schafe von der kleinen Herde separiert. Am Ende des Parcours wartet ein kleines Gatter, in das sie sich nur widerwillig einsperren lassen. Das alles geschieht in allergrößter Ruhe, denn die Schafe sollen nicht gestresst werden. Es geht um Teamwork. HundebesitzerIn und Hund beweisen, dass sie optimal auf einander eingespielt sind. Die Bordercollies die hier antreten dürfen haben Klasse. In dem Begleitheft werden sie und ihre Abstammung bis ins vierte Glied (Ur-Ur-Großeltern) portraitiert. Die Besten der Besten sind begehrte Zuchttiere. SchäferInnen zahlen hohe Summen für ihren Nachwuchs. Die Instinkte dieser Hunderasse sind auf die Zusammenarbeit mit dem Menschen und das Hüten ausgerichtet. Der/die SchäferIn dirigiert den Hütehund mit Rufen und Pfiffen über hunderte von Metern hinweg. Der Hund dirigiert – mit großer Begeisterung – die Schafe nach der Choreographie die Schäfer oder Schäferin ihm vorgeben.
Wenige Sekunden nach dem Start hat der Hund die Schafherde bereits ganz am Ende des Felds erreicht. Dann beginnt die Arbeit. Die besten Collies finden schnell und immer wieder die richtige Distanz und genau die Position, die die Schafherde dazu bewegt in die erwünschte Richtung zu gehen. Mal stehend, mal laufend mal niederkauernd mal abwartend schaffen sie es, die kleine Herde über die weiten Strecke ziemlich präzise zu steuern. Das meist fachkundige Publikum beobachtet Hund und Herr mit viel Empathie. Gelingt eine Übung besonders schnell und gut, gibt es freundlichen Beifall.
Bordercollies sind die traditionellen Hütehunde Großbrittanniens. Die Erscheinungsform eines Bordercollies kann sehr verschieden sein. Entscheidend ist nicht das Aussehen, sondern das Verhalten. Ein Border Collie, so sagt man in Großbrittanien, dem Heimatland der Bordercollies „ist ein Hund, der wie ein Border Collie arbeitet“. Der erste Hütewettbewerb fand 1873 in Großbritannien statt. 1995 fand die erste Europameisterschaft in der Schweiz statt. In Großwittbek starten 109 Hunde aus 18 Ländern. An drei Tagen werden in je zwei Durchläufen zwei Tagessieger ermittelt, die am Sonntag dann in einem Finale gegeneinander antreten. Das beste Hund-Mensch-Team darf dann den Europameister-Wanderpokal für ein Jahr mit nach Hause nehmen. Preisgelder gibt es keine. Ganz im Gegenteil: Die Teilnehmer müssen Startgeld bezahlen. Der Frauenanteil an diesem Wettbewerb ist traditionell hoch, deshalb gibt auch einen Spezialpreis für die beste weibliche Teilnehmerin.
Ziel der Wettbewerbe ist vor allem die besondere Fähigkeiten der Bordercollies zu erhalten und zu fördern und natürlich, die Freude an der engen Zusammenarbeit mit so außergewöhnlich klugen und schönen Tieren. Ermöglicher dieser Veranstaltung waren auch Bio-Hof Metzer-Petersen (bekannt für den Backensholzer Käse) sowie Schafhalter Wolfgang Albertsen und seiner Familie, die 500 Schafe zu Verfügung stellten. Genug Tiere, damit jedes Team eine „frische“ kleine Herde bearbeiten konnte und alle TeilnehmerInnen die gleichen Ausgangsbedingungen hatten.