Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 feierte im Mai diesen Jahres sein 70 jähriges Jubiläum. In ganz Deutschland haben hierzu Feierlichkeiten, Events und Aktionen stattgefunden. Zu Recht, denn das deutsche Grundgesetz muss man als einen wahrlich großen Wurf der Nachkriegsgesellschaft bezeichnen. Es war und ist die Grundlage für eine dauerhaft freiheitliche Gesellschaft. Sowohl konservativ als auch liberal. Seine Werte überdauerten bislang mühelos sämtliche Modetrends, weshalb das Fundament unseres Rechtsstaates bis heute modern geblieben ist.

Meines Wissens hat es in Friedrichstadt keine Geburtstagsfeier oder ähnliche Aktion zu Ehren des Grundgesetzes gegeben. Damit wir trotz dänischer Königin und dem Label „Holländerstädtchen“ nicht vergessen, dass wir im Kern eine deutsche Stadt sind, weshalb das Grundgesetz über allem steht, sei ihm dieser Beitrag gewidmet.

10 Liebeserklärungen an das Grundgesetz

Anfangen möchte ich hochemotional, nämlich mit einer Liebeserklärung an das Grundgesetz. Genau genommen sind es sogar 10 Liebeserklärungen prominenter Bürger, welche sich in einem Video der Bundeszentrale für politische Bildung über ihr Verhältnis zum Grundgesetz äussern.

Warum hat Deutschland keine Verfassung?

Es gibt im Französischen das Bonmot „Il n’y a que le provisoire qui dure“ (Nichts ist ewiger wie ein Provisorium). Wenn man die Geschichte der Entstehung des Grundgesetzes kennt, versteht man, weshalb dieses ein mustergültiger Beweis für diese Aussage darstellt.

Der von September 1948 bis Juni 1949 in Bonn tagende Parlamentarische Rat hat das Grundgesetz im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte ausgearbeitet und genehmigt. Es wurde von allen deutschen Landtagen in den drei Westzonen mit Ausnahme des bayerischen angenommen. Eine Volksabstimmung gab es mithin nicht. Dies und der Verzicht auf die Bezeichnung als „Verfassung“ sollte den provisorischen Charakter des Grundgesetzes und der mit ihm gegründeten Bundesrepublik Deutschland betonen. Der Parlamentarische Rat war der Auffassung, dass das Deutsche Reich fortbestehe und eine neue Verfassung für den Gesamtstaat daher nur von allen Deutschen oder ihren gewählten Vertretern beschlossen werden könne.

Weil die Deutschen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und im Saarland aber gehindert waren, mitzuwirken, sollte für eine Übergangszeit ein „Grundgesetz“ als „vorläufige Teilverfassung Westdeutschlands“ geschaffen werden: Die ursprüngliche Präambel hob den Willen des deutschen Volkes zur nationalen und staatlichen Einheit hervor.[3] Das Saarland wurde am 1. Januar 1957 Bestandteil der Bundesrepublik und kam damit in den Geltungsbereich des Grundgesetzes. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 wurde es die Verfassung des gesamten Deutschen Volkes.

(Quelle Wikipedia)

Für wen gilt das Grundgesetz?

Der Geltungsbereich wird in der Einleitung (Präambel) definiert.

Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.

Wir können sehen, dass auch Schleswig-Holstein zum Geltungsbereich gehört. Und da dieses Grundgesetz über allen anderen Gesetzen des Landes steht, gilt das auch für Friedrichstadt und seine Satzungen, Reglemente, Vorschriften, etc. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, könnte man zumindest meinen…

Im Anhang finden Sie die aktuell gültige Ausgabe des GG. Ich will hier lediglich ein paar Highlights hervorstreichen, weil sie aus meiner Sicht den einen oder anderen interessanten Bezug zu Friedrichstadt haben.

Artikel 3

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Wo genau liegt hier der Bezug zu Friedrichstadt? Nun in Absatz 3 wird klar definiert, dass etwa Einwanderer aus den Niederlanden nicht anders behandelt werden dürfen, wie die Nachfahren der Dänen, der Holsteiner, der Friesen oder der Hunnen. Und das ganz egal, ob sie nun vor 10, 20 oder 400 Jahren zugezogen sind.

Das Gleichheitsgebot gilt für alle

Das gilt natürlich nicht nur für die Holländer. Das Gleichheitsgebot gilt für alle Menschen, welche in Friedrichstadt wohnen, leben, arbeiten. Es ist eine der ganz großen Errungenschaften, dass man bezüglich der Rechte (und Pflichten) keinen Unterschied zwischen den Menschen macht. Ganz egal, wie lange sie in Friedrichstadt wohnen. Jeder, der andere Forderungen stellt, bewegt sich außerhalb des Rechtsrahmens dieses Landes. Behörden und Amtsträger, welche dieses Gleichheitsgebot nicht verteidigen, sondern dessen Verletzung tolerieren, verlieren damit eigentlich ihre Legitimität.

 

Artikel 5

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Presse- und Meinungsfreiheit sind ein sehr hohes Gut, weshalb sie Verfassungsrang haben. Das gilt überraschenderweise auch dann, wenn man mit einer Publikation oder einer Äusserung nicht einig geht (so lange sich diese im Rahmen der gesetzlichen Normen bewegen). In diesem Fall kann man also nicht staatliche Strafe und Zensur fordern. Dafür hat man die Möglichkeit seine eigene Meinung zu äußern (der stoßenden Aussage also zu widersprechen) oder eine eigene Publikation zu starten.

Übrigens regelt das Presserecht den gesetzlichen Rahmen, in welchem sich eine Publikation bewegen kann. Das Presserecht ist zwar Landesrecht, als solches jedoch der Verfassung unterstellt. Es wundert deshalb nicht, dass das Presserecht relativ wenig regelt und einschränkt.

Wer sich für das Presserecht von Schleswig-Holstein interessiert: Dieser Link führt direkt zum entsprechenden Text.

Artikel 11

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

Damit ist klargestellt, dass sich jeder Deutsche und jede Deutsche auf jedem beliebigen Flecken des Landes niederlassen darf. Und das Beste daran: Überall besitzen diese dieselben Rechte, wie die „Bestandsbürger“. Ist das nicht wunderbar? Es gibt keine Unterschiede zwischen „Eingeborenen“ und „Zugewanderten“.

Wer etwas anderes behauptet oder fordert, bewegt sich außerhalb des gesetzlichen Rahmens dieses Landes. Aber das hatten wir ja schon.

Artikel 18

Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.

Das Grundgesetz ist ziemlich deutlich, was Verstöße gegen die Grundwerte dieses Landes anbetrifft.  Es ist wie ein Feld in der Brandung.

Alles Gute Grundgesetz

Die (wenigen) Gründermütter und Väter des Grundgesetzes standen 1949 noch unter dem Eindruck einer Es menschenverachtenden Diktatur und eines schrecklichen (verlorenen) Krieges, als sie sich an die Arbeit machten. Sie standen aber auch unter dem Druck der Siegermächte, welche eine Wiederholung der Ereignisse um jeden Preis verhindern wollten.

Diese Rahmenbedingungen sieht man dem Text an. Und das ist gut so. Auch 70 Jahre nach Inkraftsetzung darf man stolz auf ihre Arbeit sein. Wir sollten dies würdigen. Nicht zwingend durch Feiern und Lobeshymnen, sondern indem wir das Grundgesetz leben. Auch in Friedrichstadt und auch dann, wenn es unbequem scheint. Die Alternative ist weitaus unbequemer.

Grundgesetz, wir wünschen Dir nur das Beste für die Zukunft!

Mit einem Klick auf diesen Link, lädt sich das Grundgesetz (Stand 3/19) und sie erhalten die Möglichkeit es runterzuladen.