Glosse

I had a Dream

Heute Morgen bin ich mit einem Lächeln aufgewacht, denn ich hatte einen schönen Traum. Einen Wunderschönen, Aufregenden. Der Traum handelte von großer Menge wütender Menschen in einem großen Saal und einer Frau.
 
Offensichtlich hatte irgendein Entscheid die Massen verärgert. Auf jeden Fall drohte die Stimmung langsam, aber sicher zu kippen. Die Stimmen wurden lauter. Füße stampften auf den Boden, Fäuste wurden in die Luft gereckt.

 

Dann geschah das Unfassbare: Die Frau, nicht jung, nicht wirklich alt, stand auf. Ruhig, würdevoll und mit einer Ausstrahlung, welcher sich niemand entziehen konnte.

Im Saal wurde es urplötzlich ruhig. Man hätte eine Nadel fallen hören können.

Es dauerte nur wenige Sekunden, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Dann sprach sie die Worte, welche man noch in Generationen in der Schule zitieren wird:

Die Idee sei „mit bester Absicht entworfen worden“. Sie sei aber in der Kürze der Zeit nicht gut umsetzbar gewesen. Viel zu viele Fragen hätten nicht gelöst werden können. Ausdrücklich betonte sie: „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler.“ Qua Amt trage sie die letzte Verantwortung. Für den Fehler bitte sie alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung, er habe zu zusätzlicher Verunsicherung geführt.

Dann verkündete sie, dass das Vorhaben ersatzlos gestrichen wurde.

Das Erstaunen im Saal war unbeschreiblich. Noch 10 Sekunden, nachdem die Frau ihre kleine Rede beendet hatte. Herrschte absolute Stille. Dann langsam begannen einige der anwesenden Menschen, welche eben noch wütend krakeelt haben, zu klatschen. Erst schüchtern. Dann lauter. Immer mehr Anwesende stimmten in das Klatschen ein, bis am Ende alle ihre Hände gegeneinanderschlugen.

Es war kein Jubel. Die Menge zollte der Frau einfach nur Respekt.

Stunden später

Später las ich Folgendes und mein Lächeln verschwand.

Die Frau gab es wirklich. Nur hat sie keine bewegende Rede gehalten, sondern erklärt, dass sie nicht verantwortlich sei, Ihre Auftragnehmerin eigenverantwortlich ohne ihr Wissen handle und sie keine Ahnung habe, wie die Sache weiterläuft.

Mit anderen Worten: Die Dinge laufen wie immer. Und sie laufen nicht gut.

Mein Lächeln ist inzwischen verschwunden.​