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Lasst uns offen über die Insolvenz der Bürgermeisterin sprechen!

Müsste ich den Begriff „Bigotterie“ erklären, würde ich ein anschauliches Beispiel aus dem aktuellen Friedrichstädter Stadtleben zu Hilfe nehmen: Bigott, also scheinheilig ist, dass sich niemand in der Stadt getraut, in der Öffentlichkeit wichtige Fragen zur Insolvenz der Bürgermeisterin zu stellen. Gleichzeitig werden aber hinter vorgehaltener Hand die wildesten Gerüchte verbreitet. Ein solches Verhalten schadet nicht nur der Person, sondern auch dem Amt und der Sache als Ganzes.

Die Bürgermeisterin ist keine reine Privatperson

Es ist ein öffentliches Geheimnis (weil amtlich publiziert), dass die amtierende Bürgermeisterin in Husum ein Insolvenzverfahren am Laufen hat, welches in diesen Tagen Insolvenz Christiane Möller-v. Lübckevielleicht endlich seinem Ende entgegen geht. Auf jeden Fall haben die Gläubiger bis zum 18. September ihre Forderungen einzureichen.

Eine Insolvenz ist an sich nichts, was die Eignung einer Frau, die Stadt zu führen, grundsätzlich in Frage stellt. Was mich anbetrifft, so bin ich der Letzte, welche in dieser Frage gewillt ist, die moralische Keule zu schwingen. Denn eine wirtschaftliche Pleite kann viele Ursachen und Gründe haben. Nur wer nichts wagt, gerät nicht in die Gefahr alles zu verlieren. Umgekehrt sind es die Wagemutigen, welche die Welt nach vorne gebracht haben.

Trotzdem stellen sich in diesem Zusammenhang natürlich Fragen. Wäre der Frau Bürgermeisterin nicht so viel an ihrem Image gelegen, hätte sie diese proaktiv beantwortet und so allen Gerüchten die Basis genommen. Hat sie aber nicht.

Ist die Frau für das Amt geeignet?

Keiner verlangt, dass sie ihre persönliche Geschichte in aller Öffentlichkeit breittritt. Es würde für den Erhalt des Vertrauens der Bevölkerung in die Institutionen und das Amt vermutlich genügen, wenn man darauf vertrauen könnte, dass diese Fragen an der dafür zuständigen Stelle (der Stadtverordnetenversammlung) gestellt und fundiert abgeklärt wurden. Und dass die Stadtverordneten daraufhin der Wahl der Bürgermeisterin mit gutem Gewissen zustimmen konnten. Mehr braucht es in meinen Augen nicht.  Damit wäre das berechtigte Bedürfnis auf Privatsphäre gesichert und die mindestens ebenso berechtigten Ansprüche hinsichtlich einer Eignungsprüfung gewahrt.

Im Moment deutet jedoch nichts darauf hin, dass diese Fragen tatsächlich gestellt und die Hintergründe fundiert abgeklärt wurden. Das wirft einen modrig riechenden Schatten auf die Regentschaft und öffnet der Gerüchteküche Tür und Tor. Für die Frau Bürgermeisterin muss sich das wie ein PR GAU anfühlen.

Drei Fragen

Konkret geht es um drei Fragen, welche vor der Wahl zur Bürgermeisterin hätten abgeklärt werden müssen.

  1. Wie ist es zu dieser Insolvenz gekommen?
  2. Wie hat sich die Bürgermeisterin im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens verhalten?
  3. Gehört die Stadt zu den Gläubigern?

Bei keiner dieser Fragen geht es um die Bewertung der Schuld. Es geht auch nicht darum, die Person als solches zu verurteilen. Diese Fragen dienen einzig und allein dazu, die Eignung der Person für das Amt seriös abzuklären. Denn natürlich ist eine Insolvenz weder ein Verbrechen noch zwingend ein Makel – wohl aber ein deutliches Warnsignal.

Ich möchte Ihnen – ohne dazu eine Bewertung abzugeben – aufzeigen, warum diese Fragen so wichtig sind:

  1. Wie ist es zu dieser Insolvenz gekommen?

    Ich verfüge über keine Zahlen zu dieser Insolvenz. Es liegt aber auf der Hand, dass es sich wohl nicht um eine Schadenssumme von ein paar Zehntausend Euros handelt. Wäre es eine solch kleine Summe (bezogen auf den von außen sichtbaren Lebensstil), hätte die Bürgermeisterin einen Weg gefunden, sich dem scheinbar Unabwendbaren zu entziehen. Denn eine Insolvenz bedeutet für sie mit Sicherheit einen enormen Imageschaden.

    Wenn es sich also um einen fetten Betrag handelt, stellt sich die Frage, ob sie fahrlässig in diese Situation geraten ist, ob sie sich überschätzt und damit übernommen hat oder ob sie einfach nur Pech hatte. So könnte man ihr mit Sicherheit keinen Vorwurf machen, wenn etwa im Rahmen eines größeren Bauprojektes der Generalunternehmer Pleite gegangen ist und sie die Rechnungen doppelt zahlen musste. Kann es geben.

    Bei vielen anderen Varianten ist ihre Eignung aber unter Umständen höchst fraglich.

  2. Wie hat sich die Bürgermeisterin im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens verhalten?

    Hinter der Insolvenz mag sowohl Pech als auch Unvermögen stehen. Die Bewältigung der Insolvenz verläuft aber allem Anschein nach hochprofessionell. Es würde nicht erstaunen, wenn Frau Bürgermeisterin sich die Hilfe von hochbezahlter Spezialisten gesichert hat, um möglichst schadlos aus der Sache heraus zu kommen.

    Des einen Freud ist in dieser Sache des anderen Leid. Denn wenn die Vermögenswerte gut gesichert und die persönliche Verantwortung durch juristische Konstruktionen ersetzt wird, stehen andere mit ihren berechtigten Forderungen im Regen.

    Es gibt eben eine große Bandbreite zwischen den altehrwürdigen hanseatischen Kaufleuten und jenen Menschen, welche andere für eigene Fehler zahlen lassen. Juristisch mag alles im grünen Bereich sein. Das Verfahren gibt aber deutliche Hinweise auf die charakterliche Eignung einer Person, ein öffentliches Amt zu bekleiden und damit die Verantwortung für das Gemeinwesen zu tragen.

    In November 2108 habe ich zu diesem Thema bereits einen Beitrag geschrieben. Am Beispiel von Anne Koark können wir sehen, wie eine Insolvenz vorbildlich ablaufen kann. Hat sich die Bürgermeisterin auch nur ansatzweise ähnlich verhalten, wäre die Insolvenz vermutlich kein Problem für das Amt. (Klicken Sie auf den Text, um auf den Beitrag zu gelangen)

  3. Gehört die Stadt zu den Gläubigern?

    Selbstverständlich wäre es notwendig gewesen, vor der Wahl in Erfahrung zu bringen, ob die Stadt zu den Gläubigern der zukünftigen Bürgermeisterin gehört. Nun, da die Wahl bereits erfolgt ist, gilt es sicherzustellen, dass sie (falls dem so ist) keine Vorteile aus ihrem Amt zieht.

Wussten die Stadtverordneten, wen Sie wählten?

Als Bürger stellt sich mir die Frage, ob den Stadtverordneten klar war, wen sie mit ihrer Stimme zur Bürgermeisterin machten. Wurden sie orientiert und haben sie die notwendigen Abklärungen vorgenommen? Hat man also eine geeignete Person gewählt?

Gerade weil diese Bürgermeisterin von der Bevölkerung kein Mandat erhalten hat, wäre eine saubere Abklärung wichtig gewesen. Ob diese tatsächlich erfolgt ist? Auf diese Frage habe ich weder direkt noch indirekt eine Antwort erhalten. Es wäre jedoch ein Dienst an der Glaubwürdigkeit der Institution, wenn diese Frage beantwortet würde. Idealerweise mit „ja!“…

Wie gesagt: Es geht nicht um die moralische Frage, ob eine Insolvenz ein Ausschlusskriterium für das Amt der Bürgermeisterin ist oder nicht. Denn das ist mit  Sicherheit nicht der Fall. Vermutlich wäre es aber so oder so deutlich klüger gewesen, diesem Problem aus dem Weg zu gehen und sie nicht während eines laufenden Verfahrens zur Bürgermeisterin zu wählen. Eine Wahl nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens wäre weniger pikant gewesen.

Fazit 1

  • Man kann eine Frau nicht schützen, indem man nicht über die offensichtlichen Fakten spricht. Hätte man die Fakten offen auf den Tisch gelegt, wären deutlich weniger Gerüchte und Geschichten hinter ihrem Rücken herumgereicht worden.
  • Es lohnt sich nicht Fakten zu verschweigen, wenn sie amtlich publiziert werden. Wie einfach wäre es gewesen, sich vor der Wahl zu erklären. Jetzt fallen ihr die Fakten vor die Füße. In der Bundes- oder Landespolitik würde man von einem PR Desaster sprechen. Auf kommunaler Ebene geht es nicht um anonyme Zustimmungsraten, sondern um das persönliche Ansehen am Lebensmittelpunkt.
  • Wir sollten über die Meinungsbildung und Diskussionskultur in der Stadtverordnetenversammlung reden. Wenn die Kandidatur einer Frau im Insolvenzverfahren nicht kritisch hinterfragt wird, wie läuft das bei wirklich wichtigen Themen? Wie ist sichergestellt, dass Berichte, Projekte, Konzepte, Anträge, Geschäfte auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft und hinterfragt werden?

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Die zweite Ebene des Falls: Wie demokratisch ist Friedrichstadt?

Ich habe mir monatelang schwergetan, dieses Thema überhaupt an dieser Stelle zu publizieren. In erster Linie deshalb, weil ich nicht in die Gesänge der Pharisäer einstimmen möchte. Eine Insolvenz darf kein Stigma sein. Auch die Schadenfreude, welche in vielen verdeckten Kommentaren zum Thema steckt, mag und will ich nicht teilen. Die Bürgermeisterin ist an irgendeinem Punkt in ihrem Leben gescheitert. Das kann es geben und ist für sich genommen noch kein Grund, über die Person und ihr Lebenswerk zu urteilen. Es ist lediglich ein Faktor.

Wenn ich diese Insolvenz nun trotzdem thematisiere, dann deshalb, weil ich mehrere Erlebnisse hatte, die mich tief getroffen und geschockt haben: Zahlreiche Menschen haben mich in den vergangenen Wochen zu dem Thema angesprochen – mehr als zu jedem anderen Thema in der Vergangenheit. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, wenn man die Umstände genauer ansieht.

Herrscht in dieser Stadt die Willkür?

Was mich dabei wirklich betroffen gemacht hat: All die Fragen, welche ich hier stelle, stellen sich viele andere Menschen in Friedrichstadt auch. Nur getraut sich niemand dies im öffentlichen Raum zu tun. Tatsächlich wurde mir von verschiedener Seite klar gemacht, dass man persönliche Konsequenzen fürchte.

Einmal habe ich diese Befürchtung sogar im Rahmen einer halböffentlichen Gesprächsrunde gehört, an welcher gestandene Bürgerinnen und Bürger beteiligt waren. Dabei wurde dieser Aussage von niemandem widersprochen! Das hat mich wirklich entsetzt.

Ich glaube an Rechtsstaatlichkeit

Wir leben weder in Russland noch in einer Mafia-Hochburg. In einem demokratischen Rechtsstaat muss es möglich sein, ohne Angst vor Konsequenzen, die berechtigte Frage zu stellen, ob die Insolvenz der Bürgermeisterin Einfluss auf deren Eignung für dieses Amt hat oder nicht.

Würde eine solche Frage dazu führen, dass die Fragesteller im Umgang mit der Stadt und dem Amt Nachteile erführen, wäre das nicht akzeptabel. Die Bürger müssten sich gegen eine solche Praxis zur Wehr setzen, die Betroffenen vor Gericht klagen.

Wie könnte eine missbräuchliche Benachteiligung aussehen?

Soweit die Theorie. In der Praxis ist der Nachweis einer Benachteiligung nur möglich, wenn alle Prozesse transparent sind. Allerdings verhält sich die Stadt gerade hinsichtlich der Transparenz ihrer Entscheidungen nicht immer mustergültig. Mehr noch: Oft entscheidet sie ohne hinreichende schriftliche Begründung – was es den Betroffenen schwer macht, Rekurse zu starten.

Zudem sind wichtige Projekte der Stadt, welche auch einzelne Bürger betreffen können, quasi Verschlusssache. Nicht zuletzt durch die Bürgermeisterin selbst (Hinweis: Diesem Thema widmen wir demnächste eine eigene Printausgabe von «1621». Es dürfte spannend werden…). Eine Folge dieser intransparenten Prozesse könnten zum Beispiel sein, dass es einzelnen Bürgern quasi verunmöglicht wird, an die Honigtöpfe der Städtebauförderung zu gelangen.

Kein Wunder also, dass nicht jeder Bürger / jede Bürgerin volles Vertrauen in die Prozesse der Stadt hat. Bei Menschen, deren finanzielle Möglichkeiten einen Prozess zulassen, ist das vielleicht kein Problem. Bei allen anderen aber schon.

Fazit 2

  • Die Stadt bietet durchaus Anlass, an der Neutralität ihrer Entscheidungen zu zweifeln. Ob es sich im Einzelfall tatsächlich um Repressionen handelt, wird kaum jemand mit Sicherheit sagen können. Entscheidend ist, dass die Prozesse nicht transparent genug sind, um es gänzlich auszuschliessen. Eine solche Intransparenz beschädigt das Vertrauen in die Institutionen.
  • Fehlendes Vertrauen in die Verwaltung und die Amtsführung haben zur Konsequenz, dass damit auch das Vertrauen in die Demokratie und das, was rechte Dumpfbacken als das „System“ bezeichnen, schwinden. Die Folgen davon sind unabsehbar (Keine These von «1621», sondern unter anderem hier nachzulesen).
  • Vertrauen kann sich nur bilden, wenn die Politik und Verwaltung ehrlich und offen kommunizieren. Das mag aufwändig und anstrengend sein, bringt aber eine reiche Ernte in Form einer erhöhten Kooperationsbereitschaft der Bürger.
  • Vertrauen in die Stadt und die lokale Politik sind Grundlage für die politische Arbeit der Zukunft. Wie sollen sich frische, vertrauenswürdige Kräfte für die vielfältigen Aufgaben der Gesellschaft finden lassen, wenn politische Arbeit einen zweifelhaften Ruf genießt? Es muss auch weiterhin eine Ehre sein, ein Ehrenamt zu bekleiden. Wir sollten deshalb alles Notwendige unternehmen, das Ansehen des Amtes zu schützen.

Auch das wäre im Übrigen ein guter Grund, durch eine Prüfung der Fakten, die Bürgermeisterin von allen Verdächtigungen und Zweifeln zu befreien.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]