KajütenBräu lanciert Bier für Friedrichstadt.

»1621«

Friedrichstadt hat wieder ein eigenes Bier: Unter der Marke »1621« präsentiert KajütenBräu in diesen Tagen ein frisches Pils, das in der Landgang Brauerei in Altona eigens für Friedrichstadt gebraut wird. Doch das Pils ist erst der Anfang. Mit etwas Glück und Verstand nicht nur in Bezug auf die Biersorten.

Bier und Friedrichstadt

Bier und Friedrichstadt, das gehörte schon kurz nach Gründung untrennbar zueinander. Allerdings war dies vor rund 400 Jahren noch weniger eine Frage des guten Geschmackes. Vielmehr war das Bierbrauen eine gängige Methode, um hygienisch ungenießbares Wasser trinkbar zu machen.

So kam es, dass die Stadt schon kurz nach Ihrer Gründung eng mit der Bierbrauerei verbunden war. Offenbar verstanden die damaligen Brauer ihr Handwerk, denn das Bier aus Friedrichstadt genoss rasch einen guten Ruf in der Region.

Rund 300 Jahre wurde in der Stadt eigenes Bier gebraut. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts starb diese Tradition. Man ging dazu über, das Bier nicht mehr selber zu brauen, sondern es nur noch zu „verlegen“. Sogenannte Bierverlage gab es bis in die 50er Jahre. Danach war Schluss mit dem Friedrichstädter Bier.

In diesen Tagen greift die Firma KajütenBräu von Jens Friesendorff, dem Mitbetreiber der Kajüte 1876 an der Holmertorstraße 11, diese Tradition auf. Auch die KajütenBräu ist keine Brauerei, sondern ein Brauereiverlag. Und das hat gute Gründe.

Brauereien unter Druck

Rund 90 Millionen Hektoliter Bier haben deutsche Brauereien im Jahr 2017 produziert. Eine beeindruckende Menge – allerdings sinkt diese seit Jahren kontinuierlich, wie unsere Grafik deutlich zeigt.

Bierausstoss in Deutschland ohne Kajütenbräu

Der Bierausstoss in Deutschland ist schon seit vielen Jahren rückläufig

Fast noch wichtiger ist jedoch eine zweite Entwicklung: Der Einzelhandel gewann in den vergangenen Jahrzehnten immer größere Marktanteile, während der Vertrieb über Gaststätten zurückging. Das hatte für die Brauereien dramatische Konsequenzen, denn im deutschen Einzelhandel herrscht ein gnadenloser Preiskampf. Ein Kampf, welcher die Handelskonzerne natürlich 1:1 an ihre Lieferanten weitergeben. Mindestens!

Überproduktion und Margendruck – schlimmer kann es eine Branche kaum treffen. Überleben kann unter solchen Vorzeichen eigentlich nur, wer es schafft, die Produktionskosten durch tiefe Einkaufspreise und eine durchgehende Automatisation tief zu halten. Diese Fähigkeiten wachsen mit dem Volumen. Entsprechend konzentrierte sich in der Vergangenheit der Markt im Massengeschäft.

Craft Bier – die Gegenbewegung

Eigentlich klare Verhältnisse. Gäbe es da nicht einen wirtschaftlich völlig absurden Gegentrend: Seit der Jahrtausendwende schießen landein, landaus immer mehr Klein- und Mikrobrauereien aus dem Boden. Mit dem Anspruch, den Menschen wieder ein gutes, handwerklich hergestelltes Bier bieten zu können, besetzen sie mehr oder weniger erfolgreich Nischen.

Allerdings ist das Potenzial dieser Nischen begrenzt. Denn den erforderlichen Mehrpreis können und wollen sich die meisten Menschen nicht leisten. Zumindest nicht für den täglichen Bedarf. Außerdem kann man auch für ein gutes Craft Bier nicht jeden Preis verlangen. Die Billigkonkurrenz zwingt die Craft Brauer dazu, ihre Margen knapp zu kalkulieren. Denn wird die Preisdifferenz zu hoch, springen viele Kunden ab und entscheiden sich für die günstigeren Premium-Sorten der Großbrauer.

KajütenBräu auf dem richtigen Weg

»1621« von Kajütenbräu - das Bier für FriedrichstadtUnter diesen Vorzeichen war es zweifellos ein kluger Entscheid der KajütenBräu, sich auf die Verlagsbrauerei zu konzentrieren. Es ist ein realistischer Kompromiss, zwischen wirtschaftlichen Sachzwängen und dem Bestreben, mit »1621« wieder ein lokales Bier in Friedrichstadt auszuschenken.

Weil durch die Verlagsbrauerei das finanzielle Risiko überschaubar ist, erhält die Stadt mit »1621« ein eigenes, auf die norddeutschen Bedürfnisse ausgelegtes Craft Bier. Ein Bier, das einem in Erinnerung bleibt und damit irgendwann auch Erinnerungen wecken wird. Mehr kann man von einem Bier nicht erwarten.

Man muss allerdings kein Wirtschaftsprofessor sein, um zu ahnen, dass die KajütenBräu mit »1621« einen heißen Ritt wagt. Denn wirtschaftlich betrachtet ist in der Nische „Friedrichstadt“, selbst im besten Fall nicht viel zu gewinnen. Der Slogan – »1621« das Bier für Friedrichstadt – ist deshalb wörtlich zu nehmen. Hier geht es nicht um Gewinne. Es geht darum, Friedrichstadt etwas zu geben, dass die Stadt weiterbringt und den Bürgern, seinen Besuchern und Gästen einen weiteren Identifikationspunkt zu liefern.

Es bleibt zu hoffen, dass die Friedrichstädter die Chance erkennen und „Ihr“ neues Bier auch annehmen und es in jeder Form unterstützen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Weshalb »1621« ein Stück Heimat werden könnte