Liebe Margrethe II.,

nun ist es also soweit: Ihr lang erwarteter Besuch in Friedrichstadt wird Tatsache. Alles scheint bestens auf Sie vorbereitet: Alle putzen sich raus, das Paludanushaus und die Mennonitenkirche werden einen feierlichen Glanz haben und die Wege werden frei sein, auf dass Ihre Wagenkolonne eine sichere, freie Durchfahrt genießen kann. Nur das Wetter bereitet uns ein wenig Sorgen. Aber das wird schon.

Auch von meiner Seite her ein herzliches Willkommen. Zwar bin ich ein bekennender Republikaner, welcher mit Royalismus so gar nichts am Hut hat. Aber ich bin kein Königinnenhasser. Im Gegenteil: Ich fühle mit Ihnen und Ihren Berufsgenossen. Wobei mich nicht der Klatsch berührt, den man immer wieder zu hören bekommt, sondern das goldene Gefängnis, in welchem man Menschen (!) wie Sie steckt. Etwas, was man gemeinhin als das Protokoll bezeichnet.

Da trägt man eine Krone auf seinem Haupt und muss sich – wie jüngst in England allen deutlich vor Augen geführt wurde – von irgendwelchen Clowns sagen lassen, was zu tun ist. Glück stelle ich mir anders vor.

Mir ist das alles bewusst. Deshalb nehme ich es Ihnen auch nicht übel, dass Sie darauf verzichtet haben, sich tatsächlich unters Volk zu mischen und sich bei den Tischnachbarn zu verköstigen. Wer weiß, vielleicht hätten Sie es ja geschätzt, für einmal einfach nur als nette ältere Dame mit Esprit, Witz und einem gesunden Appetit wahrgenommen zu werden. Denn eines wäre ja klar gewesen: An unserem Tisch hätte kein lächerliches Brimborium um Ihren Status stattgefunden. Wir hätten ihrer Person Respekt gezollt und nicht ihrem Amt. Und wir hätten dasselbe von Ihnen erwartet – und mit Sicherheit auch bekommen.

Vermutlich wird Ihnen beim Lesen dieser Zeilen klar, dass ich dem Wirbel um Ihre Person wenig abgewinnen kann. Trotzdem freue ich mich, dass Sie unsere kleine Stadt besuchen. Nicht für mich, sondern für die dänische Minderheit in unserer Stadt und unserer Region. Für Sie symbolisieren Sie ein Stück Heimatgefühl. Dieses Heimatgefühl hat nichts mit Grenzziehung und nichts mit der Frage zu tun, ob ich mich an meinem Wohnort auch zuhause fühle oder nicht. Heimat ist das, worin man sich eingebettet fühlt: Geschichten, Erinnerungen, Traditionen.

Ich weiß, wovon ich rede. Ich selbst wohne fernab meiner Heimat. Mein Sohn ist in Deutschland aufgewachsen und ist von einem Deutschen kaum zu unterscheiden. Trotzdem hat er seine Heimat nicht in diesem Land gefunden. Heimat ist für ihn in etwa ebenso abstrakt wie für die dänische Minderheit. Symbole spielen da eine wesentliche Rolle. Wobei er nicht auf eine Königin zurückgreifen kann. Ihm hilft König Fußball sich seiner Heimat bewusst zu bleiben.

Ich freue mich für die dänische Minderheit, dass Sie mit ihrem Besuch dazu beitragen, deren Identität zu bewahren. Und ich freue mich für alle anderen. Denn das Selbstbewusstsein der dänischen Minderheiten und ihr Wille, sich zumindest ihre positiven Eigenheiten zu bewahren, wirkt sich auch auf deren Umgebung befruchtend aus.

In diesem Sinne: herzlich willkommen Margrethe II.