Was Michael O’Leary in der Corona Krise besser machen würde
Die Aussichten auf die Saison 2020 sind schrecklich. Die Mehrzahl der Gewerbetreibenden wird diese Zeit vermutlich mit Gejammer, Schulden und einem radikal reduzierten Lebenswandel überstehen. Oder gar nicht.
Unternehmer wie Michael O’Leary gehen in dieser Zeit aber in die Offensive und sorgen mit gezielten Aktionen dafür, dass im laufenden Jahr die Geschäfte doch nicht ganz so schlecht laufen, wie befürchtet. Und im nächsten die Kassen klingeln. Aber richtig fett!
Nur wie wollen wir in Friedrichstadt dieses Ziel erreichen? Vermutlich gar nicht. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Weil wir nicht flexibel sind und uns an Dingen festkrallen, welche im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte sind.
Friedrichstadt die Holländerstadt
Das Problem von Friedrichstadt in dieser Situation ist, dass das Städtchen zwar hübsch ist, der Ort aber kein Grundbedürfnis anspricht. Was ich damit meine?
Wonach sehnt sich ein Mensch, wenn er nach Wochen unter #StayHome Quarantäne wieder in die Freiheit entlassen wird?
Sicher nicht nach einer Holländerstadt. Nichts gegen die Stadt an sich. Die Themen Geschichte, historische Kulisse oder religiöse Toleranz sind schon in guten Zeiten keine richtigen Zugpferde in unserem Segment. Ausgenommen sind weltbekannte Standorte, welche man gesehen haben muss.
Wer mit „die Holländerstadt“ wirbt, kann kein Grundbedürfnis, keinen Bedarf ansprechen. Mit einem solchen Claim kann man niemanden dazu motivieren, irgendetwas zu tun. Das rächt sich nun. Denn nach der Krise (so es ein Ende mit klarer Linie gibt) haben wir nun kein Instrument, die Leute hinter dem Ofen hervorzulocken.
Neue Ideen braucht die Stadt
Ich habe schon vor drei Jahren darauf hingewiesen, dass es sinnvoll wäre ein anderes, ein emotionales Thema zu spielen. Der Vorschlag wurde weder diskutiert, noch wurde eine andere Idee entwickelt. Es gibt eben in unserem Gewerbe und im Tourismusverein eben keinen Michael O’Leary. Auch nicht in der Stadtpolitik. Deshalb müssen wir mehr oder weniger hilflos zusehen, wie die Bürgermeisterin stilsicher, aber leider völlig sinnlos damit beschäftigt ist, die Stadt aufzuhübschen.
Viele Menschen der gehobenen Gesellschaft beschäftigen sich Tag und Nacht damit, den Schein zu wahren. Ein solches Verhalten prägt und kann nicht von heute auf morgen abgelegt werden.
Übrigens ist auch Michael O’Leary in seinem Habitus gefangen. Kaum vorstellbar, dass er in der Lage ist, seine Gewohnheiten dergestalt zu ändern, dass er plötzlich als Menschenfreund rüberkäme. Aber er wäre in der Lage, frühzeitig zu erkennen, wenn sein Produkt nicht mehr zeitgemäß wäre. Wenn zum Beispiel der Preis nicht mehr das Maß aller Dinge wäre. Denn wie er nach 9/11 bewiesen hat er nicht nur eine klare Vorstellung darüber, was er kann. Er schaut auch soweit voraus, dass er nicht von dem überrascht wird, was in 3 Wochen auf ihn zukommt.
Ganz anders Friedrichstadt. Hier wurde man in heller Vorfreude auf die bevorstehende Saison auf dem falschen Fuß erwischt. Dabei war man so gut darauf vorbereitet, sich gegenseitig noch zu kopieren und sich das Geschäft streitig zu machen. Und nun, da die Krise da ist, wird an die Solidarität appelliert. Soviel Kaffee, Bier und Tee kann man gar nicht saufen, als das auf Dauer etwas bringen würde.
Ideen wären gefragt. Und ist es zu viel verlangt, wenn es eigene wären?
Solidarität ist gut – aber kein Geschäftsmodell
Wir lieben unsere Friedrichstädter Kunden. Aber auf deren Solidarität können und wollen wir nicht zählen. Ich empfehle sogar jedem Geschäftsinhaber und jeder Geschäftsinhaberin, damit aufzuhören, unablässig das Lied der Solidarität zu spielen. Das funktioniert nicht. Geschäfte müssen laufen, weil die Produkte und Dienstleistungen passen. Die Kunden sollten nicht aus Solidarität, sondern aus fester Überzeug in ein Geschäft kommen. Diese Arbeit hat Bestand. Mitfühlendes Händchenhalten ist nett, nützt sich aber auf Dauer ab. Wobei ich selbst in Bezug auf die Dauer sehr vorsichtig sein würde.
Im Übrigen ist „buy local“ eine extrem dumme Forderung, wenn man als Wirtschaftsstandort nicht autark ist, sondern davon abhängt, dass Menschen aus Hamburg, Kiel oder woher auch immer, vorbeikommen, um ihr Geld liegen zu lassen. Man stelle sich einmal vor, die Hamburger, die Kieler oder die wer auch immer, würden dasselbe verlangen. Würden auch nur noch lokal einkaufen und auf das Online-Shoppen verzichten. Man sollte Dinge zu Ende denken.
Man muss nicht Michael O’Leary sein
Mit anderen Worten: Man muss kein Michael O’Leary sein, um zu erkennen, dass man in einer existenziellen Krise, wie jene auf die sich das Friedrichstädter Gewerbe zubewegt, nicht so tun sollte, als ginge das Ganze schon irgendwie vorbei. Jetzt ist Handeln gefragt. Echtes Handeln und keine Kulissenschieberei, wie Sie von… ach Sie wissen schon… betrieben wird. Wir müssen attraktiver werden und ein Angebot entwickeln, welches die Leute nach Friedrichstadt zieht oder zumindest hält.
Mit einer freien Sichtachse auf dem Marktplatz ist das nicht zu schaffen. Mit Freibier vielleicht schon. Allerdings befürchte ich, dass dies sofort einen Plagiator auf den Plan rufen würde.
War ein Witz. Sie wissen schon was ich meine: Gefordert sind einzigartige Leistungen, welche ein echtes Bedürfnis einer attraktiven Zielgruppe ansprechen.
Nachdenken, handeln, beten.
Was ist jetzt zu tun?
Nachdenken bis man eine gute Idee hat. Handeln, um die Idee auch tatsächlich umsetzen zu können. Beten, dass man ihnen vor dem Start des Projektes nicht die Baubehörde oder die Lebensmittelinspektion auf den Hals hetzt…