Zum zweiten Mal innerhalb der letzten Wochen lese ich in den Husumer Nachrichten, dass Friedrichstadt ein neues „Stadtlogo“ hat. Soweit ich es in der abermals winzigen Abbildung erkennen konnte, handelt es sich um eine stilisierte, statische Treppengiebelspitze in Backsteinoptik mit dem Zusatz “ Friedrichstadt. Die Holländerstadt. Seit 1621.“ Ich bin einigermaßen verwundert, dass man einfach so ein neues „Stadtlogo“ kreiert, wo das bisherige gerade mal 10 Jahre alt ist und definitiv ein großes visuelles Kapital angesammelt hat, dass man in keinster Weise berücksichtigt.
Das neue Stadtlogo vernichtet ein während Jahren aufgebautes Kapital
Das alleine ist, Marken-kommunikativ gesehen, sträflicher Leichtsinn. Ich weiß nicht, wann und wie die Entscheidung gefallen ist, das so zu beauftragen und ob sich dieser Auftrag vielleicht aus dem Erstgedanken, ein 400 Jahre Aktionslogo (was etwas vollkommen anderes ist!) heraus entwickelt hat. Letztendlich ist das auch gar nicht relevant. Relevant hingegen ist, dass das aktuell gezeigte Logo das so oft forcierte und bereits von vielen Bürgern auch real gelebte „Brücken in die Zukunft bauen“ konterkariert. Hier ist Stillstand, hier ist Statik und der ohnehin überdenkenswerte Claim „Die Holländerstadt“ noch einmal zurückdatierend mit „Seit 1621.“ zementiert. Holland (sachlich richtig die Niederlande, Holland ist ja nur eine Provinz!) hat viel mehr zu bieten als nur putzige Grachten, Brückchen und Treppengiebelhäuser an Kopfsteinpflaster.
Wo bleibt das inhaltliche „Holland“?
Es gibt ein inhaltliches „Holland“, das in seiner Buntheit, in seiner Vielfalt, in seiner Kreativität, in unkonventionellen Alltagslösungen, in seiner quirligen Musik- und Kunstszene und in seiner Lebensqualität Ausdruck findet. Friedrichstadt hat sich Zukunft, Künstlerstadt, Unkonventionalität, Feste, Innenstadtbelebung ungewöhnliche Tourismuskonzepte u.v.m. ins Aufgabenbuch geschrieben. Die Zahl und Qualität der kulturellen Veranstaltungen in den Kirchen und der Synagoge hat enorm zugenommen… und, und… Das alles findet sich im „neuen Stadtlogo“ in keinster Weise wieder. Das ist keinesfalls Kritik an der gestalterischen Qualität- es ist eine Kritik am unzureichenden Briefing und mangelnden Vorüberlegungen und vorbereitenden Prozessen vorher.
Was will uns das Logo sagen?
Es ist nicht wichtig, wer das Logo macht, sondern, dass das Ergebnis in Gestaltung und Wirkung dem Zweck dient, die tatsächlichen Intentionen zu transportieren. Ein 400 Jahre-Jubiläum kann nicht der Ansatz sein, alles auf den Kopf zu stellen. Das Jubiläumsjahr wird vorbeigehen, und dann ist alles wie vorher. Wir brauchen erst einmal eine neue zukunftsfähige inhaltliche Positionierung für Friedrichstadt, und wenn die konkretisiert und formuliert ist, können wir m.E. über ein präzises Briefing zur Entwicklung eines neuen „Stadtlogos“ und einen neuen Claim nachdenken, der uns in die Zukunft tragen soll… Und dann darf man das gerne und förderlich mit einem Riesen-Paukenschlag einführen – und nicht nur so nebenbei. Es gibt doch keinen Grund zur Hektik. Ich persönlich fände es sogar selbstbewusst und passend für diese Stadt, wenn man im Jubiläumsjahr die Ergebnisse eines vorher ausgeschrieben Logo-Wettbewerbes (wie es z.B. Kappeln gerade hinter sich hat) präsentiert und von einer kompetenten Jury auswerten lässt.
Vorhandenes Potential verschenkt
Allein das begleitende Presse-Feedback bis dahin und danach würde der Stadt schon eine weitere auch von außen wahrnehmbare dicke Brücke in die Zukunft bauen. In Friedrichstadt und dem Umland versammeln sich inzwischen sehr viele gestalterische Kräfte, die ganz unterschiedliche Perspektiven bei der Entwicklung eines „Logos“ bieten könnten. Und Perspektiven ist das was wir brauchen – keine einsamen Entscheidungen.
Noch etwas zum verbalen Verständnis: Der Begriff “ Logo“ bezieht sich eigentlich nur auf Schriftgestaltung oder Schriftzug im Sinne eines Wortes. Präziser wäre „Wort-Bild-Marke“ oder „Logo/Signet“.
Markus Jung, Friedrichstadt, Kommunikationsdesigner und werblicher Berater seit über 35 Jahren.
Wir haben einen Kommentar von Max Mustermann erhalten. Dafür einmal vielen herzlichen Dank. Wir freuen uns dafür, dass die Beiträge gelesen und auch kommentiert werden. Wir sind da sehr großzügig. Solange es nicht unsachlich gegen die Person geht und verletzend ist.
Nur Max Mustermann darf nicht publizieren. Weil Max Mustermann in Wirklichkeit natürlich nicht Max Mustermann heisst sondern… Nein, ich bleibe sachlich.
Nur soviel: Anonyme Heckenschützen sind die Pest. Sie vergiften den Brunnen, aus welchem alle trinken müssen. Es sind Feiglinge, welche sich einer fairen Auseinandersetzung verweigern. Sie leisten nichts. Für niemanden.
Was Markus Jung in diesem Beitrag sagen will, ist genau das Gegenteil von dem. Wenn die Stadt dazu über gehen würde, das vorhandene Potenzial auszuschöpfen, würde sich die Exponenten dieses Potenzials kaum verweigern. Wenn jedoch im Hinterzimmer irgend eine Aktion gestartet wird, kommt dabei nicht zwingend die beste Lösung heraus.
Wobei Max Mustermann und seine Freunde daran vermutlich auch gar kein Interesse haben.