Was nur einen Tag lang in den Nachrichten erwähnenswert war, darf nicht einfach unkommentiert bleiben. Vor wenigen Tagen haben mehr 11.000 Wissenschaftler aus 153 Ländern im Fachjournal „BioScience“ mit dramatischen Worten auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes hingewiesen. Unter ihnen 871 Wissenschaftler von deutschen Universitäten und Instituten. (Dieser Link führt zur Veröffentlichung). Diese Wissenschaftler tun dies nicht, um sich wichtig zu tun, sondern aus Verantwortung. Sie fühlen sich verpflichtet vor den Katastrophen zu warnen, die ins Haus stehen, weil die Politik und wir alle versagen.

Wer ihnen „Panikmache“ vorwirft irrt sich. Ganz sicher würde jede/r Einzelne von ihnen es vorziehen, solche Dringlichkeitsappelle NICHT veröffentlichen zu müssen.

Diese elftausend Experten haben zu diesem drastischen Mittel und zu ihren teils drastischen Worten gegriffen, weil klar ist: Die Erderwärmung geschieht schneller, als es die Wissenschaft  erwartet hat. Sie befürchten daher, dass der Klimawandel schneller außer Kontrolle gerät  als bisher berechnet und erwartet. Die Wahrscheinlichkeit des Szenarios „Selbstverbrennung“ wächst.

Wer vor diesem Hintergrund von Panikmache spricht, hat nichts verstanden. Das Gegenteil ist der Fall: Wer jetzt nicht in Panik gerät  (um dann mit kühlem Kopf das richtige zu tun), der ist ein Risiko für sich und andere.

Die nachfolgenden Grafiken zeigen auf den ersten Blick auf, worum es geht, und wo die Probleme liegen. Sie beweisen auch, dass das Wirtschaftswachstum und das Bevölkerungswachstum die wichtigsten Treiber sind. Und sie liefern auch entscheidende Hinweise, was zu tun  ist. Erstmals greifen die Wissenschaftler  auch in den politischen Diskurs ein und geben selber Empfehlungen ab – nach  Dringlichkeit und den Ursachen entsprechend abgestuft.

Die Experten fordern den Fleischkonsum drastisch zu senken und massiv aufzuforsten. Gas zu geben beim Ausbau der regenerativen Energien und den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohle, Öl und Gas (in dieser Reihenfolge). Sie fordern das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern abzusenken. Sie halten dies für möglich, ohne dass die Lebensqualität sinkt. Zumal der  Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Wirtschaftswachstum in allen Industriestaaten nicht mehr relevant ist.

Treiber und Folgen des Klimawandels - Quelle: https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biz088/5610806

Treiber und Folgen des Klimawandels https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biz088/5610806

 

Treiber des Klimawandels

https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biz088/5610806

Diese Grafik oben  die Daten zum Klimawandel von 1979 bis heute. Sie stellen die Ursachen und Treiber des Klimawandels war. Zwei positive Trends gibt es auch: Die Weltbevölkerung ist zeitweise weniger schnell gewachsen als erwartet. Allerdings hat sich dieser positive Trend leider grade wieder abgeschwächt. Das gleich gilt auch für den Ausbau der regenerativen Energien. 

Was ist zu tun? 

Es gibt viele konkrete Maßnahmen, die auch in Friedrichstadt in Angriff genommen werden könnten.  Das Missverhältnis, zwischen den unwichtigen und rückwärts gewandten Debatten, die in diesen Tagen in Berlin geführt werden, zu dem was jetzt wirklich wichtig ist,  wird immer größer. Es geht nicht mehr darum eine Politik zu machen, die sich an die Arbeitsplätze von gestern klammert. An Arbeitsplätze, die es in 15 Jahren nicht mehr geben kann und darf. Die Auto-Republik Deutschland rast mit hoher Geschwindigkeit an die Wand.  Auch weil wir in Zukunft weniger und anders arbeiten müssen, dafür aber hoffentlich die wirklich wichtigen und die richtigen Dinge herstellen oder tun.

Was ist der Plan für Nordfriesland? Und gibt es einen, der diesem Wandel gerecht wird? 

Auch Nordfriesland kann Teil der Lösung des Problems werden. Die Landwirtschaft zum Beispiel in unserer Region verfügt über sehr viel Land und Weideflächen, die sehr extensiv genutzt werden. Und sie setzt auf Fleischproduktion und auf die hohen Fördergelder aus Brüssel. Das ist ein absurdes System und ein hohes Risiko für das Klima. Es ist wirtschaftlich – vor allem wenn wir das Ganze in den Blick nehmen – irrational und ineffektiv.

Von den Niederlanden lernen heißt intensiv wirtschaften 

Vielleicht sollten wir von den Niederländern lernen, deren geografische und klimatische Lage durchaus vergleichbar ist ? Die Niederlande – man höre und staune – sind der zweitgrößte Lebensmittel-Exporteur der Welt.  Wie machen sie das? Ganz einfach: Mit viel sehr viel Fleiß, Erfahrung  und Neuen Technologien. Ihr Gemüsebau ist unglaublich produktiv und das auch ohne Pestizide.

Warum ist das in diesem Kontext so erwähnenswert?

Weil die Aufforstung von Flächen eine der wenigen Chancen ist, die wir haben, um den Treibhauseffekt aufzuhalten und umzukehren. Weil die Fleischproduktion, dort wo sie industriell betrieben wird, die Umwelt zerstört ( Freisetzung von Methan, der Sojaanbau in Südamerika, Verpestung des Grund- und Oberflächengewässer durch Gülle und Pestizide).

Die Zukunft gehört dem Gemüse 

Wenn wir weniger Fleisch essen, dann brauchen wir Alternativen: Gemüse, Hülsenfrüchte, Pilze und ggf. auch Fischzucht u.a.. Wir brauchen Vielfalt und moderne Verfahren (Akquaponik, Kreislaufwirtschaft). Wir brauchen Permakultur und eine Infrastruktur, die die Haushalte mit den Produzenten engmaschig vernetzt (Bio- und Unverpacktläden, Wochenmarkt statt Weltmarkt, Solidarische Landwirtschaft u.a.m.)  Diese alle tragen dazu bei die Herstellung unserer Lebensmittel zu regionalisieren ( dann würde auch endlich weniger weggeworfen).  Wenn wir auf kleinen Flächen mit hoher Produktivität produzieren, können wir außerdem den zerstörerischen Druck von anderen Flächen wegnehmen. Wir könnten großflächig aufzuforsten. Wir können die Baukultur auf Holz umstellen. Wir können Insekten, Vögeln und all den anderen Mitgeschöpfen ihren Lebensraum zurückgeben.

Wir brauchen eine Politik die diesen Wandel in Angriff nimmt, die die notwendige Prozesse moderiert und unterstützt. 

Kurzum: Wir brauchen eine klimagerechte mittel- und langfistige Planung die uns hilft dass unsere Region zu einer echten Zukunftsregion wird. Eine Region, die die gewaltigen Herausforderungen annimmt, die jetzt auf der Tagesordnung stehen. Die Politik sollte jetzt damit beginnen, runde Tische zu organisieren , an denen wir alle über diese Themen reden. Die Politik kann selber und alleine diese Probleme nicht lösen. Das ist klar. Aber sie kann den notwendigen Wandel jetzt in Angriff nehmen und als Moderator, Vernetzer und Unterstützer  auf die Bahn bringen.