Neue Seifenoper von Paul Panter (Paulchen Panter)

Die Lindenstraße ist bald Geschichte. Ende März wird die letzte Folge ausgestrahlt. Gemäß Medienberichten sind die interessantesten Requisiten bereits auf dem Weg ins Museum. Noch können wir erst ahnen, welche gähnende Leere das Ende der erfolgreichsten deutschen Fernsehserie hinterlassen wird. Zeit sich Gedanken darüber zu machen, wie wir diese Lücke schließen wollen. Das Stadtjournal 1621 Friedrichstadt bereitet sich auf alle Fälle bereits auf die Zeit danach vor und zwar mit der Wiederauferstehung von Paulchen Panter.

Wenn Sie nun glauben, »1621« hätte sich die Senderechte der Zeichentrickfilmserie mit Paulchen Panter gesichert, liegen Sie falsch. Auch die Vermutung, ein Remake von Blake Edwards Pink Panter (mit dem unvergleichlichen David Niven in der Hauptrolle) stehe an, geht in die falsche Richtung.

Tatsächlich haben wir die Freude, den nächsten Roman von Paul Panter (Paulchen Panter) als Fortsetzungsgeschichte auf »1621« publizieren zu dürfen!

Wer bitte ist Paul Panter?

Paul Panter? Wenn Sie noch nie von diesem Schriftsteller gehört haben, so hat das nichts mit einer Bildungslücke zu tun. Tatsächlich ist Paul Panter eine Reminiszenz an Kurt Tucholksy. Diesem war es in der Weimarer Republik nicht mehr möglich unter seinem eigenen Namen zu schreiben, weshalb er sich verschiedene Pseudonyme zugelegt hat: Kaspar Hauser, Ignaz Wrobel, Theobald Tiger und Peter Panter.

Nötig war diese literarische Maskerade, weil das Land, in dem er lebte, jede demokratische Kultur verloren hatte. Meinungs- und Pressefreiheit waren ebenso sang und klanglos verschwunden, wie die Bereitschaft zum öffentlichen Diskurs. Andere Meinungen wurden vom orchestrierten Mobb einfach nur noch niedergebrüllt oder noch besser, niedergeknüppelt. Die Vertreter unterlegener politischen Position kaserniert, eingekerkert und getötet.

Erinnerungen an die Weimarer Republik

Es war die Zeit, in denen man erwartete, dass öffentliche Voten damit begangen, dass die Redner erklärten, wer sie sind, woher sie kommen, wie lange sie schon im Lande lebten, welchen Beruf sie ausübten und welcher Religion sie zugehörten.

Das ist natürlich etwas zugespitzt. In Tat und Wahrheit wussten bereits alle wer man war, woher man kam und ob man „dazu gehörte“. Deshalb war es jedem braven Bürgern möglich, „Nichtdazugehörige“ auszugrenzen, abzustrafen, zu bestehlen und zu erniedrigen (wer wissen möchte, wie sich dies angefühlt haben muss, dem sei das Buch „GELEBT, ERLEBT, ÜBERLEBT“ von Gertrude Pressburger zur Lektüre empfohlen).

Zum Glück ging diese Zeit an Friedrichstadt spurlos vorbei, da die Stadt traditionell immer das Gemeinsame betonte und Toleranz lebte. Die Juden sind trotzdem aus der Stadt verschwunden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Zurück zu Peter Panter. Kurt Tucholsky sparte nie an Spott und Kritik. Er verstand es dabei, seine Texte in eine sprachliche Leichtigkeit zu packen, welche ihm rasch eine große Anhängerschaft bescherte. Irgendwann wurde es der Obrigkeit zu viel und die Repressionsmaschine nahm ihren Lauf. Diesem Druck entzog sich der Schriftsteller durch eine Übersiedlung nach Schweden und die Verwendung besagter Pseudonyme.

Und nun Paul Panter

Die Stimmung im Lande dreht sich. Die Demokratie, die Meinungs- und Pressefreiheit verlieren in der Bevölkerung an Zustimmung. Auch in Friedrichstadt scheut man inzwischen nicht davor zurück, die Presse- und Meinungsfreiheit in Frage zu stellen, wenn sich ein Autor nicht im Sinne des Lesers äußert. Noch haben wir zwar keine Weimarer Verhältnisse. Aber wenn Andersdenkende an öffentlichen Veranstaltungen niedergebrüllt und an gleicher Stelle verfassungsmäßige, demokratische Grundprinzipien unwidersprochen missachtet werden, ist das ein klares Warnzeichen. Wenn gleichzeitig hinterlistige Denunziation sei es auf Facebook oder an anderer Stelle salonfähig werden, ist der Weg dahin vermutlich nicht mehr ganz so weit.

Deshalb Paul Panter. Sein Roman „Schattenkinder“ beschreibt die fiktive, nordfriesische Kleinststadt Feldwyla, welche seit mehreren hundert Jahren vergeblich versucht, aus dem Schatten des berühmten Schilda zu treten.

„Schattenkinder“ ist eine Komödie. Eine literarische Seifenoper mit einem festen Anfang, aber ohne klarem Ende. Eben ein Ersatz für die Lindenstraße (nur ohne eigene Homepage und Museum). Sämtliche Geschichten, handelnde Personen und der Autor sind frei erfunden. Wir hoffen trotzdem, dass unsere Leser den Folgen folgen werden und dabei ihren Spaß haben.

Was soll das mit Paulchen Panter?

Abschließend möchte ich noch die unausweichliche Frage beantworten: Weshalb outet man ein Pseudonym, lange bevor die erste Zeile aus seiner Feder publiziert wurde? Ganz einfach: Weil es überhaupt keine Rolle spielt!

Dieser Text hat über 800 Wörter. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Leser nicht mehr als die Überschrift und wenn es gut kommt, noch die Einleitung aufnehmen. Der Rest ist Hörensagen. Bei den verbleibenden echten Lesern – für deren Treue und Ausdauer wir uns an dieser Stelle recht herzlich bedanken möchten – bräuchte man eigentlich kein Pseudonym.

Echte Leser finden längst nicht alles gut und toll, was sie auf »1621« lesen. Aber sie verzichten in der Regel darauf, das Umfeld von Autoren zu bedrohen oder tote Katzen über den Zaun der Redaktion zu werfen. Wenn ihnen etwas nicht passt oder sie eine andere Meinung vertreten, wenden diese sich vertrauensvoll an die Redaktion oder schreiben einen Beitrag. Wegen ihnen müssen wir uns nicht fürchten, Weimarer Verhältnisse zu bekommen.

Tucholsky wäre stolz auf sie!