Das Rosen-Huus ist noch kein Jahr alt und schon ein Rosen-Huus Saisonrückblick? Aber sicher, denn das Projekt am Markt 22 bietet eine großartige Grundlage, um sich einen Überblick über die Situation im Tourismusbereich.: Lage und Frequenz. Und dem Rosen-Huus fehlt das, was jedem Betrieb mit der Zeit droht: ein historisch gewachsener Tunnelblick. Deshalb ist der Saisonrückblick Rosen-Huus durchaus von Relevanz, wenn man das lokale Angebot hinsichtlich der Tourismussaison 2019 verbessern will.
Kaltstart im Frühling
Am 28. April öffnete das Rosen-Huus am Markt 22 in Friedrichstadt seine Tore für das Publikum. Eigentlich müsste man von Türe sprechen, denn der Laden ist klein und hat nur eine einzige, relativ schmale Tür als Eingang. Außerdem war diese Türe am 27.4. mehrheitlich geschlossen, denn es war nass und kalt. Kein guter Start.
Die äußeren Bedingungen waren mies, doch intern war die Lage noch mieser. Tatsächlich müssen wir eingestehen, dass wir bei der Eröffnung noch keineswegs bereit waren, doch wir wollten unbedingt zum Regionaltag eröffnen. Nun, dass man mit seinen Vorarbeiten erst im letzten Moment fertig wird und auch viel Improvisation notwendig ist, gehört ja irgendwie dazu.
Bei uns war es jedoch so, dass unser Start derart spontan vorgezogen wurde, dass wir hinsichtlich unseres Produktangebotes noch längst nicht bereit waren. Irgendetwas mit Rosen… Außer den Körperpflegeprodukten von Rosenrot ist uns hierzu noch nicht viel in den Sinn gekommen. Wir waren noch mitten im Entscheidungsprozess. Keine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Geschäftsführung.
Wir wollten Spaß! Die meisten Gäste allerdings eher weniger
Im Nachhinein hat sich dieser Mangel aber als eigentlicher Vorteil erwiesen. Denn die Vorstellung, was den Gästen der Stadt gefallen und was sie kaufen würden hat sich in der Praxis als ziemlich falsch erwiesen. Es hat sich rasch gezeigt, dass keine einzige Hilfestellung von außen, die fehlende Erfahrung des direkten Kundenkontaktes ausgleichen konnte. Alles, was man uns über den Friedrichstädter Touristen erzählt hat, war falsch, bzw. irreführend.
Dafür gibt es mehrere Gründe, welche wir uns für die folgenden Schlussfolgerungen (in einem späteren Beitrag) in Erinnerung behalten sollten:
- Man hat immer die Kunden, welche man verdient. Man kann deshalb kaum auf Erfahrungswerte anderer zurückgreifen. → Zielgruppe
- Den meisten Anbietern in Friedrichstadt fehlt eine schlüssige Zielgruppenstrategie. Sie haben ein Angebot und freuen sich darüber, dass sie Kunden haben. Praktisch niemand macht sich seriös Gedanken darüber WARUM er/sie Kunden hat und WESHALB diese etwas kaufen, mieten oder sich bedienen lassen. → Bedarf
- Weil es nur um Masse und Umsatz geht, findet auch keine Analyse statt. Folglich tappt man im Dunkeln, was die effektive Kundenstruktur oder das Umsatzverhalten anbetrifft. Selbst die vorhandenen Daten werden nicht ausgewertet (was aber für alle Branchen gilt und nicht nur in Friedrichstadt ein Problem ist). Wie also will man auf Aussagen bauen, welche in erster Linie emotional oder kurzfristig situativ geprägt sind? → Datenverarbeitung und Analyse
Tatsächlich ist anfänglich in unserem Laden nicht viel so gelaufen, wie wir das erwartet haben. Weil wir keinen relevanten Warenbestand hatten, konnten wir diesen in der Folge aber relativ leicht an die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Kunden anpassen und tun es natürlich weiterhin.
Nein, Rosen sind nicht unser Leben
Nun muss man wissen, dass wir das Rosen-Huus nicht deshalb ins Leben gerufen haben, um uns einen Traum zu erfüllen. Wir sind bereits unternehmerisch tätig und brauchen deshalb kein Betätigungsfeld, um uns selbst zu verwirklichen. Auch haben wir überhaupt keinen Bezug zu Rosen in unserem Leben. Es geht also auch nicht darum, Hobby und Leidenschaft auszuleben. Wir sind mit dem Rosen-Huus angetreten, um die wirtschaftliche Situation des Tourismusstandortes Friedrichstadt relevant zu prägen. Und das nicht nur in Bezug auf unser kleines Lokal.
Wir stehen für Vertrieb, Marketing und wirtschaftliche Unternehmensführung. Wir müssen nicht, sondern wir wollen erfolgreich sein. Deshalb schauen wir uns ganz genau an, welches Marktpotential wir haben, wer bei uns Kunde wird (und weshalb) und auf wen unser Angebot überhaupt keine Wirkung zeigt. Persönliche verbringe ich mehr Zeit mit der Analyse, wie mit der Kundenberatung. Was auch schon ein kleines Problem zeigt: es sind nicht allzu viele Kunden. Auf jeden Fall in keinem Fall so viele, wie man uns weismachen will. Doch darauf habe ich schon mehrfach hingewiesen.
Welches Kundensegment wollen wir bearbeiten?
Ich habe schon vor dem Start des Rosen-Huus und bar jeder persönlichen Erfahrung behauptet, dass wir in Friedrichstadt ein wirtschaftlich unattraktives Kundensegment ansprechen. Vermutlich das wirtschaftlich unwirtschaftlichste, das man sich im Bereich des Tourismus in Deutschland vorstellen kann. Diesen Eindruck, den ich aus zwei Jahren Beobachterstatus gewonnen habe, hat sich durch die Geschäftserfahrung nun noch verfestigt.
Was ich jedoch überhaupt vorausgesehen habe, ist die monothematische Fixierung der meisten Tagestouristen. Die meisten Gäste haben einen klaren Grund, weshalb sie nach Friedrichstadt kommen. Diese Menschen interessieren sich für nichts anderes, als das, was sie auf ihrem Plan haben. Das hat oft etwas Verbissenes. Mit Spaß hat es auf jeden Fall nichts zu tun. Diese Menschen für sich gewinnen zu wollen ist sinnlos, weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis zueinanderstehen.
Jene, welche nach Friedrichstadt kommen, um einfachen eine gute Zeit zu verleben und alles nehmen, was sie bekommen können, sind klar in der Minderheit. Hier macht es Spaß. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch menschlich.
Die Dänen – die große unerfüllte Hoffnung
Keine Rolle spielen bei uns die Dänen, von denen man in Friedrichstadt wahre Wunder erwartet. Dänen, welche unseren Laden betreten, wollen in erster Linie alles ankucken, alles ausprobieren und selten Geld ausgeben. Das könnte damit zusammenhängen, dass es nicht DIE Dänen gibt, sondern dass sich die Welt auch im Reiche Dänemarks zweiteilt in einen ländlichen und einen städtischen Bereich. Wir glauben – und das Wort Glauben zeigt schon, dass wir es nicht wissen – dass die Dänen, welche Friedrichstadt besuchen, mehrheitlich nicht aus der reichen, weltoffenen Region Kopenhagen stammen. Wie gesagt, wissen es nicht, denn wir sprechen kein Dänisch. Und diese Dänen sprechen höchst ungern Englisch oder können es nicht. Wer schon einmal in Kopenhagen war, weiß allerdings, dass man dort besser Englisch spricht wie in weiten Teilen Großbritanniens … Ergo liegt der Schluss nahe, dass die Kombination von Knausrigkeit und fehlenden Fremdsprachenkenntnissen mit den ländlichen Wurzeln der Kundschaft zusammenhängt.
Wer hats gefunden? Die Schweizer!
Positive Erfahrungen haben wir mit den Schweizern gemacht. Schweizer sind mindestens so wohlhabend wie Dänen, haben aber den Vorteil, dass man ihr Deutsch zumindest in Teilen verstehen kann. Schweizer die im Norden Deutschlands Urlaub machen sind überdurchschnittlich interessiert. Warum? Weil weder Deutschland, noch Schleswig-Holstein im Fokus der Schweiz liegen, wenn es um Ferien geht. Wer sich also aus Helvetien in Richtung Norden auf den Weg macht, hat sich das vorher gut überlegt. Diese Menschen wollen etwas Neues entdecken. Oder sie kennen Land und Leute schon und lieben es.
Diesen Gästen hat die Region auch viel zu bieten, was es in ihrer Heimat nicht gibt. Der Erlebnisfaktor ist für diese Gäste deshalb sehr hoch. Dies sollten wir uns ebenfalls in Erinnerung behalten, wenn wir über das Geschäftsmodell Tourismus unterhalten werden: Schweizer sind zwar keine besseren Menschen wie die Deutschen und die Dänen, aber als Zielgruppe für Friedrichstadt viel attraktiver. Denn Schweizer haben nicht nur im Schnitt mehr Geld, sie haben auch eine andere Erwartungshaltung. Eine Erwartungshaltung, welche wir in Friedrichstadt quasi mit Bordmitteln befriedigen können. Wenn wir uns anstrengen (würden)!
Das Rosen-Huus soll Spaß machen
Die Idee hinter dem Rosen-Huus ist, dass Touristen in der Stadt ein Angebot vorfinden, das zum Verweilen einlädt und das einfach nur Spaß macht. Wir haben dazu ein Thema gewählt, welches leicht und unverfänglich ist, das Emotionen wecken kann und mit dem man in verschiedensten Variationen spielen könnte. Damit wollten wir anderen Geschäften in der Stadt die Möglichkeit geben, sich ebenfalls an diesem Unterhaltungsprogramm zu beteiligen. Würden wir das Thema gemeinsam spielen, wäre die Außenwirkung deutlich höher.
Was die Einheimischen anbetrifft, haben wir seitens des Rosen-Huus zwei ganz interessante Erfahrungen gemacht.
Stur geradeaus
Das lokale Gewerbe läuft unbeirrt auf ausgetretenen Pfaden weiter. Der Versuch der Inspiration läuft ins Leere. Diese Trägheit kann jemanden, der in der Unternehmerberatung tätig ist, nicht wirklich überraschen. Sie ist ein Phänomen, welches man unabhängig von Branche und Region antrifft. Was überraschend war, ist der Umstand, dass man zum einen sehr misstrauisch gegenüber dem kostenlosen und unverbindlichen Angebot des Rosen-Huus ist (Stichwort „Show-Room im Rosen-Huus“) und wie wichtig es ist, wer sich sonst noch so an den Aktivtäten beteiligt. Und das nicht etwas im Sinne von „ach der auch!“, sondern mehr in Richtung „mit dem gar nicht!“. So ein Gebaren ist uns eigentlich völlig fremd und wir lassen uns davon aus nicht in irgendeiner Weise einbinden, vereinnahmen oder beeinflussen.
Die Überraschung: Dankbare Einheimische
Die andere Erfahrung war, dass unsere hübsche Touristenfalle eigentlich ein Ort ist, über den sich die Einheimischen freuen. Ein Großteil unserer Kunden kommt aus der Region und schätzt es bei uns einzukaufen und sich mit uns zu unterhalten. Diese positive Resonanz haben wir nicht erwartet, genießen sie aber in vollen Zügen. Und wir haben auch unsere Konsequenzen daraus gezogen, indem wir den Laden über die Winterzeit nicht nur nicht schließen, sondern durch ein Wintercafé ergänzen. Auf dass die Stadt nach der Saison nicht ganz in den Tiefschlaf fällt.
Fazit Saisonrückblick Rosen-Huus 2018
- Das Rosen-Huus ist in Friedrichstadt angekommen. Wir haben nach einigen Anlaufschwierigkeiten ein Sortiment gefunden, welches zu uns, den Einheimischen, aber auch einem gewissen Anteil am Besucherstrom gerecht wird. Sicher, es lässt sich noch verbessern, aber das ist nach sechs Monaten vermutlich keine Überraschung.
- Völlig unter den Erwartungen ist die Frequenz, welche an dieser Lage auf der Basis öffentlich verbreiteter Besucherströme verbunden ist. Diesen Eindruck haben aber nicht nur wir, sondern nahezu alle, mit denen wir zu tun haben. Wer zählen kann, wird zum gleichen Ergebnis kommen. Die kolportierten Zahlen stimmen so nicht. Zumindest kann man sie nicht kritiklos als Basis für einen Geschäftsplan nehmen.
- Das potentielle Kundensegment (exkl. Einheimische) schafft es nicht, die bereits niedrigen Erwartungen zu erfüllen. Es ist weder fähig, noch bereit in der Stadt unnötig Geld liegen zu lassen. Es erstaunt deshalb nicht, dass trotz gigantischer Statistik, das Gewerbe hier einen sehr schweren Stand hat. à Geschäftsmodell Gewerbe Friedrichstadt
- Das Angebot, gemeinsam ein Spaßthema aufzugreifen und Friedrichstadt so für Kurzzeitgäste attraktiver zu machen, wurde nur von wenigen wahrgenommen. Allerdings eher in Richtung „mach mal“, denn „lass und das Projekt angehen“. So wird das nix.
Für uns ist das Rosen-Huus ein unternehmerisches Projekt. Wir beabsichtigen zu zeigen, dass man das Thema Rosen dazu verwenden kann, sich ein interessantes und wirtschaftlich attraktives Publikum zu erschließen. Die ersten Monate haben gezeigt, dass dies denkbar ist. Es hat sich aber auch gezeigt, wie schwierig es ist, ein gemeinschaftliches Projekt zu starten, wenn jeder nur für sicher schaut und dem Nachbar misstraut. Wir bleiben deshalb für die kommende Saison für Kooperationen offen, werden aber unseren eigenen Weg gehen. à Rosenträume+
Anmerkung:
Eigentlich gehört es nicht wirklich hierher. Aber trotzdem ist der Saisonrückblick Rosen-Huus nicht vollständig, wenn das nicht erwähnt würde: Wenn hier wirtschaftlich etwas nicht läuft, wie es laufen könnte oder wie man sich erwünscht, dass es laufen würde, so liegt das nicht an der Verwaltung. Sowohl von Seiten der Stadt, als auch dem Amt zeigt man sich in Friedrichstadt äußerst kooperativ. Muss auch einmal gesagt werden. Vielen Dank dafür.