[vc_row][vc_column][vc_column_text css=“.vc_custom_1578221448462{margin-bottom: 0px !important;}“]Eigentlich startet man ein neues Jahr mit einem Ausblick. Aber weil ich mich nicht allzu gerne in ein festes Korsett zwängen lasse, beginne ich meinen Ausblick mit einem Rückblick, welcher dann – wenn alles klappt – in einem Wunsch für 2020 mündet.
Nehmen Sie sich die Zeit!
Am letzten Tag des vergangenen Jahres habe ich einen Podcast von Sascha Lobo auf spiegelonline.de gehört, in welchem er die besten User Kommentare des Jahres gekürt hat. Auf Rang zwei war folgender Kommentar zu finden:
Was will uns nisse1970 hier sagen? Nun, es handelte sich um einen Kommentar zu Kommentaren über einen Beitrag von Spiegel Online. Dieser sah wie folgt aus:
Die Empörungswelle war natürlich groß, denn die Holzfeuerung hat vermutlich in Deutschland noch mehr Anhänger wie Tempo 285 auf den deutschen Autobahnen. Was die meisten Leser aber übersehen haben war, dass es gar nicht darum geht, die Holzfeuerung zu verbieten. Holzofenbesitzer sollten vielmehr dazu verpflichten werden, einen Partikelfilter einzubauen. Wer nur den Titel gelesen hat, der konnte das natürlich nicht wissen…
Sascha Lobo hat diesen User Kommentar prämiert, weil er mit Witz auf den Punkt bringt, was im Onlinebereich seit Jahren immer stärkere Ausmaße annimmt. Nissen1979 Kritik trifft aber nur die User. Sascha Lobo kritisiert darüber hinaus auch seinen eigenen Brötchengeber. Dieser arbeite zu oft mit Headlines, die möglichst viel Aufmerksamkeit erwecken wollen, aber inhaltlich nicht das zu bieten haben, was sie versprechen.
Sascha Lobo hat Recht: Wir werden oberflächlicher
Ich bekenne: Auch ich bin nicht frei von Sünde. Zum einen, weil ich das mit den Headlines auch immer wieder mache (und dafür, selbst von mir zuwandten Personen, zu Recht kritisiert werde). Und zum andern, weil auch mein Leseverhalten sich in der Richtung verändert hat, dass ich die meisten Informationen überfliege. Dass ich mich richtig gehend zwingen muss, einen Beitrag, einen Artikel voll zu lesen. Das ist doof. Aber Heilung ist möglich und wenn ich mir etwas fürs neue Jahr vorgenommen habe, dann diesen Trend bei mir zu brechen. Und zwar in beide Richtungen.
Aber es soll in diesem Beitrag ja nicht um die Weisheit von Sascha Lobo gehen. Auch will ich hier nicht allzu sehr zu Kreuze kriechen. Das würde mir eh niemand glauben – zumal ich nicht so richtig religiös bin.
Nein es geht darum, dass natürlich auch meine Beiträge darunter leiden, dass die Menschen entweder nur die Headline lesen oder den Inhalt mit einer fixen Vorstellung was genau ich sagen will, überfliegen. Da kann man als Schreiberling natürlich nichts machen. Wenn selbst jener Beitrag, an welchem ich wochenlang gefeilt und mit anderen ausdiskutiert habe, am Ende so gelesen wird, wie es dem Leser gerade in den Kram, in sein Weltbild passt, wird es schwierig.
Aber ich will jetzt auch nicht rumjammern. Wenn ich nicht in die Kritik geraten will, muss ich mich ja auch nicht exponieren. Ich könnte mich ja den übrigen 95% der Bevölkerung anschließen und einfach abwarten was passiert. Oder mich, wenn nicht das passiert, was ich durch meine Passivität auslösen wollte, den Gelbwesten anschließen und meiner Wut über die Fehlentwicklung freien Lauf lassen…
Willkommen im 21. Jahrhundert
Leider oder zum Glück, je nach Sichtweise, ist das aber nicht meine Art. Und deshalb habe ich 1621.sh geschaffen, mit dem Ziel Prozesse in Gang zu setzen und Dinge zu verändern. Ist 1621.sh eine Zeitung? Natürlich nicht. Das Stadtjournal 1621.sh ist konzipiert als offene, digitale Diskussionsplattform. Das kann man übrigens schon seit jeher im Title ablesen: 1621 – News, Meinungen, Diskussion. Manchmal ist es also ein Blog, manchmal eine Plattform und manchmal sogar eine Art Zeitung. Für Menschen, welche noch in den Kategorien des letzten Jahrtausends verhaftet sind, ist das natürlich schwer einzuordnen. Ihnen kann ich nur entgegenrufen: Die Zeiten, die Medien und die Kommunikationsformen haben sich verändert und werden sich weiter verändern. Gewöhnen Sie sich daran.
Noch scheinen sich die Friedrichstädter in der neuen Welt aber noch nicht zurecht gefunden zu haben. Deshalb begreifen Sie die Beiträge auf 1621.sh als das, was sie von der Husumer Nachrichten oder ähnlichen Qualitätsmedien gewohnt sind: ein Einwegdialog.
Herzliche Gratulation: Sie haben recht! Aber was bringt Ihnen das?
Das ist meine optimistischste Interpretation der Verhaltensweise vieler Friedrichstädter im Umgang mit Beiträgen, mit deren Inhalt sie nicht oder nicht voll d’accord gehen. Praktisch niemand fühlt sich motiviert, auf einen Vorschlag oder eine Kritik konstruktiv zu reagieren. Etwa mit einem Lösungsvorschlag oder einer alternativen These.
Stattdessen beschränken sie die Reaktionen nahezu vollständig darauf zu beweisen, dass falsch recherchiert wurde, die Faktenlage ganz anders sei, die Schlussfolgerungen absurd und die zugrundeliegenden Haltungen fragwürdig seien. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob ein Beitrag tatsächlich gelesen und verstanden, nur oberflächlich quergelesen (siehe Sascha Lobo) oder allein auf der Basis der eigenen Voreingenommenheit „verstanden“ und verurteilt wurde.
Ist es nicht erstaunlich, dass die Menschen Energie, Zeit und Kraft aufwenden, allein um die Fehler anderer aufzuzeigen? Warum verzichten sie danach darauf, die Chance dieses Denkprozesses zu nutzen, stimmigere Lösung vorzuschlagen und Kraft der gewonnenen Erkenntnis das eigene und das Leben der Mitbürger besser zu gestalten?
Verschwendung in 1829 Worten
Ein exemplarisches Beispiel ist ein Leserbeitrag, welcher in 1829 Wörtern eine Generalabrechnung mit 1621.sh und mir vornimmt. 1829 Wörter, nicht einfach in einem Anfall von Wut und Abscheu rausgekotzt, sondern strukturiert und überlegt geschrieben. Es ist erkennbar, dass der Schreiber bemüht war zu recherchieren und der Sache auf den Grund zu gehen. Herausgekommen ist ein einziger langer Verriss unserer Arbeit auf 1621.sh.
Kann man machen und persönlich habe ich auch kein Problem damit. Natürlich gehe ich nicht mit ihm einig. Schon gar nicht dort, wo es offensichtlich ist, dass er sich mit dem Inhalt meiner Texte nicht wirklich beschäftigt hat, sondern nur auf die Headlines abstellt (siehe Sascha Lobo). Trotz all der trotzigen Kritik habe ich mit diesem Mann aber kein Problem. Womit ich ein Problem habe ist, dass man sich offensichtlich stundenlang darüber Gedanken machen kann, zu beweisen was der andere Typ so alles falsch macht. Dabei aber nicht die kleinste eigene Idee, den winzigsten eigenen Verbesserungsvorschlag gebiert, um damit in die Diskussion zu gehen. Was für eine Verschwendung von Zeit, Geist und Energie.
Besserwisserei ist eine Todsünde
Ich bin jetzt nicht zu hundert Prozent sicher, aber ich glaube, Besserwisserei ist eine Todsünde (natürlich ist das nicht wahr, klingt aber wahnsinnig gut und passt in jeder Beziehung in den aktuellen Kontext). Im besten Fall ist ein solches Verhalten unproduktiv, im weniger guten stehen sich danach zwei beleidigte Gockel oder Hühner unversöhnliche gegenüber und hinterlassen verbrannte Erde.
Nichts gegen einen guten Streit. Die Wissenschaft lebt davon, dass sich die Beteiligten gegenseitig beweisen, sich auf dem Holzweg zu befinden. Weil es dabei aber um die Sache geht, führen solche „Streitereien“ dazu, dass die Beteiligten sich und ihre Ideen ständig hinterfragen müssen. Mit dem Ergebnis, dass die Wissenschaft sich zur Wahrheit hochschaukelt. Oder wie man auch sagt, sich Schritt für Schritt nach vorne irrt.
Das Stadtjournal im Jahr 2020
Zum Ausblick: Das Stadtjournal 1621.sh wird auch im laufenden Jahr nicht braver werden. Aber wir (vor allem ich selbst) werden missverständliche oder aggressive Überschriften wann immer (also immer dann, wenn wir sie als solche erkennen) möglich meiden. Was nicht heißt, dass wir uns nun in Richtung der Husumer bewegen wollen. Wir wollen einfach klarer werden.
Im Gegenzug wünschen wir uns von unseren Usern und Lesern, dass sie ihre Zeit nicht weiter verschwenden, sondern ihre Fähigkeiten dazu nutzen, zu gestalten. In welche Richtung diese gedankliche Mitarbeit geht, darüber machen wir natürlich keine Vorgaben.
Wenn Sie sich aber auf einen unserer Texte beziehen, diese kritisieren oder durch eigene Ideen ergänzen, denken Sie bitte jeweils an nissen1979 und Sascha Lobo: Lesen sie den Beitrag auch tatsächlich und überlegen Sie sich möglichst unvoreingenommen, was die Autoren eigentlich sagen wollten.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text css=“.vc_custom_1578173814937{margin-bottom: 0px !important;}“]
Das sind die 12 interessantesten Kommentare des Jahres auf SPIEGEL Online
Wer sich den Podcast von Sascha Lobo einmal anhören möchte, muss einfach hier klicken und los geht’s!
https://soundcloud.com/user-728223693[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]