Mit der finalen Entsorgung des Seeadlers geht auch ein Kapitel Kieler Geschichte zu Ende,
das der Erinnerung würdig ist. Ralph Heinrich, den man in Kiel, Laboe oder Stickenhörn
auch gerne ein „Original“ nannte, hat in seinem langen Leben viele Menschen zum Staunen, Lachen und Nachdenken gebracht. Ein eigenwilliger Künstler, dessen Leben, Phantasien und Arbeiten sechzig Jahre lang um sein Traumschiff kreisten.
Das Werk des Künstlers, der nach einer Maurerlehre die Ausbildung zum Bildhauer und
Künstler durchlief, ist leider überwiegend verschollen. Was nicht von Freunden sichergestellt wurde, haben geldgierige Zeitgenossen verschachert oder gestohlen.
Sein Lebensstil und sein Werk waren zu ungewöhnlich, um in die normalen Kategorien des offiziellen Kunstbetriebes zu passen. Allenfalls Kunsthandwerk. Der Grenzgänger zwischen Kunst und Handwerk passte nicht in die Vorstellung, die sich der offizielle Kunstbetrieb von der Kunst macht, die in Museen gehört und erfolgreich kuratiert und vermarktet werden kann.
Nur wenige Arbeiten sind heute noch zu finden
Nur wenige seiner Arbeiten sind auffindbar: In der Anatomie der Kieler Universität, in den Straßen Laboes (denen er die Gebühr für seinen Liegeplatz in Naturalien bezahlte) und bei guten Freunden wie der Fotografin Ute Boeters, denen er aus Dankbarkeit und Zuneigung einige Arbeiten schenkte.
Ein Film wurde über sein Leben gedreht und im Kino gezeigt. Ein zweiter Film war, bevor der 93jährig im Jahr 2013 starb, in Planung. Die Zeitschrift Yacht und andere Journale widmeten ihm Reportagen.
Gegen Ende seines Lebens und nach seinem Tod wird sein bemerkenswertes Lebenswerk
zu Grunde gerichtet und in alle Welt zerstreut. Sein Schiff, das seit den 60er Jahren der
Mittelpunkt seines phantastischen Lebens, Denkens und Arbeitens war, gerät in die Hände zweifelhafter Geschäftemacher und landet 2012 im Hafen von Friedrichstadt. Der
Friedrichstädter Kaufmann Maik Konkel hatte es einem zweifelhaften Kieler Geschäftsmann abgekauft – konnte aber seine eigenen Pläne für das Schiff genauso wenig verwirklichen, wie der Hamburger Kapitän im Ruhestand, dem er es anschließend schenkte. Dass der Stadt Friedrichstadt am Ende nichts anderes übrig blieb, als die traurigen Rest zu verschrotten, kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Denn das blau-rote-Schiff, auf dem Ralph Heinrich viele Jahrzehnte lebte und arbeitete, wurde zwar gerne von Touristen fotografiert, gekümmert hat sich aber am Ende niemand um die Erhaltung seiner Substanz. Die Behörden mussten es mehrfach vor dem Untergang retten, um das Austreten von Benzin und Schmierstoffen in das Hafenbecken zu verhindern. Die vielen Kunstwerke und Schnitzereien aus dem Schiffsinneren waren schon lange entfernt worden waren. Wohin sie gegangen sind, weiß auch Ute Boeters nicht, die mit dem Bildhauer über 40 Jahre befreundet war, mit ihm gesegelt ist und nicht nur spannende Geschichten über ihn erzählen kann, sondern ca.70 Stunden dokumentarisches Filmmaterial und ein Fotoarchiv hütet, das sein Leben, Arbeiten und Denken festhält.
An die vielen beeindruckenden Begegnungen mit Ralph Heinrich erinnert sie sich gerne aber auch wehmutsvoll. In ihren Erinnerungen ist er immer noch ein bemerkenswerter Mann voller Lebensfreude und Musikalität, ein ungewöhnlich guter Tänzer, der im Laboer Festzelt zum Kieler Umschlag unverzichtbar war und im hohen Alter nicht nur in ihrem Hause, wochenlang überwinterte, weil der Seeadler, keine Heizung besaß.
Original oder Aktionskünstler? Eine Frage der Sichtweise.
In den Kieler Lokalnachrichten kann man bis heute viele Episoden seines oft dramatischen Lebens nachlesen. Ralph Heinrich war immer eine Nachricht wert. Das fing in den 60er Jahren an, als er auf der Wiese an der Hörn das oft verspottete Abenteuer des eigenhändigen Erbauens des Seeadler begann, bis zu dem Tag in den 80er Jahren als ein Kran sein Schiff an den Haken nahm und ins Wasser setzte. Die Befehl lautete, es auf Land fallen zu lassen und zu zerschmettern, wenn die gemalte Wasserlinie nicht eingehalten wurde. Mit angehaltenem Atem warteten die Zuschauer auf das Signal „Es schwimmt“ des Kranfahrers. Einzig Ralph Heinrich hatte keinen Zweifel daran. Als schließlich der Applaus toste, liefen ihm die Freudentränen.
Das Boot wird an der Nordseite der Gaardener Str. abgesetzt. Es wurden Wetten abgeschlossen, schwimmt es oder schwimmt es nicht! Auch zur Überraschung einiger Schiffbauingeneure schwamm das Schiff. Es war 80 Tonnen schwer und in 20 Jahren ohne einen Bauplan von Ralph Heinrich erstellt. Foto: Ute Boeters
Sein Lebensmotto „Schnack nicht lang, bau Dir selber ein Schiff“ stand auf ein Schild
geschrieben.Er ließ sich nicht von vorbeischlendernden Zuschauern mit Fragen von der
Arbeit abhalten.
Dass Ralph Heinrich nicht nur ein verrückter Handwerker und Original war, sondern ein Gesamtkunstwerk, man könnte auch von „Aktionskünstler“ sprechen, ist eine der vielen Launen der Kunst-Geschichte.
Kunst entsteht im Auge des Betrachters
Er war vermutlich zu „seltsam“ und vor allem zu bescheiden, um den kommerziellen „Überbau“ zu konstruieren , der aus Handwerk Kunst macht. Die Lebensfreude und Gradlinigkeit, mit der er ein Leben lang seine Ideen und Träume lebte
und – koste es was es wolle – seine Phantasien „materialisierte“, sind ebenso außergewöhnlich wie seine Könnerschaft, seine Lebenskunst und sein Denken, das auf eine auf eine Aufarbeitung und Würdigung harren.
Weitere Informationen:
http://www.uwe-steinhoff.de/23701/home.html
Was für ein wunderbarer Mensch Ralph Heinrich doch war; auch, wenn ich einzig durch ein Video auf
ihn aufmerksam geworden bin. Daß er darin z.B. sagt:“ Früher hat Ehrfurcht, Respekt und Hilfe noch
etwas bedeutet – aber heute…?“ Ja, weise Worte eines weisen alten Mannes! Wo findet man heute
noch einen Menschen, der in Ehren alt geworden ist? Und: noch schlimmer: “ wer ehrt heute noch einen alten Menschen…? “ Manchmal könnte ich nur noch kotzen … ich bin übrigens “ erst “ 61 Jahre
alt, doch ich werde nicht mehr lange leben – mich hält hier “ nichts “ mehr in dieser grausamen Welt, der nun auch noch vom Staat die “ Zwangs – Pandemie “ verordnet wurde : Schande über alle Politiker – nun, es wird sich rächen — aber das erlebe ich nicht mehr!
Hallo Yve Montand,
da der gute Yves jetzt auch schon ein paar lange Jahre tot ist, gehe ich einmal davon aus, dass dies nicht der richtige Name ist… Trotzdem bedauere ich natürlich, dass Sie mit 61 bereits ans Sterben denken (müßen?).
Wir sind hier eine relativ liberale Meinungsplattform, auf welcher jeder im Rahmen des Anstandes sagen und schreiben darf, was er oder sie will. Deshalb habe ich diesen Kommentar auch freigegeben, obwohl ich den letzten Satz einfach nur für dumm halte. Was um alles in der Welt soll in Ihren Augen eine Zwangspandemie sein? Wir erleben gerade eine ganz normale Infektion. Solche hat es wohl schon immer gegeben. Einzig das Ausmass ist dem Umstand geschuldet, dass wir immer mehr Leute auf diesem Planeten sind, welche sich immer mehr austauschen. Eigentlich nichts Besonderes.
Besonders ist allerdings, dass einige Hundertausend innerhalb kürzester Zeit daran gestorben sind. Die meisten Regierungen dieser Welt kämpfen dagegen an. Einige haben das Problem geleugnet und dafür einen hohen Preis bezahlen müssen (also nicht die Regierung, sondern die Regierten). In diesem Zusammenhang also von einer Zwangspandemie zu sprechen ist deutlich respektloser, als der von Ihnen angesprochene Zerfall des Respektes gegenüber alten Menschen. Wollen Sie den Rest Ihres verbleibenden Daseins tatsächlich damit verbringen, solche Jammergeschichten in die Welt zu setzen? Ich hoffe nicht und wünsche Ihnen beim Versuch, Ihrem Leben noch etwas Positives abzugewinnen, nur das Beste!
Freundliche Grüße
Daniel S. Batt