Mit diesen Pfunden sollt Ihr wuchern

Ein Grund für die wirtschaftliche Schwäche von Friedrichstadt und der Region ist deren Randlage: Verkehrstechnisch schlecht erschlossen, Abseits der attraktiven Küstenlagen, mit einer unterdurchschnittlichen Anbindung ans Internet versehen. Und überhaupt: der Trend weist klar in Richtung Megapolis – und dazu zählt Friedrichstadt mit Sicherheit nicht. Die wirtschaftliche Schieflage ist also kein Zufall und wenn man die mögliche Entwicklung auf die Zukunft hochrechnet, gibt es gute Gründe seinen Laden dicht zu machen bevor alles zusammenbricht…

Ob sich diese Zukunft einstellt, hängt ganz alleine davon ab, ob man sich mit seinem Schicksal einfach abfindet oder Gegensteuer gibt. Der Standort Friedrichstadt besitzt nämlich neben besagten Nachteile auch einige Trümpfe in der Hand. Wobei diese ihre Wirkung nur entfalten können, wenn man sie gezielt ausspielt.

Wir wollen nachfolgend einmal betrachten, welchen Argumente der Standort Friedrichstadt in die Waagschale werfen kann, wenn es darum geht die Zukunftsaussichten der Stadt und der Region zu verbessern.

Lage

Vermutlich werden die meisten Menschen die pe­ri­phere Lage von Friedrichstadt kaum als Vorteil sehen. Dies ist in Bezug auf viele Wirtschaftsbereiche sicherlich richtig. Der Vorteil einer kleinen Stadt liegt aber genau darin, dass es sich auf die Nische konzentrieren kann und dort immer noch genug Potentiale für ihren Bedarf findet.

Jede Initiative muss deshalb zwingend zu Beginn definieren, welche Nischen man bearbeiten will. Dies gilt sowohl in Bezug auf mögliche Wirtschaftsaktivitäten, als auch im Hinblick auf mögliche Zuwanderer – also junge Menschen, welche die Stadt und die Region auch zukünftig weiterbringen können.

Raumangebot

Wer schon einmal eine Wohnung oder einen bezahlbaren Gewerberaum in München oder Hamburg gesucht hat kann sich vorstellen, welch großer Vorteil ein funktionierender Immobilienmarkt mit mehr oder minder preiswerten Angeboten sein kann.

Lebensqualität

Es stimmt: Großstädte haben ein reiches Freizeitangebot. Man kann hervorragend Essen gehen, es gibt Kinos, Theater, Oper und ein breites Angebot um selber Sport zu betreiben oder Spitzensport zu konsumieren.

Aber es gibt auch viel Lärm, Schmutz, Kriminalität, Stress und Beton wohin das Auge reicht. Es gibt unter Umständen Schulen und Kindergärten, welche man sich als Eltern nicht wünscht. Es fehlt die Möglichkeit den eigenen Nachwuchs einfach einmal raus gehen zu lassen um mit anderen Kindern zu spielen. Kein Wald, keine Wiese und auch zuhause nicht viel Raum.

Und dass Friedrichstadt wunderbar anzusehen ist und in einer nicht weniger attraktiven Landschaft eingebettet ist, muss wohl nicht zusätzlich erwähnt werden.

Attraktiver Arbeitsmarkt

Heikles Thema. Tatsache ist, dass die Lohnkosten in Nordfriesland tiefer sind, wie in München. Das ist dann ein Vorteil, wenn Produkte und Dienstleistungen ortsunabhängig sind, es also keine Rolle spielt, wo die Leistung erbracht wird.

Es geht hier aber nicht darum, dass die Arbeitskosten generell gedrückt werden sollen. Im Gegenteil. Es geht darum, dass ein Arbeitnehmer / eine Arbeitnehmerin in Friedrichstadt weniger Gehalt beziehen muss, um denselben Lebensstandard wie die Kollegen und Kolleginnen in München zu halten. Einmal ganz abgesehen von der Definition von Lebensstandard…

Mittelfristiges Ziel muss es sein, die durchschnittlichen Einkommen im Vergleich zu heute sogar zu erhöhen. Allerdings nicht mittels Gehaltserhöhungen, sondern indem wir gemeinsam versuchen unser Qualitätslevel zu steigern und so in höhere Gehaltskategorien vorzustoßen.

Qualifikation ist auch das Schlüsselwort, wenn es darum geht mehr Arbeitsplätze in die Stadt und die Region zu bringen.

Steuern

Nein, hier soll nicht einem perversen Steuerwettbewerb das Wort gesprochen werden. Wobei Wettbewerb schon o.k. ist. Die Frage ist, ob man zur Selbstaufgabe neigt und die Steuern gegen den Nullpunkt fährt oder ob man einen – im Vergleich zu Metropolen – attraktiven Steuersatz bietet.

Ganz nebenbei: für jene Kategorie von Unternehmen, deren Ansiedlung in kleinen Städten wie Friedrichstadt überhaupt Sinn machen, spielt der Steuersatz als solches nur eine untergeordnete Rolle. Deutlich wichtiger ist, dass das Finanzamt kundenfreundlich und lösungsorientiert arbeitet. Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen leiden nämlich weniger unter der Steuerlast, sondern unter einer kaum mehr zu bewältigenden Last bürokratischer Hemmnisse und Aufgaben.

Generell gilt: Kurze Wege, einfacher und kooperativer Dialog in der Zusammenarbeit mit Behörden sind deutlich dienlicher, als kurzfristige Steuerersparnisse. Unternehmer wollen sich nämlich nicht mit Beamten rumärgern, sondern ihre Arbeitszeit dem eigentlichen produktiven Prozess widmen. Das beste daran: diese potientiellen Standortvorteile kosten nicht nur nichts, sie machen das Leben für alle Beteiligten leichter und besser.

Weltoffenheit

Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit sind keine wirklichen Standortvorteile. Provinzielles Denken, welches jede Form von Zuwanderung – und sei sie nur aus einem Nachbarbezirk – als Zumutung empfindet, ist eine Belastung für den Standort Friedrichstadt. Es hält Menschen ab Friedrichstadt ein zweites Mal zu besuchen (was dem Tourismus schadet), es verhindert ein dringend benötigtes Zuwanderungsplus (weil Friedrichstadt sonst einfach wegstirbt) und hält auswärtige Unternehmer/Unternehmerinnen/Unternehmen davon ab, in Friedrichstadt neue Arbeitsplätze zu schaffen. Was wiederum dazu führt, dass immer mehr junge Menschen ihr Glück anderswo suchen, das Steueraufkommen weiter sinkt, der Stadt notwendige Mittel vorenthalten werden, die Infrastruktur vernachlässigt, statt erhalten und ausgebaut wird und sich die Todesspirale immer schneller nach unten dreht.

Weltoffenheit ist ein wichtiger Standortvorteil, welcher lustigerweise nichts kostet, viel Spaß bringt, soziale Kontakte schafft und ohne den Konsum bewusstseinserweiternder Drogen neue Horizonte eröffnet.

Fazit: Standortvorteile sind vorhanden, müssen aber gezielt genutzt werden

Bei näherer Betrachtung hätte Friedrichs Stadt einige Standortvorteile zu bieten, um sich eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen. Allerdings ist keiner dieser Standortvorteile ein Selbstläufer. Es gilt darum die Möglichkeiten zu erkennen, sie auszubauen und – das ist das Entscheidende – sie gezielt zu vermarkten. Dabei können wir sogar davon profitieren, dass Friedrichs III Vision von einer bedeutenden Handelsmetropole gescheitert ist: Friedrichstadt ist klein geblieben. Deshalb braucht es nur vergleichsweise kleine Erfolge in der Nische, um die Stadt nach vorne zu bringen.

Allerdings braucht es auch für kleine Erfolge gezielte Aktionen und Maßnahmen. Alleine mit dem Formulieren wohlfeiler „Visionen“ und „Zielen“ ist noch lange nichts gewonnen. Erfolge müssen konkret erarbeitet werden und das ist ohne den Einsatz und das Engagement der Friedrichstädter Bürgerschaft nicht zu schaffen.