Kommunalwahl 2023 (Teil IV)

Steht ein Beetle im Schilf

Am 14. Mai 2023 finden in Schleswig-Holstein Kommunalwahlen statt. Wie bereits angekündigt, werden wir auf 1621.sh die Wahl begleiten und Ihnen dazu Analysen und Kommentare liefern. Beginnen wollen wir mit einer Stilkritik, welche uns erst einmal zweitausend Jahre zurückführt, um dort viel über den aktuellen Zustand der Lokalpolitik in Friedrichstadt zu erfahren.

Steht ein schwarzer Beetle im Schilf

Am Sonntag finden die Kommunalwahlen statt, die gerade in Friedrichstadt für viele Menschen eine außerordentliche Bedeutung haben. Nicht, weil Gemeindewahlen per se von höchster Wichtigkeit wären, sondern weil sie mit einem Befreiungsschlag verbunden sein werden. Weshalb dem so ist, wollen wir in diesem Rückblick beleuchten.


Vieles, was die Führungsriege der Mehrheitsfraktion in der Stadtverordnetenversammlung in den letzten fünf Jahren auf den Weg gebracht hat, kann man je nach Sichtweise entweder gut oder schlecht finden. Persönlich halte ich sie für krasse Unterperformer. Aber ich bin mir sicher, dass es Menschen gibt, die das ganz anders sehen. Etwa die, welche direkt und persönlich von ihr profitiert haben.

Für mich geht das in Ordnung. So funktioniert eine Demokratie und deshalb kommt es hin und wieder zu einem Machtwechsel.

Ich schreibe das deshalb, um klarzustellen, dass alles, was nun folgt, meine persönliche Meinung ist. 1


Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Würde man mich auffordern, die zurückliegende Amtsperiode der Friedrichstädter Stadtverordnetenversammlung in ein Bild zu gießen, würde es wie folgt aussehen: Ein schwarzer VW Beetle, der im absoluten Halteverbot vor dem örtlichen Rathaus steht. In etwa so wie das Beitragsbild2, welches Sie hier sehen.

Warum?

Weil dieses kleine Verkehrsvergehen für alles steht, was in den vergangenen fünf Jahren in dieser Stadt falsch gelaufen ist.

Dreistigkeit

Wieviel Dreistigkeit ist notwendig, sein Fahrzeug ausgerechnet hier stehen zu lassen? An einem Ort, der exponierter nicht sein könnte. Ein Fahrzeug, das jeder kennt.

Glaubwürdigkeit

Die laufende Legislaturperiode war bekanntlich überschattet von einem durch und durch gescheiterten Versuch, den Verkehr der Stadt neu zu regeln. Das Bild steht deshalb einerseits für den hausgemachten Verkehr in der Innenstadt und andererseits für die mangelnde Glaubwürdigkeit, dieses Problem tatsächlich angehen zu wollen.

Naja, eigentlich steht es auch für eine besondere Charaktereigenschaft der Beteiligten.

Vertrauen

Wenn es möglich ist, sein Fahrzeug unmittelbar vor dem Sitz des Ordnungsamtes im absoluten Halteverbot unbehelligt stehen zu lassen, schafft das genau die Art von Emotionen, welche geeignet ist, das Vertrauen in die Behörden zu erschüttern.

Das gilt übrigens nicht nur für den Bereich des Rathauses. Denn den An- und Einwohnern der Innenstadt entgeht nicht, wenn bestimmte Personengruppen auffällig wenig zu befürchten haben, wenn sie ihren Wagen unglücklich abstellen.

Und dabei stehen verteilte und nicht verteilte Parkbußen natürlich nur stellvertretend für andere Vorgänge, bei denen man sich als unbeteiligter Bürger manchmal fragt, wieso dies bei den einen möglich und bei anderen verboten ist.

Feudalismus & Zusammenhalt

Der schwarze VW Beetle vor dem Rathaus steht ganz allein da. Was will uns das sagen? Ist es ein Hinweis darauf, dass die sogenannte Elite dieser Stadt gerne unter sich bleibt? Etwa, wenn es darum geht, einen der wichtigsten Tage der Stadt, welche nur jede zweite Generation überhaupt erlebt, zu feiern?

Die traurige 400-Jahr-Feier auf dem Marktplatz. Ein Anlass, welcher normalerweise dazu dient, das „Wir-Gefühl“ einer Kommune zu stärken, war 2021 einem kleinen, handverlesenen Kreis vorbehalten. Allerdings war wohl niemand, dem keine Einladung zugetragen wurde, darüber traurig. Dazu war der Anlass zu beelendend, zu glanzlos und viel zu langweilig.

Auch die Führungsriege, welche offensichtlich gehofft hatte, dass etwas vom Glanze des Jubiläums auf sie fallen würde, dürfte insgesamt enttäuscht worden sein. Was nicht allein am Regen, sondern vielmehr an der Tatsache lag, dass sich niemand von Rang und Namen bereit erklärt hat, der Feier eine höhere Weihe zu verleihen.

In Kiel interessiert sich eben niemand für den verarmten Landadel in der Provinz.

Zum Glück gab es neben den offiziellen „Feierlichkeiten“ auch noch das Stadtmusical. An diesem konnte man sehen, welche Kraft ein solches Event entwickeln kann, wenn man nicht in Kategorien wie „oben und unten“ oder „wir und die anderen“ denkt, sondern in jedem einzelnen Mitglied der Gesellschaft ein Potenzial, ein Talent erkennt, welches man für das große Ganze und zum Wohle aller einspannen und nutzen kann.

Wohl deshalb kann man bereits heute sagen, dass das Musical Am Markt eine nachhaltigere Wirkung auf die Stadt hat als die offiziellen „Feierlichkeiten“. Oder die vergangenen fünf Jahre Stadtpolitik unter der Führung der abtretenden Bürgermeisterin.

Führungsschwäche

Was einem auffällt: Der schwarze VW Beetle ist leer. Der Besitzer oder der Besitzerin war es zwar wichtig, zum Rathaus zu kommen; dort einmal angekommen blieb der kleine Wagen aber führerlos stehen.

Daraus könnte man ableiten, dass es dem Rathaus in den vergangenen fünf Jahren an Führung gefehlt hat.

Nicht, dass die abtretende Bürgermeisterin keine Entscheide gefällt hätte. Entscheide zu fällen war ihr wichtig. Und zwar so wichtig, dass sie – wenn immer möglich – nur die Besten an diesen Entscheidungen teilhaben ließ.

Im Zweifelsfall waren das deshalb sehr einsame Entscheidungen.

Was der Stadt im zurückliegenden halben Jahrzehnt aber völlig gefehlt hat, war Führung. Denn selbst wenn die Verwaltung einer kleinen Stadt nicht groß ist, so muss man dafür sorgen, dass die vielen wichtigen Entscheidungen, die man an der Spitze trifft, von der Basis auch mitgetragen und sinnvoll umgesetzt werden.

Was ein führungsloses Gebilde zu leisten in der Lage ist, sehen wir Jahr für Jahr an der Erfolgsbilanz des Tourismusvereins Friedrichstadt und Umgebung…

Natürlich ist die „Touri“ nicht das einzige Beispiel. Die Prognose sei vielmehr erlaubt, dass wir demnächst an vielen anderen Stellen erkennen können, wie wichtig es gewesen wäre, wenn die Verantwortlichen sich nicht nur auf das Entscheiden beschränkt, sondern die Zügel fest in der Hand gehalten hätten.3

Jedes einzelne Mitglied von Verwaltung und Nebenorganisatoren mag Höchstleistungen erbringen. Wenn diese aber nicht koordiniert, gesteuert und kontrolliert werden, kommt am Ende selten etwas Gutes dabei heraus. Es gibt einen Grund, weshalb jemand den Spruch „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken“ geschaffen hat.

Mit etwas Glück müssen wir uns in Friedrichstadt demnächst keine Sorgen mehr in diese Richtung machen.

1 Dieser Hinweis steht deshalb hier, damit klar ist, dass es sich hier um einen Meinungsbeitrag handelt. Dieser Hinweis ist notwendig, weil die aktuelle Stadtführung durchaus fähig ist, unbewiesene Behauptungen (selbst wenn sie von absolut lächerlicher Bedeutung waren) juristisch zu verfolgen.

Während sie es gleichzeitig mit der Wahrheit auch nicht immer so genau nahm – sich dafür aber im Nachgang auch immer für ihren „Irrtum“ entschuldigt hat. So viel Ehre und Anstand muss eben sein!

2 Nein, dieses Symbolbild wurde nicht von einer KI generiert. Das gab es zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nicht. Oh Gott, wie schnell die technische Entwicklung doch voranschreitet!

3 Führungsschwäche im Rathaus ist natürlich kein neues Phänomen. Schon der vorangegangene Bürgermeister, der inzwischen leider verstorbene Herr Vogt, zeichnete sich darin nicht besonders aus. Allerdings beanspruchte er auch nicht für sich, als Führungsperson wahrgenommen zu werden.

Kommunalwahl 2023

Schließt den Laden von Fleischer Nehlsen!

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2018-2023: Fünf Jahre Kommunalpolitik in Friedrichstadt: Welche Ziele hat die aktuelle Führungsmannschaft im Friedrichstädter Rathaus in Bezug auf die Standortentwicklung verfolgt? Etwa Arbeitsplätze schaffen? Und wenn ja, für wen? Im ersten Teil des Beitrags zum Thema Wirtschaft widmen wir uns exakt dieser Frage.

Alles eine Frage von Stil?

Alles eine Frage von Stil?

Was ist davon zu halten, wenn sich die politische Führung einer Stadt mit einer selbst verfassten Jubelschrift auf sich selber verabschiedet? Nun, zumindest kann man viel daraus ablesen. Nicht aus der Broschüre an sich, sondern aus der Tatsache, dass man sich überhaupt genötigt sah, sich selbst über den grünen Klee hinaus zu loben.

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