Fragestellung: Was passiert bei steigenden Zinsen? Welchen Einfluss hat das auf Friedrichstadt?
Seit Jahren klagen Anleger über die niedrigen Zinsen, welche ihnen für ihr Sparvermögen auf der Bank bezahlt wird. Nun könnte es sein, dass die Zinswende schneller kommt, als es uns lieb ist. Doch was würden steigende Zinsen für den Bürger bedeuten? Oder noch konkreter: Was würden steigende Zinsen für die Friedrichstädter bedeuten. Darauf gibt es nämlich ziemlich konkrete Antworten.
Der Zins auf Sparguthaben ist den Deutschen heilig. Schon als Kind wird man am Weltspartag darauf gepolt, sein Geld durch fleißiges Sparen und Zins stetig zu mehren. Was natürlich Unsinn ist. Tatsächlich mehrt man als Durchschnittsbürger sein Geld nicht durch Zins, sondern durch Sparen. Also durch das gezielte oder zufällige Nichtausgeben von Einkommen. Vom Zins ist noch niemand reich geworden, denn dieser wir in aller Regel durch Steuern und Inflation aufgefressen. Es ist geradezu eine Ironie der Geschichte, dass den Sparern in jenen Zeiten, in denen faktisch kein Zins bezahlt wurde, am Ende mehr übrig Geld blieb, als in den Phasen mit hohem Zins. Dazu die Abbildung rechts, welche zwar schon etwas älter ist, aber trotzdem noch gilt.
Steigende Zinsen ziehen weite Kreise
Nun, jetzt könnten die Zinsen wieder steigen. Das ist auch dringend notwendig, denn aktuell liegen die Zinsen deutlich unter der Teuerung. Geld, welches wir also nicht verbrauchen, wird dadurch Tag für Tag weniger wert. Das ändert aber nichts an der Tatsache von oben: wer Geld zur Seite legt, hat am Ende mehr, als jene die aus lauter Angst vor der Geldentwertung alles ausgeben …
Das Problem von steigenden Zinsen ist allerdings, dass diese nicht nur das Bankkonto betreffen werden. Die Sparzinsen sind vielmehr nur eine kleine Komponente in der gesamtwirtschaftlichen Gemengelage. Entsprechend werden wir die steigenden Zinseinkünfte auch weniger stark spüren, als die übrigen Effekte.
Der wichtigste Effekt werden sinkenden Hauspreise sein. Aktuell ist es so, dass die Immobilienpreise auch in Friedrichstadt zum einen von den tiefen Zinsen und zum anderen von fehlenden Anlagealternativen getrieben wurden. Das möchte ich Ihnen kurz erklären.
Fehlende Anlagemöglichkeiten
Konservative Anleger mögen keine Aktien. Zumindest nicht in Deutschland. Deshalb investieren sie lieber in Bundesanleihen. Doch diese warfen in den letzten Jahren kaum mehr Geld ab. Deshalb suchten sich die Anleger neue, scheinbar konservative Anlagealternativen und fanden sie im Betongold – also in den Immobilien. Es ist kein Geheimnis, dass die Preise für Liegenschaften seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 und der Euro-Schuldenkrise von 2011 geradezu in die Höhe schnellten. Auch in Friedrichstadt fanden Häuser neue Besitzer, welche zuvor ziemlich abgewirtschaftet wurden. Warum? Weil hier die Häuser noch erschwinglich waren, als die Preise in den großen Städten bereits rot glühten.
Steigende Zinsen bedeutet ein Nachfragerückgang. Das werden zuerst die schlechteren Lagen – zu denen Friedrichstadt wegen den tiefen Mieten zweifellos gehört – zu spüren bekommen. Lange bevor in Hamburg und München die Preise ebenfalls purzeln werden. Und das werden sie.
Höhere Finanzierungskosten
Was völlig unterschätzt wird, ist der direkte Einfluss der Finanzierungskosten auf die Hauspreise. Je tiefer die Zinskosten nämlich sind, desto höher können sich Liegenschaftsbesitzer verschulden, ohne dafür durch höhere Lasten bestraft zu werden. Aus meiner beruflichen Praxis kann ich Ihnen sagen, dass das in den seltensten Fällen dazu führt, dass die Belastung tatsächlich reduziert wird. In aller Regel steigert es vielmehr das Bedürfnis und die Bereitschaft mehr Geld auszugeben. Das ist zwar dumm, aber die Verkäufer von Immobilien mögen das. Sie nutzen den zusätzlichen Spielraum um 1:1 die Preise zu erhöhen.
Leider ist das aber keine Einbahnstraße. Bei steigenden Zinsen sinken deshalb die Preise ebenfalls 1:1. Mindestens.
Demographische Entwicklung
In Friedrichstadt kommt noch ein weiterer Punkt dazu, welcher in naher Zukunft auf die Preise schlagen könnte: die Überalterung. Es werden hier überdurchschnittlich viele Häuser auf den Markt kommen, weil deren Besitzer sterben oder in ein Heim ziehen. Der Heimmarkt natürliche Heimmarkt ist schwach, weil die Jungen fehlen. Auswärtige haben kaum Interesse an einfachen Häusern in der Peripherie und wegen der Zinsänderung wird deren Zahl eh kleiner werden. Deshalb wird der Immobilienmarkt im Friedrichstadt wohl besonders hart von der Zinswende getroffen.
Vermutlich wäre das ein Aspekt, der irgendwann einmal in die Kommunalpolitik einfließen könnte…
Andere Anlageklassen
Tatsächlich wären natürlich nicht nur Immobilien von einer Zinswende betroffen. Auch jene Anleger, welche von dauerhaft steigenden Kursen an den Aktienbörsen träumen, werden rasch erkennen, dass dieser Traum auch einmal enden kann. Bzw. eine Pause einlegt.
Der Boom an den Aktienbörsen basiert nämlich auf demselben Prinzip wie jener auf dem Immobilienmarkt. Die Preise steigen exakt solange als ihm neues Geld zufließt. Wenn dies wegen höheren Finanzierungskosten abnimmt oder noch schlimmer, die Anleger lieber den sicheren Zins wählen und sich das Geld in Richtung Anleihen verabschiedet, werden die Preise an den Börsen sinken. Vermutlich sehr tief, denn die Blase an den Aktienmärkten ist durch das Fiat Money der Zentralbanken künstlich angeheizt worden.
Wer jetzt froh darüber ist, schon immer auf Rentenpapiere gesetzt zu haben, wird gleich doppelt enttäuscht werden. Zum einen haben diese Anleger in der jüngsten Zeit bei der Umverteilung von Volksvermögen auf der falschen Seite gestanden (also nicht von den realen Wertzuwächsen der Sachwerte profitiert). Zum andern werden sie nun in ihren Beständen massive Kursverluste erleiden. Warum das so ist, werde ich in meinem nächsten Beitrag erläutern.
Die Zeiten voller Staatskassen sind bald vorbei
Ach ja, neben den Verlusten auf der Ebene der Vermögenswerten, werden steigende Zinsen auch einen direkten Einfluss auf die Staatsfinanzen haben. Die Überschüsse der Vergangenheit resultierten nämlich zu einem guten Teil aus eingesparten Zinsen auf Schulden. Steigende Zinsen führen zu steigenden Kosten, sinkenden Überschüssen und vermutlich zu Einsparungen auf der Ausgabenseite. Die Vermutung liegt nahe, dass von diesen Einsparungen jene am meisten betroffen sind, welche vorher am wenigsten von den Überschüssen profitiert haben. Aber das ist nur eine bösartige Vermutung.
Weniger spekulativ ist die Voraussage, dass jene Städte besonders unter steigenden Zinsen zu leiden haben werden, deren Überschüsse eh schon überschaubar waren. Hier kommt erschwerend hinzu, dass durch den Rückgang am Immobilienmarkt auch weniger Handänderungssteuern anfallen. Auch hier wird das zu Haushaltslöchern führen, welche wiederum durch schlechtere Leistungen kompensiert werden müssen.
Drei Dinge sind sicher: der Tod, die Steuern und das einmal erhobene Gebühren bleiben
Und zu guter Letzt das: Weil die Banken beim Zinsdifferenzgeschäft nichts mehr verdient haben, konnten sie zum einen keine Guthabenzinsen mehr zahlen, zum andern haben sie die Gebühren überall massiv erhöht. Wer nun glaubt, dass diese wieder rückgängig gemacht werden, sobald die Zinsen wieder steigen, darf sich beim Weihnachtsmann etwas wünschen …
Wo bleibt der Tipp?
Vielleicht erwarten Sie von einem Finanzratgeber, dass er sie mit guten Ratschlägen versorgt. Das kann ich grundsätzlich verstehen, ist aber in diesem Fall extrem schwierig. Denn während es bei fallenden Zinsen überaus leicht ist, von den Kursveränderungen zu profitieren (weil die Kurse in der Regel sowohl bei Aktien, also auch Rentenwerten steigen), geht es bei steigenden Zinsen leider in die umgekehrte Richtung. Mein Tipp ist deshalb, dass Sie sich von allen bestehenden Rentenfonds trennen und abwarten, was geschieht. Der ideale Zeitpunkt für diese Maßnahme liegt allerdings schon weit hinter uns. Jetzt geht es nur noch um die Vermeidung höherer Verluste. Bei Aktien ist es an der Zeit Gewinne mitzunehmen, solange das noch geht. Und bei Immobilien? Am besten sollten Sie sich hier nicht trügerischen Illusionen über mögliche Verkaufserfolge in der Zukunft hingeben, sondern sehr konservativ budgetieren und ihre persönliche Finanzplanung entsprechend anpassen.
Das ist alles nicht schön. Das tut mir zwar leid, ist aber die Realität.
Wenn Sie mehr wissen wollen, dann fragen Sie nach. Der Finanzplaner von 1621.sh ist erreichbar unter finanzplaner@1621.sh oder im Rosen-Huus am Marktplatz.