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Was ist uns das Treenebad wert?

Man weiß nichts Genaues. Aber man ahnt Übles: Das bei der Friedrichstädter Bevölkerung sehr beliebte Treenebad soll der „Attraktivierung“ zum Opfer fallen. Die Tatsache, dass sich gegen eine Aufhübschung des natürlichen Flussbades großer Widerstand erwächst, sagt viel über die politische Kultur der Stadt aus.

Begonnen hat das Projekt mit der Präsentation des Masterplan Tourismus. Der Experte Kai Ziesemer vom Kieler Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT) schlug vor, das Treenebad zu einem Treffpunkt von Jung und Alt zu machen.

Auf dem Gelände des Treenebades sieht er noch mehr Potenziale: „Es ist von jedem Platz in der Stadt zu Fuß in 14 Minuten zu erreichen“, beschrieb er den Standortvorteil. Das „Friedrich’s Bad“ sollte weiterhin als Naturbad betrieben werden und um ein Freizeitgelände erweitert werden. Eine pfiffige Idee wäre eine Stegsauna am Treeneufer oder eine solargespeiste Wärmehalle durch Überdachung einzelner Bereiche, um – mit Blick auf die unstete Witterung – verstärkt Familien anzulocken und zugleich die Badesaison zu verlängern. Mit Errichtung einer Eventfläche könnten dort zudem unterschiedliche Veranstaltungen stattfinden: Beachsoccer- und Beachvolleyball-Turniere, Arschbombenwettbewerbe und andere verrückte Ideen. Dazu empfahl er eine gute Vernetzung mit Jugendherberge und Campingplatz sowie die Bereitstellung von Strandkörben, Liegestühlen und Trampolinen.

ZITAT SHZ.DE  10. Oktober 2017

Natürlich ist das Treenebad in dieser Form längst ein Treffpunkt von Jung und Alt. Das kann der Tourismusexperte also nicht gemeint haben, als er die „Attraktivierung“ (Ich entschuldige mich für die Verwendung dieses an Lächerlichkeit kaum zu überbietendem Begriff. Aber dieses „Framing“ ist die offizielle Sprachregelung von Bürgermeisterin und Stadtverordnetenversammlung) des Flussbades vorschlug.

Es geht um Umsatz und Gewinn.

Das kleine Friedrichstadt erfreut sich rein quantitativ einer hohen Beliebtheit bei Touristen. Leider ist die durchschnittliche Verweildauer sehr kurz. Die Zahl der Übernachtungen ist bezogen auf die Gästezahl überschaubar. Alles in allem bleibt aus dem Tourismus einfach zu wenig Geld in der Stadt. Um das zu ändern, sollen die verbleibenden Perlen der Stadt aktiviert werden. So auch das Treenebad.

Die von den Gästen bisher unentdeckte „Perle“ Treenebad steht also nicht für sich allein, sondern ist Teil eines größeren Ganzen. Wer also glaubt, das Treenebad würde deshalb einer Attraktivierung unterzogen, weil der Stadtverordnetenversammlung das Wohlbefinden ihrer BürgerInnen am Herzen liegt, der irrt. Der Um- und Ausbau ist lediglich ein Element des Puzzles „Masterplan Tourismus“. Aber wie bei jedem Puzzle gibt es noch weitere Elemente. Und am Ende erfreuen wir uns nicht über die einzelnen Teile, sondern das Gesamtbild… Und dieses Gesamtbild wirft ein gänzlich anderes Bild auf die „Attraktivierung“.

Wer will ein neues Treenebad?

Es gibt in der Bevölkerung eine starke Bewegung, welche der Meinung ist, dass es reichen würde, die bestehende Anlage wieder instand zu halten. Nach Forderungen, man möge das alte Treenebad zu einer modernen Spass- und Freizeitzone umbauen, sucht man außerhalb der Politik hingegen vergebens. Trotzdem will das Rathaus von einer Sanierung nichts wissen und interpretiert entsprechende Angebote einfach in „Gutachten“ der Baufälligkeit um. Und da das erste „Gutachten“ nicht die erwünschte Klarheit gebracht hat, musste ein zweites her. Zwar auch kein Gutachten im Sinne des TÜV, aber wen kümmert das, wenn man das „Gutachten“ lediglich die eigene Ansicht bestätigen soll.

So funktioniert dieses Prinzip

Kunde: Mein Auto scheint defekt.
Werkstattleiter: Ja das stimmt. Aber man kann es reparieren.
Kunde: Danke für die Bestätigung, dass ich ein neues Auto brauche!

Die Bürgermeisterin und die Stadtverordnetenversammlung hatten mit anderen Worten zu keiner Zeit die Absicht, das Bad kostengünstig zu sanieren. Deshalb musste der Notstand ausgerufen und den Sprungturm sperren. Auch wenn das den neuen Pächter des Treenebad Bistros wirtschaftlich tief getroffen haben dürfte.

Es geht nicht um Denkverbote

Um es klar auszusprechen: Politik bedeutet gestalten. Insofern darf es keine Denkverbote geben. Deshalb ist es auch erlaubt, über eine Aufwertung des Treenebades nachzudenken.

Nachdenken im öffentlichen Bereich bedeutet, dass man Vorschläge zur Diskussion stellt. Dass man mit offenen Karten spielt und zeigt, was man vorhat und was das für Konsequenzen haben könnte. Das gilt besonders dann, wenn sich hinter der Umgestaltung um eine größere Idee verbirgt:

Das Treene-Ufer soll zu einem großen Freizeitgelände mit angeschlossener Hausbootarena umgestaltet werden.

Diese Umgestaltung wird nicht kostenlos zu haben sein. Die Friedrichstädter werden dafür einen Preis zu bezahlen haben. Wie hoch dieser Preis am Ende ausfallen wird, bleibt aktuell das große Geheimnis der politischen Führung dieser Stadt. Ich verrate Ihnen aber kein großes Geheimnis, wenn ich Ihnen verrate, dass sich dieser nicht allein in Geld beziffern lässt:

Investitionen

Die Stadt hat eigentlich kein Geld. Man muss sich also auf die Suche nach den Honigtöpfen beim Land, dem Bund oder der EU machen. Klappt immer wieder. Allerdings muss dafür ein Bedingungswerk akzeptiert werden, welches uns zukünftiges Handeln u.U. stark einschränkt. Egal, die Investitionen sind nicht das Problem.

Ein kleines moralisches Dilemma könnte vielleicht entstehen, weil die öffentlichen Investitionen dazu dienen, die privat finanzierte Hausbootanlage für „Investoren“ attraktiv zu machen. Aber was kümmern die Bürgermeisterin moralische Bedenken anderer.

Unterhalt

Die Stadt ist schon heute nicht in der Lage ihre Infrastruktur sachgerecht zu unterhalten. Ständig werden Neuanschaffungen getätigt, während das Geld für den Unterhalt der bestehenden Anlagen fehlt. Bestes Beispiel hierfür ist das Treenebad…

Treenebad Masterplan Tourismus Friedrichstadt Treene Umweltschutz FFH SchutzgebietWer kein Geld hat, muss normalerweise auf möglichst tiefe Fixkosten achten. Jede Investition führt zu neuen Fixkosten. Wer hier den Überblick verliert, landet entweder rasch bei Peter Zwegat oder als Hartz IV Gemeinde. Nun, zumindest dieser Absturz bleibt Friedrichstadt als Bedarfsgemeinde natürlich erspart.

Trotzdem werden neue Unterhaltskosten dazu führen, dass das Geld an anderer Stelle fehlt. Und das werden vermutlich nicht die Touristen, sondern die Einwohner zu spüren bekommen.

Umweltschutz

Das Treene-Ufer ist Teil eines FFH Schutzgebietes. Diese Gebiete werden ausgewiesen, um den Lebensraum von Pflanzen und Tieren zu schützen. Klingt erst einmal gut, hat aber den Nachteil, dass es die Nutzung dieser Zonen einschränkt, weil jede noch so kleine Nutzung den Zielen des natürlichen Habitats (dafür steht das „H“ im FFH) entgegenwirkt.

Jede wie auch immer geartete Nutzung der Treene ist eine Belastung. Ein Ausbau dieser Nutzung entsprechend, eine zusätzliche Belastung. Leider ist es bei solchen Umweltbelastungen so, es keine genaue Grenze gibt, wann die rote Linie überschritten wird. Wir wissen jedoch, dass unsere bisherigen Aktivitäten dazu geführt haben, dass sich Fauna und Flora im Bereich der Treene bereits stark zurückgebildet haben. Es ist nicht anzunehmen, dass eine zusätzliche Belastung keine Folgen hätte. Ganz im Gegenteil.

Die von der Bürgermeisterin angestrebte Freizeitzone und die Hausbootanlage wird jedoch über das Maß einer normalen Belastung hinausgehen. Es wird Grünfläche kosten und die Uferpartie im Bereich der Hausboote entwerten. Nicht finanziell, sondern in Bezug auf ihren Wert als natürliches Habitat. Es ist somit ein klarer Verstoß gegen die Idee des FFH Schutzgebietes.

Lebensqualität

Ich will Ihnen nichts vormachen: Ich glaube keine Sekunde daran, dass der Masterplan Tourismus dazu führen wird, dass mehr Gäste in die Stadt kommen werden. Deshalb wird es wirtschaftlich auch keinen Sinn machen, diesen Plan in dieser Form umzusetzen. Trotzdem sollten wir uns spaßeshalber überlegen, was die Konsequenzen für die Einwohner der Stadt wären.

Mehr Verkehr, mehr Lärm, weniger Wohnraum und keine „privaten“ Zonen auf dem Stadtgebiet, auf welchen sich die Bevölkerung abseits des Tourismus tummeln könnten. Schauen Sie nach Sylt. Schauen Sie nach Sankt Peter Ording. Wollen wir das? Wer außer den Liegenschaftssammlern, Architekten und Baufirmen würde davon profitieren?

Die Arbeitskräfte der Stadt mit Sicherheit nicht. Denn viele Arbeitsplätze wird das Ganze nicht bringen und jene, welche entstehen, sind wohl im Niedrigstlohnbereich anzusiedeln.

Diskussion tut Not

Sie sehen: Wenn das Treenebad Teil des Masterplan Tourismus ist, sollte man erst über den Plan als Ganzes sprechen. Man sollte das für und Wider gegeneinander abwägen. Nicht hinter verschlossenen Türen, sondern nachvollziehbar. Die Zahlen gehören auf den Tisch, damit sie geprüft und nachvollzogen werden können. Bei allem Respekt vor dem Ehrenamt: Die Bürgermeisterin hat bislang noch nicht bewiesen, dass Sie als Finanzexpertin durchgeht. Und die anderen Stadtverordneten auch nicht. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Tatsache. Öffentlichkeit bedeutet, dass sich das Kompetenzpotenzial vergrößert. Andere Meinungen und Ansichten mögen für die Politik unbequemer sein wie das traditionelle Abnicken in den üblichen Gremien. Für die Bürger der Stadt ist es jedoch ein Aufwand, welcher sich unter dem Strich inhaltlich, materiell und finanziell bezahlt macht.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]