Der dritte Teil der Saisonrückschau 2018 beschäftigt sich mit dem lokalen Angebot des Friedrichstädter Gewerbes. Diesem geht es bekanntlich nicht so prall, was generell auf die Tatsache geschoben wird, dass die Stadt klein und die Saison kurz ist. Tatsächlich ist die Angelegenheit aber nicht ganz so einfach, wie nachfolgender Beitrag zeigen will.

Der Leerstand und seine Ursachen

Seit Jahren wird in Friedrichstadt der steigende Leerstand in der Stadtmitte beklagt. Es wird händeringend nach Lösungen gesucht, wie dieser Missstand behoben werden kann. Allein, bis auf die künstlerische Ausgestaltung der leeren Schaufenster, hat sich nicht wahnsinnig viel getan. An was das wohl liegen mag?

Grundsätzlich haben auch die meisten anderen Städte mit diesem Problem zu kämpfen. Der Doughnut-Effekt (außen fett und innen hohl) ist ein weltweites Phänomen. Wobei wir bei Friedrichstadt zugestehen müssen, dass es ja nicht wirklich eine Stadt ist. Aber nicht nur deshalb greifen hier die üblichen Gründe für den Leerstand nicht. Da die Wirtschaft hier weitgehend am Tourismus hängt, kann man weder den Einkaufszentren auf der grünen Wiese, noch dem aufkommenden Online-Shopping als Begründung heranziehen. Auch die z.T. überrissenen Mietpreisvorstellungen der Liegenschaftsbesitzer sind es nicht. Diese sind zwar lästig und hinderlich, aber auch nicht die Ursache des Übels.

Wir sind nicht gut genug

Wir schaffen es nicht, mit dem lokalen Angebot, das vorhandene Potential auszuschöpfen. Weil wir über das Ganze gesehen einfach nicht gut genug sind. Angebot und Nachfrage passen nicht richtig zueinander. Diese Erkenntnis mag zwar den einen oder die andere irritieren. Schließlich arbeiten wir ja alle viel und geben unser Bestes. Aber darauf kommt es in einer Marktwirtschaft leider nicht an. Im Spiel von Angebot und Nachfrage geht es darum, eine möglichst hohe Übereinstimmung zu erhalten. Und genau das will in Friedrichstadt einfach nicht richtig gelingen. Warum?

  • Bei einigen Betrieben steht nicht der Kunde und seine Bedürfnisse im Zentrum, sondern das Angebot und die Betreiber.
  • Tourismus ist ein Showbusiness. Dem wird man in Friedrichstadt mit dem lokalen Angebot aber eher nicht gerecht.
  • Hinsichtlich der Qualität sind wir bestenfalls Durchschnitt.
  • Es besteht ein Mangel an der Fähigkeit oder der Bereitschaft in die Zukunft zu investieren.
  • Die Mehrzahl der Betriebe macht kein eigenes Marketing und muss in der Folge mit jenen Kunden leben, die der Tourismusverein anvisiert.

Fehlendes Marktverständnis

Dass der lokale Markt sich nicht wirklich an den Bedürfnissen seiner Kunden orientiert, hat im Prinzip drei Gründe. Auf der einen Seite ist es das alteingesessene Gewerbe, welches Mühe bekundet, den Strukturwandel nachzuvollziehen. Diese Betriebe machen das, was sie schon immer gemacht haben. Und das ungeachtet der Tatsache, dass der Zentralitätsfaktor von Friedrichstadt immer kleiner geworden ist und man zum Einkaufen nicht mehr zwingend hierher geht. Die meisten dieser Betriebe sind allerdings bereits verschwunden und haben große Lücken hinterlassen.

Eine zweite Gruppe von Gewerbetreibenden nutzt den relativ günstigen Standort, um sich und die eigenen Träume zu verwirklichen. Das Geschäftsmodell basiert also nicht auf der Befriedigung einer bestehenden Nachfrage. Vielmehr versucht man mit einem (aus der eigenen Perspektive) attraktiven Angebot diese Nachfrage zu schaffen. Das kann funktionieren – tut es meiner Erfahrung nach aber äußerst selten. In einer richtigen Stadt überleben diese Geschäfte nur kurze Zeit, weil die Kosten dort viel zu hoch sind. In Friedrichstadt sind die Kosten glücklicherweise tief und die meisten dieser Unternehmer/innen schon etwas älter und mit erstaunlich viel Kapital ausgestattet. Immerhin muss man diesen Betrieben zugutehalten, dass sie meistens eine positive Außenwirkung haben.

Die Mitglieder der dritten Kategorie macht einfach einen schlechten Job. Sie jammern über die kurze Saison, das schlechte Wetter und die falschen Gäste. In Wirklichkeit haben sie ihr Darben selbst zu verantworten. Warum das so ist, werden wir gleich näher betrachten.

Wir könnten uns ein Beispiel an der Niebüller Backstube nehmen …

Ein sogenannter „Experte“ hat einmal in schonungsloser Offenheit verkündet, dass die Stadt relativ schnell „abgefrühstückt“ sei. Was hat er damit wohl gemeint? Nun „abgefrühstückt“ passt zu Friedrichstadt auf jeden Fall wunderbar. Denn wo andere schöne Standorte mit einem köstlichen Frühstück in diversen Cafés locken, haben wir in Friedrichstadt lediglich die Niebüller Backstube zu bieten. Man kann hier frühstücken und bei schönem Wetter kann man es sogar genießen. Irgendwie. Wenn man nichts anderes kennt.

Die Niebüller Backstube macht, damit wir uns richtig verstehen, wirklich einen guten Job. Sie spricht mit ihrem Angebot das vorhandene Publikum gekonnt an. Aber unter uns gesagt ist es eine Schande, dass dieses Fastfood das positive Aushängeschild des Marktplatzes ist.

Eine kleine romantische Stadt sollte eigentlich von einem gastronomischen Service leben, welcher die Leute emotional packt. Ein Ort, wo man hingeht, weil Dinge liebevoll dargeboten und charmant serviert werden. Die Leute sollten unterhalten und nicht einfach nur mit hängenden Gesichtszügen verpflegt werden. Das ist in meinen Augen der Hauptgrund (bezogen auf die wirklichen Gäste, also nicht die Transitreisenden aus dem Busgeschäft), weshalb es nicht gelingt den Gästen das Geld zu entlocken, sie zu begeistern und für ein Wiederkommen zu begeistern.

Wie man sich einen eigenen Markt schafft

Wie gesagt: Die Niebüller Backstube macht im Prinzip einen sehr guten Job, denn sie befriedigt vorhandene Bedürfnisse, indem sie ihr Angebot darauf ausgerichtet hat. Deshalb verdienen sie meine Anerkennung. Doch was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, muss volkswirtschaftlich nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein. Denn mit einem Selbstbedienungscafé mag man vielleicht die vorhandene Kaufkraft abschöpfen, aber eine Entwicklung nach oben ist so nicht möglich. Und wenn wir Einkommen schaffen wollen, welche sich zumindest in der Region des Landesdurchschnitts bewegen, muss man mehr bieten und sich nach oben arbeiten.

Wie man sich hochkämpfen könnte, zeigt der Keramikmarkt. Er ist eingebettet in den Herbstzauber, einem Event das eigentlich niemand wirklich braucht, weil losgelöst von konkreten Bedürfnissen und Zielen. Innerhalb dieses Herbstzaubers konnte sich der Keramikmarkt in diesem Jahr als ernsthafte Veranstaltung profilieren. Sowohl Publikum, als auch Händler waren zufrieden. Man kann das daran erkennen, dass die meisten Aussteller ihren konkreten Wunsch, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein, bereits formuliert haben. Wie konnte es soweit kommen? Durch Professionalität.

Ein guter Markt will gut geplant sein

Die Organisation eines Marktes ist eine Dienstleistung, welche im Kern darin besteht, Anbieter und Nachfrager zusammen zu bringen. Erfolgreich ist ein Markt dann, wenn es ihm gelingt, beiden Seiten ein optimales Umfeld zu bieten. Um ein solches Umfeld zu schaffen, bedarf es zum einen eine vertiefte Kenntnis der jeweiligen Märkte und eine klare Idee, was man mit seiner Veranstaltung erreichen will.

Will man eine touristische Scheiaweia haben, wie sie in Friedrichstadt Tradition hat, wird es mit einem erfolgreichen Markt schwierig. Dann wissen die Besucher nicht, was sie hier eigentlich sollen. Und die Marktleute nicht, wie sie die Kosten wieder einspielen können.

Weil in diesem Jahr der Tourismusverein seinen Keramikmarkt nicht allein organisiert hat, sondern sich erfahrene Helfer zur Seite geholt hat, ist ein wertiger Keramikmarkt, mit einer klaren Struktur entstanden. Das Erfolgsrezept: Qualität, ein klares Profil und eine Kommunikation, welche sich nicht an den Bedürfnissen der Organisatoren orientiert, sondern an den Markterfordernissen.

Dass der „neue“ Keramikmarkt bereits im ersten Jahr gute Ergebnisse gebracht hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Hinsichtlich der Händler hat man von den guten Beziehungen lokaler Helfer profitiert. Was die kauflustigen Besucher anbetrifft, hatte man vielleicht einfach nur Glück. Aber das braucht es auch bei einem guten Plan manchmal eben auch. Sicher ist, dass ein langer Atem vonnöten ist, um sich als Keramikmarkt einen weitum bekannten Namen zu schaffen.

Wie man sich mit seinem lokalen Angebot positioniert, so liegt man

Was für den Keramikmarkt gilt, hat auch für den Rest der Stadt seine Gültigkeit. Statt sich im belanglosen Niemandsland zu bewegen, müsste man für den Gewerbestandort Friedrichstadt im Allgemeinen und für den einzelnen Betrieb im Speziellen, ein klares Profil schaffen. Ohne zielgruppenorientierte Qualität ist das nicht zu schaffen.

Wer damit klar kommt, dass der Durchschnittsumsatz bei wenigen Euros liegt, kann sich mit der vorhandenen Masse zufriedengeben. Wenn das Konzept stimmt – siehe Backstube Niebüll – kann das durchaus funktionieren. In der Regel lohnt es sich aber, sich mit seinem lokalen Angebot einem anspruchsvolleren Publikum zu öffnen. Das bedingt allerdings, dass man hinsichtlich des Marketings nicht mehr am öffentlich geförderten Massentourismus orientiert, sondern auf Individualität setzt. Doch dafür muss aber die Qualität stimmen. Und die Show.

Es gibt durchaus Geschäfte in Friedrichstadt, welche diesem Anspruch gerecht werden. Es sind aus gutem Grund nicht jene, welche am lautesten ins Klagelied einstimmen…

In einem der kommenden Beiträge – losgelöst von meinem Saisonfazit – werde ich einen Vorschlag zur Diskussion stellen, wie man dem lokalen Angebot jenseits des Tourismus, mit einem passenden Marketing Auftrieb geben könnte.