[vc_row][vc_column][vc_column_text css=“.vc_custom_1565081703195{margin-bottom: 0px !important;}“]Rund 1750 Stunden arbeiten Angestellte des öffentlichen Dienstes im Jahr. Etwa genau so viel wie durchschnittliche Gastronomen in Friedrichstadt. Allerdings erbringen die diese Leistung innerhalb von sechs Monaten. Warum Sie das tun? Weil sie nur in dieser Zeit das Geld verdienen, welches sie für ihren Betrieb benötigen. Die übrige Zeit ist für die meisten Betriebe ein Verlustgeschäft – vor allem wenn zur Aufrechterhaltung eines Betriebes Mitarbeiter notwendig sind.
Winterzeit – Erholungsphase für den Tourismusbereich
Kein Wunder also, wenn die Gastronomiebetriebe die Winterzeit dazu nutzen, um runterzufahren und die Batterien wieder aufzuladen. Für das Erscheinungsbild der Stadt mag das nicht gerade erfreulich sein. Aber von den 20 Leuten am Tag, die sich daran stören, lässt sich nicht einer der Betriebe am Laufen halten.
Stellt sich die Frage, was zuerst da war: die leeren Straßen oder die geschlossenen Betriebe? Die Stadt scheint die Antwort auf diese Frage gefunden zu haben, möchte sie doch die Gastwirte dazu bringen, einen ganzjährigen Gastronomiebetrieb zu garantieren. Andere Städte können das ja auch.
Wirtschaftsförderung oder Forderung der Wirtschaft?
Die Stadt betreibt also im wahrsten Sinne des Wortes Wirtschaftsförderung. Wobei sie natürlich hinsichtlich der Förderung nichts zu bieten hat. Denn wenn sie möchte, dass die Betriebe ihre Küche offenhalten, obwohl die Gäste ausbleiben, müsste sie dafür eigentlich eine Gegenleistung auf den Tisch legen. Kann sie aber nicht, weil sie nichts anzubieten hat.
Muss sie ja auch nicht, denn genau genommen ist es nämlich nicht ihre Aufgabe, das Angebot des Gewerbes zu steuern. Weder hinsichtlich der Öffnungszeiten noch in Bezug auf die angebotenen Zahlungsmittel und eigentlich auch nicht, wenn es darum geht, den Handel von einheitlichen Einkaufstüten zu überzeugen.
Liebe Gastronomen in Friedrichstadt
Sie versucht es trotzdem. Ende Juli hat sie die „lieben Gastronomen“ aufgefordert sich Gedanken darüber zu machen, „wie sich Handel und Gastronomie in Friedrichstadt besser in Szene setzen lassen“. Antwort bis zum 10. August erbeten.
Unabhängig davon, dass sich die Stadt gut beraten wäre, sich auf Ihre Kernaufgaben zu konzentrieren: Es darf bezweifelt werden, ob die heiße Phase der Tourismussaison der richtige Moment ist, um solche Projekte anzustoßen. Denn wie Eingang erwähnt, arbeiten viele Gastronomen in dieser Zeit quasi durch. Einige Betriebe haben einen Ruhetag (der vermutlich für administrative Arbeiten, Planung und Einkauf verwendet wird), andere arbeiten sogar 7 Tage die Woche. Für Projekte außerhalb ihres eigenen Arbeitsbereiches dürfte in dieser Zeit weniger Raum und Lust vorhanden sein. Das hätte sich eigentlich auch die Wirtschaftsförderung denken können.
Prognose: Das wird so nix!
Und selbst wenn es der Stadt gelingen sollte, für den kommenden Winter ein durchgehendes Gastronomieangebot von November bis März darzustellen: Was wäre damit gewonnen? Würde das zu belebten Straßen führen? Und wenn ja, wann und warum?
Das Risiko wäre groß, dass die beteiligten Gastronomen einen Frust ernten, welcher jede sinnvolle Maßnahme in der Zukunft unnötig erschweren würde. Denn wer verbrennt sich den Finger schon gerne ein zweites Mal?
Wie könnte eine solche sinnvolle Maßnahme konkret aussehen?
Die Winterateliers haben es im Prinzip vorgemacht: Verschiedene Künstler und Kreative haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam um Kursteilnehmer zu werben. Sie tun dies nicht, um der Stadt einen Gefallen zu machen, sondern in der Absicht damit Geld zu verdienen.
Finden die Kurse statt, leiten sich daraus sekundäre Bedürfnisse ab, welche befriedigt werden wollen. Ist diese Nachfrage groß genug, finden sich wiederum Dienstleister, welche bereit sind diesen Bedarf zu befriedigen.
Die Winterateliers waren 2019 ein Experiment, welches offensichtlich gut genug war, um 2020 wiederholt zu werden. Für die Verpflegung der Kursteilnehmer konnte eine improvisierte Lösung gefunden werden. Das macht Mut und darauf lässt sich aufbauen. Etwa, indem man zukünftig solche Anlässe innerhalb des interessierten Gewerbes gemeinsam organisierte und gezielt nach Teilnehmern von Außerhalb sucht. Dann kann ein Angebot langsam wachsen und im Erfolgsfall ausgebaut werden.
Schuster bleib bei Deinen Leisten
Die Stadt braucht es dafür nicht. Zumindest nicht, wenn sie einfach nur mitreden will, ohne eine relevante Eigenleistung zu erbringen. Und selbst dann wäre es wünschenswert, wenn sie sich einfach nur im Hintergrund hält. Das hat nichts mit dem hiesigen Rathaus zu tun, sondern ist ein generelles Prinzip, welches unabhängig vom Standort gilt: Wenn der Staat oder die Politik aktiv in den wirtschaftlichen Betrieb eingreift, macht das im besten Falle die Prozesse unnötig kompliziert. Im schlimmsten Fall endet es in einem Desaster. Letzteres tritt häufiger auf als Ersteres.
Kommt dazu, dass eine aus eigenem Verschulden in die finanzielle Abhängigkeit (Bedarfsgemeinde) nicht zwingend die Aura der wirtschaftlichen Kompetenz ausstrahlt. Aber im Grunde spielt auch das nicht die entscheidende Rolle. Wichtiger ist, dass eine mittelgroße Landgemeinde einfach nicht die Ressourcen hat, in diesem Feld mitzuspielen. Das kann man nicht von ihr verlangen.
Im nächsten Beitrag werde ich darauf eingehen, wie eine städtische Wirtschaftsförderung funktionieren könnte. Ganz ohne Subventionen und Einmischung in die Belange der unternehmerischen Entscheide.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
Moin Sidney,
ich bin schon der Meinung, dass „die Stadt“, wer immer das denn ist, einen guten Beitrag leisten kann und muss – nämlich die entsprechende Kommunikation zur Verbesserung des Winter-Images zu leisten, oder diese zumindest kooperativ zu unterstützen. Das kann über die städtische/TI-Website erfolgen und vor allem über PR in den TZ-Medien und Funk und Fernsehen. Dazu bedarf es aber einer Strategie und eines Fahrplanes mit vereinbarten to dos, den alle Verantwortlichen und Beteiligten verlässlich und termingerecht abarbeiten. Wenn ich nach außen nicht oder nur unzureichend kommunziere, dann kommt auch keiner – da sind wir wieder beim Thema Brücken in die Zukunft bauen…
Moin Sidney,
ich hätte noch etwas hinzuzufügen – nicht nur die Gastronomen müssen den Winterschlaf durchbrechen, auch die Geschäfte, Ateliers und Werkstätten, die im Sommer in Friedrichstadt die besonderen Einkaufserlebnisse bieten, sollten bereit sein, über einen schrittweisen Abbau ihrer „Winterlethargie“ und zumindest über eine gemeinsame Kernöffnungszeit nachzudenken.
Bei den Nahversorgern wie Bäckereien, LEH, Apotheke, Optiker, Metzgerei geht das doch auch – die haben Sommer wie Winter gleichlang auf…
Wir schaffen den Umschwung in der Kosequenz aber nur alle gemeinsam… und es wird sich für alle rechnen, auch wenn es ein wenig längeren Atem braucht. Für uns mit tonalto tut es das bereits… Im Übrigen sind unsere Winterworkshops November, Januar und Februar fast ausgebucht – und in der Mittagspause bekoche ich unsere Teilnehmer, damit sie nicht verzweifelt etwas suchen müssen draußen…
Hallo Markus,
danke für Deinen Einwurf. Dazu möchte ich nur ganz kurz Stellung beziehen:
1. Natürlich kann sich die Stadt engagieren. Aber eben nur in Form eines glaubwürdigen Supports im Hintergrund.
2. PR und Marketing kann eine Stadt wie Friedrichstadt nicht glaubwürdig stemmen. Ist auch nicht ihre Aufgabe. Dafür hat sie im Tourismusbereich den Tourismus-Verein. Und in den anderen Bereichen muss das vom Gewerbe kommen.
3. Grundversorger zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Versorgung das ganze Jahr über im gleichen Masse nachgefragt werden.
4. Gastronomen arbeiten in Friedrichstadt deutlich mehr als Angestellte oder Beamte. Warum sollten Sie noch mehr arbeiten? Sie stehen da nicht in der Pflicht. Das muss jeder für sich entscheiden. Ihr habt Euch anders entschieden. Ich arbeite auch mehr, aber ich habe ja auch keinen Beruf, welcher mich auszerrt.
In meinem nächsten Beitrag werde ich darlegen, wie man als Landgemeinde Wirtschaftsförderung betreiben könnte. Das Thema „Stadtentwicklung“ (in wirtschaftlichem Sinne) ist für einen Folgebeitrag in Arbeit.
Moin Sidney,
wenn 1. begriffen ist und willig kommt, kann für 2. von allen Seiten zugearbeitet werden. Mir ist dabei wichtig, dass von außen in einer kommunikativen Einheit „Friedrichstadt“ als attraktiver „Lebenskulturort“ begriffen wird. Dann sind wir „durch“, und alle haben nachhaltig etwas davon – auch in der Zukunft… Die „Stadt“ selber kann es nicht leisten, weil dort wichtige Kompetenzen fehlen und bestimmte „Stabsstellen“ gar nicht institutionalisiert sind. Z.B. Kulturkoordination, sowas wie ein HGV, dessen Vertreter satzungsmäßig Teil des Vorstandes des Tourismusvereins ist. Dieser Vorstandsposten wird derzeit schon länger „kommissarisch“ ausgeübt… Dass die Gastronomen sich auf die Saison konzentrieren, ist deren unternehmerische Entscheidung und von daher „freiwillig“. Wenn das für diese Betriebe den Rest des Jahres reicht, mag das ja okay sein. Wir bei tonalto könnten nicht von der Saison leben und die meisten anderen Läden und Werkstätten/Ateliers auch nicht – die Fluktuation der Handels-Existenzen in der Prinzenstraße und am Markt allein in den fast 5 Jahren, die wir hier sind, zeigt das deutlich. Und wenn Du guckst, wer hier schon lange ist, bzw. wer sich gehalten hat, wirst Du sehen, dass dort hochwertiges oder ausgefalleneres Angebot am Start sind und eine Ganzjahresstrategie in unterschiedlichen Variationen verfolgt wird… nur das scheint zu tragen… und genau da müssten wir langfristig für eine Lösungssuche konsequenter ansetzen. Und das gemeinsam…
Lieber Markus,
in der Theorie bin ich bei Dir. Die Praxis zeigt allerdings ein etwas anderes Bild. Selbst große Städte kämpfen im Einzelhandel mit dem Donut Symptom: Aussen fett und innen hohl. Insofern ist das mit dem Gejammere, über leerstehende Landenflächen in Friedrichstadt, völlig überzogen. Verglichen mit anderen Standorten ist Friedrichstadt geradezu überfüllt.
Stellt sich also die Frage, in welchem Bereich die Profilierung stattfinden soll. Einen eigentlichen Frequenzbringer werden wir für die verfügbaren Räumlichkeiten wohl nicht finden. Die von Dir genannten Firmen, u.a. Ihr selber, sind hier nicht zwingend Beispiel gebend. U.A. deshalb, weil ihr in dieser Zeit vorarbeitet, abarbeitet und bestehende Kunden (welche nicht zwingend lokal sein müssen) bedient. Ich zweifle daran, dass eine Vollkostenrechnung aufzeigen würde, dass Ihr nur mit der Laufkundschaft im Februar Geld verdient… Einmal abgesehen davon, dass hier kaum jemand in der Lage sein dürfte, über eine genau Kostenrechnung zu verfügen. Geschweige denn ein Controling…
Trotzdem glaube ich, dass Du Recht haben könntest. Wenn wir eine gemeinsame Geschichte finden, unter welcher wir uns alle wiederfinden, dann könnte es auf lange Sicht klappen. Könnte, denn die Zeit spielt gegen uns.
Zum HGV komme ich in einem Nachfolgebericht. Ich glaube, dass die Stadt ganz glücklich mit der aktuellen Situation ist…
Moin Sidney, das Konzept der Läden ist das Entscheidende… Es wäre sicherlich sehr spannend zu sehen, und ich bin sicher, dass wir genau das sehen würden, wenn wir die hier erfolgreichen Konzepte analysieren würden, dass es mit spontaner Laufkundschaft alleine nicht funktioniert. Stammkundschaft ist hier mit Sicherheit der ausschlaggebende Faktor. Die muss ich mir natürlich erarbeiten – was viel schwieriger ist, wenn ich 4 Monate im Jahr oder 3 Tage in der Woche zu habe… Wenn Friedrichstadt „Stammkunden“ haben will, die die Stadt auch neben der Saison lieben und besuchen mögen, dann muss unkomplizert „auf“ sein… am besten an ganz vielen Plätzen im Ort… – und wir müssen die Saison zumindest verlängern…